Netvel: "Im Netz" - 28. Kapitel































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Nach ihrer Rückkehr von der Hochzeitsreise gaben Constri und Derek eine Party, daheim in ihrer Wohnung. Constri erzählte, daß ihr in der letzten Zeit häufig übel sei.
"Vielleicht bist du schwanger", meinte Sarolyn.
"Ach, Unsinn", winkte Constri ab.
Zehn Tage später schrieb Constri mir eine SMS:

Du wirst Tante. Es wird ein kleiner Wassermann.

Auch Sadia erwartet ein Kind, es ist die dritte Schwangerschaft nach zwei Fehlgeburten.
Sarolyn kündigte an, daß sie Victor am 19. Juli heiraten wird. Nach der Trauung will das Paar für ein Wochenende in den Harz fahren.
Clarice und Leander haben sich entschieden, an einem Freitag, dem 13. zu heiraten, und dieses Jahr gibt es einen solchen Tag im September. Gart und Chiara wollen eine Woche danach heiraten, im selben Standesamt wie Clarice und Leander.
Cal und Claire haben sich getrennt. Claire erzählte, sie habe für Cal eher freundschaftliche Gefühle. Nach einem Mann, in den sie sich Hals über Kopf verliebt, suche sie noch.
Shara mailte, daß er mit seiner seit siebzehn Jahren bestehenden Band New Trial ein neues Album fertiggestellt hat. Es sei "eine Reise durch die musikalische Welten des Wave, der Orientmusik und des Industrials, allgemein recht ruhig gehalten, aber mit heftigen Momenten."
New Trial gibt selten Konzerte. Shara erzählte, 2001 habe ihn ein Bekannter eingeladen, auf einem Festival zu spielen, wo Rafas Band W.E als Headliner geplant war. Auf meine Nachfrage berichtete Shara, er habe die Gelegenheit nicht genutzt, weil er seine Band New Trial zur damaligen Zeit nicht als livefähig eingestuft habe.
Mitte Juni fuhr ich nach der Arbeit nach WOB. Es war ein sehr heißer Tag. Cyra und ich setzten uns auf einem gepflasterten Platz mit einem plätschernden Brunnen in den Schatten eines großen Sonnenschirms und bestellten Pfannkuchen mit Vanilleeis.
Cyra fragte mich, was es bedeutet, wenn einem beim Aufstehen schwarz vor den Augen wird und ob das ein Zeichen für Streß sein kann.
"Sicher, das kann es."
"Dann habe ich Hal ja das Richtige geschenkt", meinte sie.
Er hat von ihr zum Geburtstag ein Entspannungsbad bekommen, "mit einem Smiley drauf, damit er weiß, wie es gemeint ist."
Dirk I. hat am 30.06. Geburtstag; er wird vierundvierzig ...
"... und er sieht so jung aus, das mag man gar nicht glauben, daß der schon vierundvierzig ist!" staunte ich.
"Na, dir sieht man dein Alter ja auch nicht an", meinte Cyra. "Vor allem - man merkt es dir nicht an."
Cyber macht jetzt nicht nur das Management für Hal, sondern auch das Booking für Dirk I..
"Für Hal ist es eine Entlastung", meinte Cyra. "Hal will immer alles alleine machen, und das schafft er nicht, das ist zuviel für ihn. Dirk kommt im Zweifelsfall auch ohne Cyber aus, und der weiß das wahrscheinlich und rechnet nicht damit, durch Dirk viel zu verdienen."
Cyber soll sich für den Phaeton interessieren. Cyra hat ihm einen umfangreichen Hochglanzprospekt besorgt.
"Dabei fährt der schon einem SLK", merkte Cyra an. "Und der hat eine Wohnung, die ist soo groß ..."
Er lebt in einem Penthouse am Rande von H. Mit seiner jetzigen Lebensgefährtin Sheryl hat er auch schon ein Kind, und er kümmert sich nach wie vor viel um seinen Sohn Yves. Yvette, die Mutter von Yves, und Sheryl sollen sich ausreichend gut verstehen. Zu seiner früheren Freundin Tora hat Cyber noch freundschaftlichen Kontakt.
Im "Zone" traf ich Claire und Cal. Cal fällt es schwer, über die Trennung von Claire hinwegzukommen. Die beiden redeten nicht viel miteinander. Über Rafas Konzert am vergangenen Mittwoch sagte Cal:
"Ich dachte, komme ich später und verpasse das Konzert, und dann mußte ich doch noch die letzten zehn Minuten miterleben!"
"Wir haben uns alle gemeinsam aufgeregt", erzählte Claire. "Die Ellis waren so furchtbar. Diese Choreografie war so peinlich. Die wurden einfach nur als Dekoration in die Ecke gestellt. Das ist doch das Schlimmste, was einer Frau passieren kann - als Dekoration in die Ecke gestellt zu werden."
"Ellis" ist Claires Ausdruck für "Mädels" oder "Frauenzimmer".
Auch ein DJ-Kollege von Les äußerte Mißfallen:
"Diese Musik ist einfach unerträglich. Und wie Rafa dann schreit:
'Mein Name ist Joachim von Hassel!'
- nur peinlich."
Cal erinnerte sich daran, wie Busse voller Fans zu einem Konzert von Rafa in BO. strömten. Sie sollen begeistert, hingerissen und überwältigt gewesen sein.
Ich frage mich, wie es zu solchen Kontrasten kommt. Es scheint mit der Wechselbeziehung zwischen Rafa und seinem Publikum zusammenzuhängen. Rafa scheint etwas zu vermitteln, das die einen in Begeisterung versetzt und auf die anderen skurril, lächerlich und albern wirkt. Ich erlebe die Doppelsinnigkeit in Rafas Auftreten. Ich nehme den Menschen wahr, der auf der Bühne steht und den ich liebe, und gleichzeitig nehme ich das wahr, als was Rafa sich darstellen möchte. Das eine Wesen scheint mit dem anderen wenig zu tun zu haben. Vielleicht geht es Rafa sogar darum, mit dem einen Wesen das andere auszulöschen, zumindest vorübergehend.
In Kingston erzählte Gerwyn von einem Nachtdienst, in dem er einen Patienten aufnahm, der an einer Psychose leidet. Der Patient umschrieb, weshalb sein Unterbringungsbeschluß nicht gültig sei:
"Ich habe ihn in viele kleine Stückchen zerrissen, deshalb gibt es ihn nicht mehr, und was es nicht gibt, hat es nie gegeben."
Gerwyn zeigte ihm die Ausfertigung des Beschlusses, die auf Station vorlag.
"Das ist nachgemacht", war der Patient sicher. "Und da der richtige Beschluß nicht mehr existiert und deshalb nie existiert hat, existiert dieser auch nicht. Er exisitiert zwar physisch, aber nicht real."
Gerwyn war so verwirrt, daß er die Pfleger fragte, ob der Patient denn nun einen Beschluß habe oder nicht?
Die Pfleger nickten.
Nun wurde für den Patienten ein Spalier aus Pflegern gebildet, und am Ende stand der Pfleger mit dem Becher, in dem sich eine trinkbare Mischung aus Haldol und Valium befand.
"Dazu werde ich in einer Punkt-für-Punkt-Auflistung herleiten ...", sagte der Patient.
"Vorher trinken Sie aber den Becher aus", bestimmte Gerwyn.
Der Patient nahm einen Schluck und begann mit seiner Punkt-für-Punkt-Herleitung. Er wurde aber gleich wieder von Gerwyn unterbrochen:
"Und jetzt der nächste Schluck, dann können Sie weiter herleiten."
Über eine persönlichkeitsgestörte Patientin habe ich gehört, sie soll in einem Heim zweimal hintereinander einen Haufen Gabeln verschluckt haben und CD's gegessen haben. Sie soll auch schon versucht haben, sich im Eingangsbereich der Psychiatrie von Kingston anzuzünden.
Eine persönlichkeitsgestörte Patientin verschluckt häufig Batterien und wird dann jedesmal mit einem Taxi ins nahegelegene Kreiskrankenhaus gefahren, wo die Batterien endoskopisch entfernt werden.
"Woran merkt ihr, daß die wieder Batterien verschluckt hat?" fragte im Konferenzraum ein Kollege von der Kinder- und Jugendpsychiatrie. "Läuft die dann schneller?"
"Nein, die kommt immer an und sagt, was und wieviele sie verschluckt hat", erhielt er Auskunft.
"Der Taxifahrer kennt sie schon", erzählte eine Nachtschwester, die die Patientin öfters ins Kreiskrankenhaus begleitet hat. "Der hat sie gefragt, was sie denn geschluckt hat. Da sagte sie:
'1,5 Volt.'
Da hat der Taxifahrer gemeint:
'Das ist doch noch gar nichts! Eine Autobatterie müssen Sie mal verschlucken!'"
Ein drogenabhängiger Patient, der an einer Psychose leidet, berichtete von seinem Lachgas-Konsum. Er nehme alle Tage einen ordentlichen Schluck aus der Gasflasche, die er in seinem Schlafzimmer stehen habe. Das erinnert mich an eine depressive Patientin, Mutter eines drogenabhängigen Sohnes. Sie erzählte, ihr Sohn habe eine Lachgasflasche in ihrem Schlafzimmer abgestellt, und nun habe sie die da herumstehen und wisse nicht, wohin damit.



Am Samstagabend ging ich ins "Read Only Memory", wo Kappas Sommerfestival stattfand. Ich sah Rafa in einem durch Vorhänge abgeteilten Bereich, wo Tische und Stühle stehen. Rafa trug ein kurzärmeliges schwarzes T-Shirt und hatte keine Brille auf. Berenice und Kitty waren auch in dem Bereich. Ich begrüßte einige Bekannte, die mir im "Read Only Memory" begegneten, und fand draußen auf einem Tisch Rafas Unterschriftenliste für den Tierschutzbund. Dieses Mal unterschrieb ich sie. Ich will trennen zwischen dem, was ich für sinnvoll und annehmbar halte und dem, was mich wütend macht.
Draußen war es noch warm, und die Dämmerung sank nur langsam. Ich trug das Oberteil mit den Puffärmeln, darunter ein enges, durchsichtiges graues Oberteil und dazu den weiten, langen durchsichtigen Rock mit der Spitzenkante und Spitzenhandschuhe. Um den Hals trug ich das breite Drahthäkel-Halsband mit den Straßsteinen. Auf der Außentreppe begegnete mir Edaín. Sie musterte mich und meinte, ich würde toll aussehen. Ich hob ihre Arme und bewunderte ihre Taille. Sie hat eine Figur wie vor ihrer Schwangerschaft.
Talis erzählte, er habe inzwischen mehr von meiner Internet-Domain gelesen und hätte von mir nicht geglaubt, daß ich so schreiben könne - "aber nicht, daß du das falsch verstehst."
"Ich verstehe das als Kompliment", sagte ich.
"So ist es auch gemeint."
Talis berichtete, Rafa sei schon seit dem Nachmittag im "Read Only Memory". Berenice sei erst später erschienen.
Rick begrüßte mich und seufzte, alle seien hier so jung, "oder bin ich älter geworden?"
"Du bist doch noch nicht alt", widersprach ich. "Du bist doch sogar noch ein Jahr jünger als ich."
"Wie machst du das nur, daß du so jung aussiehst?"
"Keine Zigaretten, fast kein Alkohol; außerdem Vaseline und Talcum-Puder."
Über seine Firma sagte Rick, der gehe es gut.
"Odette hat mir im letzten Winter erzählt, daß ihr kein Geld mehr habt, um jemanden zu beschäftigen", wandte ich ein.
"Ach - erzähl' mir nichts über die Frau", stöhnte Rick. "Davon will ich wirklich nichts mehr hören."
"Kann sie nicht arbeiten?"
"Ach, geh' mir weg."
Odette war für einige Monate in Ricks Firma beschäftigt. Rick war anscheinend nicht zufrieden mit ihr, ohne ihr dies jedoch zu sagen.
Sanina saß auf einem Mäuerchen und erzählte, sie wolle Robin jetzt gar nicht mehr und sei vorübergehend ohne Freund; das tue ihr gut, weil sie dadurch innerlich zur Ruhe komme.
Robin war auch im "Read Only Memory".
Afra antwortete auf meine Frage, wo Simon sei:
"Weiß ich nicht."
"Seid ihr getrennt?" erkundigte ich mich.
"Wie kommst du jetzt da drauf?" fragte Afra verwundert.
"Weil das eine Standard-Antwort von Leuten ist, die sich getrennt haben, wenn man sie nach ihrem Partner fragt. Das habe ich schon mehrere Male so gehört. Deshalb komme ich auf sowas."
"Im Moment frage ich mich gerade, ob es richtig war."
Simon soll sehr geklammert haben, bis Afra sich ihm schließlich entzog, um sich selbst zu schützen.
"Simon muß lernen, daß er an sich arbeiten muß, wenn die Beziehung weitergehen soll", meinte ich.
Tamina ist immer noch mit Hagan zusammen. Ihre Beziehung mit Sasch ist für sie "abgehakt".
Cyrus war da mit seiner hochschwangeren Frau Deirdre. Auch Ace sah ich. Vielleicht war es doch nicht so weit her mit der von Lysanne beschriebenen Feindschaft zwischen Kappa und Ace.
Neben dem ehemaligen Schwimmbecken, in dem Verkaufsstände für Underground-Mode aufgebaut waren, saßen Darius und Gavin mit anderen Leuten an einem Tisch. Sie grüßten mich freundlich, und ich gesellte mich zu ihnen. Ein großer langhaariger Junge namens Harrison saß hinten links am Tisch, der früher mit einem Mädchen namens Jorinde öfter im "Zone" war; ich nahm die beiden manchmal ein Stück auf der Heimfahrt mit, weil sie auf halbem Wege wohnten.
Neben mir saß ein zierliches blondiertes Mädchen im geschnürten Lackkleidchen, das sich die Haarspitzen rot gefärbt und feine schwarze Augenbrauen gezeichnet hatte. Es heißt Yori und war mit seinem Freund da, einem blonden Jungen, der etwas punkig aussah. Yori hat vor einiger Zeit in einer Apotheke in der Innenstadt gearbeitet.
"Da hast du irgendein Medikament gekauft und einen Arztausweis hingelegt", erzählte sie mir. "Das fand ich sowas von cool ..."
Yori fragte mich, ob ich Harrison kennen würde, und ich sagte ihr, daß ich ihn schon ab und zu im Auto mitgenommen habe. Yori meinte, da hätte ich wohl Glück gehabt. Einmal sei sie vor vier Jahren mit Harrison in dessen Wohnung gekommen, und während sie noch über das Chaos erschrocken sei, das dort geherrscht habe, sei er schon über sie hergefallen und habe versucht, sie zu vergewaltigen. Er sei ziemlich betrunken gewesen. Yori habe all ihre Kraft zusammengenommen und sich erfolgreich gewehrt. Sie habe in einem bestimmten Ton zu ihm gesagt, sie werde jetzt gehen, und dann sei sie gegangen. Von einer Strafanzeige habe sie sich nichts versprochen, weil sie geglaubt habe, man werde ihr die Schuld geben, da sie Harrison in dessen Wohnung gefolgt sei. Nun fand sie es an der Zeit, für Vergeltung zu sorgen.
Harrison bekam mit, wovon Yori sprach. Er stellte sich vor sie hin und sagte:
"Wenn ich einen Fehler gemacht habe, dann will ich mich in aller Form entschuldigen."
Yori stand auf, sah Harrison scharf ins Gesicht und fauchte, daß es für das, was er ihr angetan habe, keine Entschuldigung gebe. Vier Jahre lang habe sie auf diesen Tag gewartet. Sie trat und schlug auf ihn ein und verfolgte ihn auch noch ein Stück weit. Dann setzte sie sich wieder auf die Bank und versuchte, innerlich zur Ruhe zu kommen. Yoris Freund fiel nun über Harrison her, der schließlich das Weite suchte. Etwas später kam eine Dame von der Security und winkte Yoris Freund weg. Hinausgeworfen wurde er aber nicht.
Yori erzählte, Harrison habe Jorinde geschlagen, wenn er betrunken gewesen sei. Jorinde sei längst von ihm getrennt, habe jedoch ein Kind von ihm, das zweieinhalb Jahre alt sei.
Als Rafa drinnen mit einigen Jungen die Bühneninstallation aufbaute, ging er durch den Tanzraum und holte von der Bühne ein langes Bündel, das in Wellpappe eingewickelt war. Sein Rückweg führte an mir vorbei, jedoch in einem gewissen Abstand. Als Rafa mich fast erreicht hatte, machte er einen Schritt auf mich zu und ging nun sehr dicht an mir vorbei. Ich faßte ihn an der Schulter und sagte:
"Ja. Natürlich."
Rafa hielt in seinem Schritt nicht inne, und ich schaute ihm auch nicht nach.
Berenice und Kitty konnten diese Begegnung nicht beobachten; sie waren hinter den Vorhängen in dem abgeteilten Bereich.
Im Tanzraum entdeckte ich Danielle. Sie war mit einigen Bekannten da. Bisher hatte sie Rafa noch nie live gesehen.
Kurz vor Beginn des Konzerts zog Rafa sich ins Backstage zurück. Berenice und Kitty, die schon ihre rosafarbenen Kleider trugen, warteten ungeduldig darauf, daß er wieder zum Vorschein kam. Mit einigen Leuten unterhielt ich mich dort, wo sich der Spalt zwischen den Vorhängen befand. So oft Berenice und Kitty hindurchgingen, um mich machten sie jedesmal einen Bogen.
Rafa erschien mit Sakko und Brille und schlüpfte eilig durch den Spalt, außerhalb meiner Reichweite. Das Publikum drängte sich vor der Bühne. Berenice reichte Rafa die Papierflieger, welche er zu "Starfighter" ins Publikum werfen wollte. Sie wurden in eine Ecke der Bühne gelegt. Rafa stellte sich auf ein Podest, um besser gesehen zu werden oder auch um besser sehen zu können. Ich stand an einem Tischchen und blickte ihn von der Fensterseite aus an, in sein bebrilltes Gesicht.
An der Decke brannte Schwarzlicht, und wenn Rafa die Arme ausbreitete, sah ich unterhalb des zugeknöpften Sakkos etwas Weißes leuchten, als würden an der Hose auch jetzt, nach acht Jahren, noch immer mehrere Knöpfe fehlen, und durch den Hosenstall schaute das weiße Hemd heraus. Ich kam näher an die Bühne heran, um Genaueres feststellen zu können. Rafa breitete die Arme aber nicht sehr oft aus. Ich hatte auch nicht den Eindruck, daß die "W-E-W-E!" rufenden Fans für so etwas Augen hatten. Dicht vor der Bühne sangen Jas und Xentrix "Deine Augen" mit, und Xentrix rügte mich, weil ich nicht sang:
"Kannst du den Text etwa nicht auswendig?"
"Ich fahre gleich nach HH. zu 'Stahlwerk'", erzählte ich. "Ich versuche nur noch, herauszufinden, ob Rafa mal wieder seinen Hosenstall offen hat."
"Wo guckst du denn hin?" fragten Jas und Xentrix.
"Leider könnte ich ihm dieses Mal nicht helfen", seufzte ich. "Ich kann ihn nicht erreichen."
Gern hätte ich Rafa geraten, seine Hose zuzumachen oder, falls das nicht möglich war, sein Hemd darüberhängen zu lassen.
Gegen ein Uhr kam ich zu "Stahlwerk". Heyro erzählte, daß Darien in HST. war, mit seiner Freundin, über die er vor einigen Monaten so geklagt hat. Die beiden sollen zusammengezogen sein. Heyro meinte, die Frauen, die Darien vorher gehabt habe, seien ziemliche Katastrophen gewesen. Dagegen sei diese Freundin richtig nett. Nach HH. könne Darien deshalb nicht zurückkehren, weil er beträchtliche Schulden habe und sich das Leben in HH. nicht mehr leisten könne.
Sofie berichtete, Ytong habe vor, mit seiner derzeitigen Freundin aufs Land zu ziehen.
Constri kam gegen halb zwei mit Derek zu "Stahlwerk". Die beiden hatten bis zehn Uhr abends geschlafen, um auf der Nachtfahrt nicht schläfrig zu werden. Constri trug ein schwarzes Kleidchen, das ihr noch nicht zu eng war. Wir tanzten beide sehr viel.
Am Sonntag war ich wieder im "Read Only Memory", von sechs bis neun Uhr abends. Edaín hatte ihre Tochter Maya dabei und legte sie draußen in die Kinderkarre. Mayas Geburtsgewicht hat sich verdreifacht. Sie sagt schon "Mama" und "Papa" und wirkt sehr wach und lebendig, dabei vertrauensvoll und zufrieden.
"Schwangerschaft ist Kopfsache", meinte Edaín. "Ich habe allen erzählt, die Geburt dauert zwei Stunden, und das hat mir keiner geglaubt. Und die Geburt hat zwei Stunden gedauert."
Sie arbeitet jetzt halbtags in einem Büro in H. Morgens stillt sie Maya, bevor sie zur Arbeit fährt. Dann kümmert sich Kappa um das Kind. Es kann die Flasche haben, will aber meistens lieber schlafen. Wenn Edaín nach Hause kommt, stillt sie wieder, täglich etwa zwanzigmal, auch nachts einige Male.
"Ich bin für Maya die Versorgungsstation, das Restaurant", beschrieb sie ihre Rolle. "Kappa ist für sie der Papa, mit dem man spielen und kuscheln und herumalbern kann. Sie liebt ihn über alles."
Kappa nahm Maya aus dem Wagen, hob sie in die Höhe, schwenkte sie herum und ging mit ihr auf dem Arm hinunter in das leere Schwimmbecken, wo eine Modenschau gezeigt wurde.
Edaín erzählte, wie sie ihr DJ-Programm gestalten möchte.
"Dieses weiche Zeug kann ich nicht mehr hören, Depeche Mode und so", meinte sie. "Ich will härtere Elektronik auflegen, wie Nitzer Ebb oder Frontline Assembly."
Ich erzählte von Rafas gestrigem Auftritt.
"W.E gucke ich mir nicht an", sagte Edaín. "Ich habe die vor ein paar Jahren gesehen, und ich bin überzeugt, daß das eine sehr gute Band ist, aber ich denke, man muß die nicht mehrmals gesehen haben."
Kappa legte das Kind wieder in die Karre und ging nach drinnen. Maya schloß ihre Händchen um meine Finger.
"Du wärst auch eine gute Mutter", sagte Edaín.
"Meinst du?"
"Ich denke, häufig kriegen die falschen Leute Kinder."
"Ja, diese Kinder kriegen wir dann später zu uns in Behandlung ..."
Deirdre bekommt ihr Kind in den nächsten Tagen; es wird ein Junge, und er soll Cillian heißen.
"Wann kriegst denn du endlich ein Kind?" fragte mich Edaín.
Ich antwortete, solange ich mit Rafa nicht zusammen sei, werde es nichts damit; wenigstens bekomme Constri bald ein Baby.
"Wenn man ein Baby im Arm hat, werden Glückshormone ausgeschüttet", wußte Edaín. "Es ist so schön, ein Kind zu haben. Das ist bedingungslose Liebe."
"Ich weiß, wie sich bedingungslose Liebe anfühlt", sagte ich.
Als ich wieder in den Tanzraum kam, erzählten mir Revil, Onno, Dane, Ovid und Ray von Rafas Auftritt am Vortag, den ich nur zum Teil gesehen hatte.
"Rafa und Dolf haben eine gute Show gemacht", war die Meinung, "nur die Frauen waren bißchen daneben. Jetzt spielen sie schon kein richtiges Schlagzeug - und bleiben noch nicht mal im Takt!"
Ende Juni war ich mit Sarolyn in OS. bei Clarice und Leander. Nachts gingen wir ins "Helix", wo ich nur einmal vor über neun Jahren gewesen bin. Es sah noch immer so aus wie damals. Gart legte auf. Es freute ihn, daß ich zu Siddra Kontakt habe und ihm auch den Kontakt zu ihr wieder vermitteln konnte. Seine Beziehung mit Siddra soll vor allem deshalb nicht gehalten haben, weil sie zu sehr an ihm klammerte. In Freundschaft, ohne den Anspruch, eine Beziehung zu führen, verstehe er sich mit Siddra sehr gut. Man habe sich viel zu sagen und vieles gemeinsam. Er werde ihr nie vergessen, wie sie ihn eines Nachts in der "Halle" vor dem Selbstmord bewahrt habe. Damals habe er vorgehabt, ein Glas zu essen, um sich zu töten. Siddra habe ihm das ausgeredet.
Ich erzählte Gart, wie Berenice mich vor einem Jahr im "Exil" angegriffen hat.
"Ich verstehe noch immer nicht, woher sie diese Aggressivität gegen mich nimmt", meinte ich. "Sie hat doch, was sie will. Sie hat Rafa doch, seit über fünf Jahren."
"Haben oder Besitzen, das ist die Frage", wandte Gart ein.
Anfang Juli hatte ich Nachtdienst und ging über das Klinikgelände von Kingston. Unterhalb des Doms gibt es das sogenannte "Zaubergärtchen", ein abschüssiges Parkgebiet, durch das ein Bach fließt, aus Verrohrungen und über Wehre. Zwischen den hohen Büschen, über den Wiesen und am Bachufer sah ich abends gegen halb elf Hunderte von Glühwürmchen fliegen. Auch im Gestrüpp leuchtete es. Ich sah die Tierchen aus der Nähe in der Luft schweben, mit ihrem leuchtenden Hinterleib. Die Lichtlein gingen manchmal aus und dann wieder an.
Im Internet habe ich gelesen, daß die Weibchen wohl leuchten, aber nicht fliegen können. Dann waren wohl sie es, die im Gebüsch saßen. Das Leuchten dient der Partnersuche.
Ich mailte Shara, was ich noch alles im Internet über Glühwürmchen gefunden habe:

Wenn die ausgewachsen sind, fressen sie nichts mehr, und ich glaube, die halten dann auch nicht mehr so lange. Das Leuchten kommt durch eine chemische Reaktion im Hinterleib zustande. Die Tiere sind echte Energiespar-Leuchten. Die Energie wird fast nur in Licht umgesetzt, fast gar nicht in Wärmestrahlung. Eier und Larven leuchten auch schon.

Im "Read Only Memory" fragte ich Kappa, was Lysanne und Ace zum Bruch mit Edaín und ihm geführt habe. Kappa erklärte, zwischen Ace und ihm gebe es keinen Bruch. Er verstehe sich gut mit Ace. Spannungen gebe es zwischen Lysanne und Edaín, und die würden vor allem von Lysanne ausgehen.
"Lysanne scheint sich über ihre Beziehung mit Ace zu definieren", vermutete ich, "und sie scheint ihren Wert an dem Erfolg zu messen, den Ace hat. Ace ist aber nicht mehr gut im Geschäft, und du kommst mit deiner Selbständigkeit gut zurecht. Es kann sein, daß Lysanne neidisch ist auf Edaín, weil Edaín einen erfolgreicheren Partner hat."
"Bisher habe ich gar nicht gewagt, das so zu sehen", meinte Kappa.
"Lysanne scheint Ace zu idealisieren", setzte ich hinzu. "Und diese Idealvorstellung läßt sich nicht mehr aufrechterhalten."
"Angel vergöttert mich auch, aber sie ist dabei nicht doof", sagte Kappa.
Am Sonntagabend gab es draußen auf dem Lande eine Grillparty. Mein Vater und seine jetzige Freundin Alruna verbrannten Grünschnitt. Über der Glut wurde gegrillt. Zu Gast war auch Halvar, der Mann einer Cousine meiner Mutter. Seit Jahren erscheint Halvar ohne seine Frau Elsbeth zu Besuchen bei Freunden und Verwandten. Elsbeth lebt sehr zurückgezogen. Vor Kurzem haben Halvar und Elsbeth ihren ältesten Sohn Jonas in ein gut geführtes Pflegeheim gegeben. Mit viel Mühe erreichten sie, daß sie nichts zuzahlen müssen. Sie haben ihren Sohn dreiundzwanzig Jahre lang gepflegt und dadurch dem Sozialamt hohe Kosten erspart, und das wurde ihnen nach einigen Kämpfen schließlich angerechnet.
Jonas ist seit zehn Jahren voll pflegebedürftig, und seit fünf Jahren spricht er nicht mehr. Er leidet seit dem achtzehnten Lebensjahr an einer chronisch fortschreitenden Variante der Multiplen Sklerose. Die Krankheit begann mit einem unsicheren Gang und häufigem Stolpern. Jonas war damals Auszubildender bei der Sparkasse. Fünf Jahre später war er rollstuhlpflichtig und nicht mehr erwerbsfähig.
Vor seiner Erkrankung hatte ich von Jonas den Eindruck, daß er unbefangen und etwas flach vor sich hinlebte und seine Pflichten erfüllte. Als er krank wurde, wirkte er auf mich immer noch unbefangen und flach und entwickelte eine ausgeprägte Euphorie. Er trug das Verschwinden aller Kontakte zu Gleichaltrigen und seine zunehmende Behinderung ohne sichtbare Betroffenheit und beschäftigte sich damit, Onkeln, Tanten und Großmüttern Postkarten zu schreiben, in dem Stil, daß das Wetter schön sei und daß er heute schon wieder seinen kleinen Zeh bewegen könne, nachdem er ihn mit einem Gummiband trainiert habe.
"Der schreibt immer nur sowas", sagte meine Großmutter damals kopfschüttelnd.
Elsbeth schien ihre Depressionen stellvertretend für Jonas zu entwickeln. Sie geriet in einen Zustand andauernder Aufopferung, ohne sich vorstellen zu können, daß Jonas in einem Behindertenheim unter Altersgleichen mehr Anregungen, mehr Eigenständigkeit und bessere therapeutische Möglichkeiten haben könnte. Sie schien und scheint überzeugt zu sein, daß sie bis in alle Ewigkeit für Jonas voll verantwortlich sei. Sie gab ihn schließlich nur ins Heim, weil sie die Pflege trotz der Hilfe durch einen ambulanten Pflegedienst nicht mehr bewältigen konnte. Und sie scheint sich immer noch nicht von ihm lösen zu können. Wenn Halvar nicht aufpaßt, geht sie täglich ins Heim und kontrolliert die Pflegekräfte. Sie sieht in ihrer abhängigen Beziehung zu Jonas ihren einzig möglichen Lebensinhalt. Halvar versucht, sie abzulenken und ihr andere Inhalte zu vermitteln. Er hat immerhin erreicht, daß Elsbeth sich nach Jahren wieder einmal mit ihren Freundinnen getroffen hat und für einige Stunden nicht an Jonas dachte. Als Nächstes will er mit ihr einen Kurzurlaub machen, nicht zu weit weg von H. Elsbeth möchte die Gewißheit haben, jederzeit schnell zu Jonas gelangen zu können.
Der zweite Sohn von Elsbeth und Halvar ist weit weggezogen, ebenso die Tochter. Sie halten zu den Eltern und zu Jonas nur lockeren Kontakt. Sie scheinen einem Abhängigkeitsgefüge entflohen zu sein, in dem für sie kein Platz war.
In Kingston hat Kollege Gerwyn von einer richterlichen Anhörung auf einer geschlossenen Station erzählt. Ein Richter mußte darüber entscheiden, ob eine Patientin für weitere sechs Wochen geschlossen untergebracht werden sollte. Gerwyn schilderte, wie die Anhörung ablief:
"Der Richter wollte mir nicht glauben, daß die Patientin besser noch hierbleiben sollte.
'Ach, die ist doch gut', hat er gesagt, und so ... bis sie dann erzählt hat:
'Die Sonne ist nicht mehr da, wo sie hingehört.'
Der Richter so:
'Ja, die Sonne wandert.'
Sie:
'Nein, die hab' ich umgehängt.'
Und dabei blieb sie. Und der Richter sagt zu mir:
'Ok ... nochmal sechs Wochen?'"
So wurde die geschlossene Unterbringung für die Patientin verlängert.
Beatrice erzählte mir, daß sie sich mit Alienne überworfen hat. Beatrice jobbt in einem Kiosk, und dort half Alienne vorübergehend aus. In dieser Zeit ergaben sich Ungereimtheiten bei der Abrechnung, für die keine Erklärung gefunden werden konnte. Kurz danach lehnte Alienne es ab, weiter in dem Kiosk auszuhelfen. Beatrice fühlte sich von ihr belogen und im Stich gelassen. Sie betrachtet Alienne nicht mehr als ihre Freundin.
Alienne soll schon seit einer Weile von Roy getrennt sein.
Mitte Juli gab es bei mir ein Damenkränzchen. Bertine erzählte von ihrem neuen Freund Hakon, den sie durch das Internet-Forum eines Depeche Mode-Fanclubs kennengelernt hat. Hakon ist Informatiker. Bertines Freunde sind immer Informatiker gewesen. Bertine fühlt sich Hakon jedoch viel näher und inniger verbunden als ihren bisherigen Informatikern. Für Hakon empfindet sie sogar mehr als für ihren ehemaligen Verlobten C.A.D. Sie will Hakon heiraten.
In mein Gästebuch malte Constri eine Schnecke, in der sich eine winzige Schnecke befindet. Sie hat ihr Baby im Ultraschallvideo schon strampeln sehen. Sie will dieses Video in ihre Diplomarbeit einbauen. Ich habe ihr geraten, für ihr Diplom in Multimedia eine Arbeit zum Thema "Kinder" zu machen, da dies von nun an ohnehin ihr Hauptthema sein werde. Außerdem gebe es kaum jemanden, den das Thema nicht berühre.
Terry ist mit Linus zusammengezogen, sie wohnen in H. Terry studiert nicht mehr, weil es ihr keinen Spaß gemacht hat. Sie plant eine Umschulung.
Clarice erzählte, daß ihr Hochzeitskleid fast fertig ist. Giulietta hat es für sie gezeichnet, und eine Theaterschneiderin näht es. Das Kleid ist schwarz und aus Spitze und Satin. Es wird so gearbeitet, daß Clarice sich dafür schnüren muß. Es bekommt ein großes Decolleté, Tütenärmel und einen Reifrock. Schwarz hat Clarice auch deshalb gewählt, weil sie das Kleid nach der Hochzeit zu Festivals und anderen großen Veranstaltungen tragen möchte, und das Kleid soll dann nicht wie ein Brautkleid wirken.
Sarolyn will in einem langen cremefarbenen Satinkleid heiraten. Dazu trägt sie Satinhandschuhe, Schmuck mit roten Steinen und eine Steckfrisur mit roten Rosen darin. Victor kommt um einen feinen Anzug nicht herum. Er trägt sonst nie Anzüge.
Im "Zone" traf ich Osiris und Imo. Osiris erzählte, daß er die letzte Klausur im Studium der Luft- und Raumfahrttechnik hinter sich hat; nun steht das Diplom bevor. Er wünscht sich, im Bereich der Raumfahrttechnik zu arbeiten. Am liebsten möchte er an der Entwicklung von Satelliten, Robotern und anderen "Weltraumbewohnern" beteiligt sein.
"Weltraumentsorger wäre ein wichtiger Job", meinte ich. "Da oben fliegt doch viel Schrott herum."
Osiris erklärte, daß es nichts helfe, den Weltraumschrott explodieren zu lassen, da die entstehenden Kleinteile viel Schaden anrichten könnten und obendrein nicht mehr zu orten, geschweige denn zu beseitigen seien. Es helfe auch nichts, den Schrott hinaus in den Orbit zu schießen, denn:
"Diese Teile haben alle die Angewohnheit, irgendwann wieder zurückzukommen."
Das einzig Sinnvolle sei, den Schrott zur Erde zurückzuschicken und beim Eintritt in die Atmosphäre verglühen zu lassen:
"Dann löst sich alles in seine Bestandteile auf."
Ich schlug vor, ein Shuttle zu entwickeln, das draußen herumfliegt und den Schrott zur Erde zurückschickt.
"Das Zeug ist aber schwer zu finden", gab Osiris zu bedenken.
"Dann sollte man die Teile mit einem bestimmten Funksignal ausstatten, das sie absenden, wenn man sie per Fernbedienung dazu auffordert", meinte ich. "Dann findet das Shuttle sie immer sofort."
Osiris hielt den Vorschlag für brauchbar; man müsse jedoch mit einem Vorlauf von etwa zwanzig Jahren rechnen.
Kürzlich hat Carl sich einen Videofilm angeschaut und danach den Recorder nicht gleich ausgeschaltet. Auf der Videokassette folgte eine Dokumentation über Hodenkrebs, die zufällig hinter dem Film aufgenommen worden war. Carl sah sich die Dokumentation an und folgte dem Rat, sich in Früherkennung zu üben, und einige Tage später stellte er bei sich einen verdächtigen Befund fest. Der Urologe gab ihm recht und ließ ihn zügig operieren. Es sieht so aus, als wenn Carl einen Schutzengel gehabt hat, der ihm das Leben rettete.
Im Krankenhaus bekam Carl viel Besuch, auch von Constri und mir. Er meinte, er hätte gar nicht gedacht, daß sich so viele Leute um ihn kümmern würden.
Zu Saverio hat Carl schon lange keinen Kontakt mehr. Das liegt auch daran, daß Carl nur noch in Discotheken und zu Parties geht, wo sich Schwule und Lesben treffen, und dorthin geht Saverio nicht.
Beatrice und ich waren in Kingston, an einem Tag, als wir beide frei hatten. Ich führte Beatrice im Klinikaltbau durch die verstaubten Dachböden und die Kellergänge mit ihrem Schummerlicht und ihrem bröckelnden Mauerwerk. Im Dom machten wir Fotos, auch im sonnendurchfluteten Kreuzgang. Es ist ein prachtvoller romanischer Kreuzgang mit zwei nebeneinander verlaufenden Deckengewölben.
Nach einem Waldspaziergang kehrten wir in einer Gaststätte ein, die früher ein beliebtes Ausflugsziel war. Die Gaststätte sieht fast so aus wie eine Ruine, ist aber, wenn man die Betonstufen bergauf gestiegen ist, noch durchaus lebendig. In den Blumenkästen blühten Fleißige Lieschen, auf denen sich Zitronenfalter tummelten.
Beatrice erzählte, daß Alienne sich wieder bei ihr gemeldet hat. Beatrice möchte mit ihr aber auch weiterhin nichts mehr zu tun haben.
Aimée soll ihren Sohn Allister abwechselnd schlagen und küssen, wie in dem Film "Sie küßten und sie schlugen ihn" von Truffaut. Das hat mir auch Viridiana schon erzählt. Für Viridiana war es ein Grund, Abstand von Aimée zu nehmen. Sie hätte nicht gewußt, wie sie Aimées launisches Verhalten ihren eigenen Kindern hätte erklären sollen.
Beatrice erzählte von einem Mädchen namens Aurinia. Vor zehn Jahren soll Aurinia häufig im "Elizium" gewesen sein, etwa ein Jahr lang. Aurinia soll einfach alles geglaubt haben, was man ihr vorgaukelte. Beatrice und ihre Freundin Alison wollten es wissen und haben Aurinia von Tag zu Tag absurdere Dinge erzählt, und Aurinia soll immer nur gestaunt haben:
"Oh ... wirklich? Oh ... echt?"
Unter anderem haben sie erzählt, Alisons Eltern würde fast die ganze Welt gehören, und Alison habe Beatrice ein Luxushotel geschenkt. Das Dach von Beatrices Haus sei aufklappbar und würde als Hubschrauber-Landeplatz und -Garage genutzt.
"Die einzige Erklärung ist für mich, daß Aurinia einen sehr niedrigen IQ hat", meinte ich. "Was hat sie denn für einen Schulabschluß?"
"Ich glaube, gar keinen."
"Eine solche Naivität kann ich mir nur bei Intelligenzgeminderten vorstellen."
Beatrice kannte die Sängerin Tessa schon, bevor diese mit Rafa zusammen war. Die Sängerin soll damals dunkle Haare gehabt haben, sehr unscheinbar gewirkt haben und kaum geredet haben. Als sie mit Rafa zusammenkam, färbte sie sich die Haare rot und sagte im "Elizium" zu Beatrice:
"Du erkennst mich gar nicht mehr? Ich bin doch Tessa."
Ende Juli feierte Merle ihren Geburtstag nach. Die siebenjährige Elaine spielte mit einem Rucola-Blatt auf ihrem Teller.
"Rucola", sagte Elaine in Gedanken. "Das mag ich nicht. Schon als Kind mochte ich das nicht."
Elaine läßt sich gerne an Armen und Beinen herumschwenken; das kann Constri aber zur Zeit nicht machen, weil sie schon fast im vierten Monat ist.
Sadia hat ihr drittes Kind auch verloren. Sie spricht wenig darüber. Die Ursache ihrer Fehlgeburten bleibt ein ungelöstes Rätsel.
Zoë ist inzwischen von Merlon getrennt und begründet das mit der Entfernung zwischen H. und BS., wo Merlon wohnt. Ich denke eher, daß Zoës Gleichgültigkeit das Ende herbeigeführt hat. Sie wirbt sehr charmant um ihre Freunde, um dann rasch abzukühlen und nach etwas Neuem Ausschau zu halten.
Im "Lost Sounds" traf ich Afra und Simon. Sie sind wieder zusammen, wobei Afra ihrem Simon zur Auflage gemacht hat, sie nicht mehr einzuengen.
Berit fühlte sich mit ihrer Vollzeitstelle als Floristin überfordert. Sie arbeitet nicht mehr, hat aber ein Amt in ihrer Familie übernommen. Sie kümmert sich um ihre Schwester, die wahrscheinlich nur noch wenige Jahre zu leben hat. Berits Aufgabe besteht darin, die Schwester im Haushalt und in der Kinderbetreuung zu entlasten. Sie bekommt dafür auch etwas Geld.
Saverio kokettierte mit Nazi-Attitüde, um gleich darauf zu beteuern, nie Nazi gewesen zu sein. Als ich beteuerte, ihn auch nie für einen Nazi gehalten zu haben, schien er mir das nicht so recht zu glauben und beteuerte noch ein bißchen weiter.
Ein seltener Gast im "Lost Sounds" war Salome, die frühere Freundin von Wendelin Rotauge. Sie berichtete, daß Ivo Fechtner immer noch erfundene Geschichten über mich erzählt. Von Maldas Tod wußte sie noch nichts. Als ich ihr davon erzählte, sagte sie, schon vor Jahren habe Malda mit dem Gedanken an Selbstmord gespielt.

Ein Traum handelte von einer Party auf der Straße zwischen Wohnhäusern mit mehreren Stockwerken, die etwa siebzig Jahre alt sein konnten. Eine abgezäunte Einfahrt war ebenfalls von Partygästen bevölkert. Ich blickte über das niedrige Zauntor und sah Berenice, wie sie zwischen all den Leuten auf Rafa einschlug.
"Ha! Die mögen sich!" rief ich unwillkürlich.
Rafa wehrte sich, und die beiden fielen ineinander verknäuelt auf den Beton und robbten nach vorne zum Zauntor. Dort blieben Rafa und Berenice nebeneinander liegen, die Ellenbogen aufgestützt, und schauten mit einem leeren, unschuldigen Blick in die Ferne.
"Filmreif", bemerkte ich und ging in eines der Häuser.
Ich wollte später noch einmal nach ihnen schauen, wachte aber vorher auf.

Am Sonntag nähte Giulietta für Constri ein Schwangerschaftskleid. Eigentlich wollte Constri das Kleid nähen, und Giulietta wollte ihr dabei helfen. Am Telefon berichtete mir Giulietta, Constri habe sich gerade in einer Ecke schlafen gelegt.
"Die Schlafschnecke ...", sagte Giulietta.
"... und der Arbeitsfisch", ergänzte ich.
"Genau!"
"Das war doch klar, daß Constri irgendwo einschläft. Die schläft doch immer irgendwo ein. Und du kannst solange ihr Kleid nähen."
Es wurde aber auch ein besonders schönes Kleid, ein langes dunkelgraues Trägerkleid, unter dem man Oberteile aus feinen Stoffen anziehen kann. Ich finde, daß Constri darin sehr niedlich aussieht.
Während der Schwangerschaft werden Constris feine Haare noch feiner, so daß sie sie zu raffinierten Frisuren aufsteckt, damit sie sitzen.
Ende Juli besuchte mich Ina, die Witwe von Elaines Patenonkel. Sie erzählte, daß sie sich nicht dazu durchringen könne, das Grab ihres Mannes Dominik zu pflegen. Schon lange sei sie nicht mehr auf dem Friedhof gewesen. Sie habe sich in den letzten Jahren immer mehr abgekapselt und sich nur noch mit ihren drei Katzen beschäftigt. Jetzt leide sie unter Einsamkeit und Angst vor Menschen. Sie scheue sich vor einer Krankschreibung, weil sie so viel und so oft über erkrankte Kolleginnen gelästert habe, daß sie befürchte, die Kolleginnen könnten nun über sie lästern. Ich empfahl ihr, an unseren Parties teilzunehmen und tanzen zu gehen. Sie entschied sich, meinem Vorschlag zu folgen und mit mir ins "Verlies" zu gehen. Dort gab Cyra eine Future Pop Party. Ina schien es im "Verlies" zu gefallen. Sie war recht häufig auf der Tanzfläche.
Cyra klagte über ein Zipperlein in der Schulter. Sie will zum Geburtstag ein Geschenk haben, das mit Wellness und Beauty zu tun hat. Sie sieht aus wie das blühende Leben, und ich frage mich, was für so jemanden das richtige Geschenk ist. Eigentlich fehlt ihr der richtige Freund, finde ich.
Am nächsten Tag besuchte ich Henk im Friseursalon. In einem weiten schwarzweißen Hemd mit kleinen Tieren darauf schnitt er einer Kundin die Haare, die seine Unterhaltsamkeit zu schätzen wußte. Henk ist bei Kunden und Kollegen sehr beliebt, und zu Recht, geht er doch auf jeden sehr persönlich ein und ist immerzu lustig und freundlich. Ich finde seine einmaligen, tapsigen Bewegungen, seine schräge Mimik und sein teddybärenhaftes Aussehen einfach hinreißend. Er servierte mir Kaffee, und wir tauschten die letzten Neuigkeiten aus. Daß Constri geheiratet hat und ein Kind erwartet, begeisterte ihn nicht sonderlich, führte es ihm doch seine eigene Einsamkeit vor Augen:
"So ist das, wenn man allein ist - ich habe meine Pölsterchen, und du wirst steril."
Als ich Henk eine Kopie des Bildes von Rafa in HD. zeigte, die in meinem Kalender klebt, meinte er:
"Geschmackssache. Hübsches Gesicht ..."
Im benachbarten Technik-Kaufhaus arbeitet Zenza; sie ist in der CD-Abteilung eingesetzt. Ich besuchte auch sie. Zenza beschallt die Abteilung mit Future Pop wie Apoptygma Berzerk, VNV Nation und Covenant. Das gefalle vielen Kunden, die zu dieser Musik bisher noch keinen Zugang hatten, meinte Zenza. Sie erzählte von ihrem Freund Vittorio, den ich bislang fast nur schwer betrunken erlebt habe, mit einem leeren, heiteren Blick und deutlicher Schlagseite. Vittorio stammt aus Italien und soll gut deutsch sprechen, tut aber so, als verstehe er diese Sprache nicht. Hier verständigt er sich bevorzugt auf Englisch. Als Zenza ihm bei seiner Steuererklärung half, stellte sie fest, daß Vittorio promovierter Physiker ist und am Max-Planck-Institut in HH. arbeitet.
Zenza berichtete, in der Tat sollen Kappa und Ace keineswegs zerstritten sein; vielmehr bestünden Konflikte zwischen Lysanne und Edaín. Sie, Zenza, verstehe sich mit beiden und habe beide schon ermahnt, da sie nicht wolle, daß eine über die andere herzieht.
Am Samstagabend gaben Sarolyn und Victor ihre Hochzeitsparty. Sie hatten eine Woche zuvor im Familienkreis standesamtlich geheiratet, in Anzug und Brautkleid. Auf der Party trugen sie ihre Hochzeitsgarderobe nicht, weil Victor den Anzug nicht noch einmal anziehen wollte; Sarolyn hatte dieses jedoch zur Bedingung gemacht und ihr Brautkleid deshalb auch nicht noch einmal angezogen.
Sarolyn warf ihr Bukett erst jetzt, auf der Party. Wir gingen dazu spätabends im Dunkeln hinaus in den Garten. Die unverheirateten Herren mußten auch mitkommen. Sie zierten sich etwas. Cindia fing das Bukett, die seit elf Jahren mit ihren Freund Jen zusammen ist. Sie hat schon eine Ehe hinter sich und wagte sich bisher noch nicht an eine neue.
Konditorin Clarice schenkte Sarolyn und Victor eine doppelstöckige Torte, auf der ein Fledermaus-Hochzeitspaar aus Marzipan thronte. Die Fledermausbraut trug einen Schleier aus echter Spitze. Constri und Derek hat Clarice eine solche Torte mit einem Schneckenpärchen zur Hochzeit geschenkt.
Nachts waren Constri und ich im "Radiostern". Tricky geht wegen eines kaputten Knöchels an Krücken. Er klagte, weil er den Tanzenden nur zusehen konnte, anstatt selbst mitzutanzen.
Lana feierte ihren Geburtstag draußen im Stadtwald auf einem Spielplatz, rund um eine Tischtennisplatte aus Beton. Dort war ein großes Buffet aufgedeckt. Brennende Fackeln steckten im Waldboden. Als es zu regnen begann, ging die Feier bei Lana zu Hause weiter.
Lanas Freundin Stella war auch auf der Party. Sie hatte ihren vierjährigen Sohn mitgebracht. Seit sechs Jahren läuft Stellas Geschäft gut, in dem sie schöne Dinge zum Verschenken und Einrichten verkauft. Die Sachen haben überwiegend einen farbenfrohen, eigenwilligen One-World-Stil, passend zu dem von Stella bevorzugten Goa-Trance.
Lana kennt viele von ihren Gästen aus der Goa-Szene. Die meisten sind schick und modisch gekleidet, haben studiert und verdienen gut, haben zum Teil auch schon Familie und wirken in ihrem Verhalten höflich und freundlich. Einige stammen aus exotischen Ländern; sie sprechen sehr gut deutsch und zumeist akzentfrei, wie Lana, die hier geboren ist.
Weil ich mich kürzlich an das Faltspiel "Himmel und Hölle" erinnert habe, fragte ich die Runde, wer noch wußte, wie man das faltet. Jules wußte es noch und faltete mir eins. Er hatte dafür vergessen, wie ein Schiffchen gefaltet wird, und ich faltete ihm eins.
Anfang August war ich mit Constri, Merle und Elaine auf dem Gelände einer Kanalschleuse, wo es einen Tag der offenen Tür gab. Die historische Schleuse ist schön gestaltet mit geometrisch angeordneten Häuschen in einem warmen Ziegelrot. Wir sahen zu, wie die Schiffe im Schleusenbecken immer tiefer sanken, an dunklen Mauern entlang. Wir konnten auch die Schaltzentrale besichtigen. Constri und ich machten viele Fotos.
Mit Saara und Danielle war ich nachts im "Read Only Memory". Kappa konnte sich auch noch erinnern, wie man "Himmel und Hölle" faltet, und auch er faltete mir eins. Dann wollte er ein Schiffchen falten, und ich half ihm etwas auf die Sprünge.
Weil Kappa frühmorgens eine Fahrgelegenheit fehlte, bot ich ihm an, daß Saara, Danielle und ich ihn mitnahmen. Als Kappa mit Danielle auf der Rückbank von Saaras Auto saß, fragte er, wie die Mädchen denn nochmal hießen? Er wollte kaum glauben, daß die Fahrerin wirklich Saara war:
"Ich wußte, ich kenne dich, aber ich kam einfach nicht drauf ..."
"Ich bin die kleine Schwester", sagte Danielle. "Du hast mich auch schon mal mit Saara verwechselt."
Ray war beim diesjährigen Open Air Festival in HI. und erzählte, Rafa sei beim Aufbauen für sein Konzert zweimal über ein Kabel gestolpert, beim ersten Mal habe er ein Keyboard mitgerissen. Dolf habe amüsiert zugeschaut. Rafa habe wieder mit offenem Hosenstall auf der Bühne gestanden; das habe man vor allem dann gesehen, wenn er die Arme ausgebreitet habe. Als Rafa bei dem Stück "Arbeit adelt!" auf sein Ölfaß eingeschlagen habe, sei der Prügel schon beim ersten Schlag in seine Bestandteile zerfallen. Berenice und Kitty seien dieses Mal am Schlagzeug im Takt geblieben.
"Man kann sogar einer Katze das Bellen beibringen", meinte Ray.
Im Nachtdienst bekam ich gegen drei Uhr früh einen Anruf von einem jungen Mann aus BS., der mich fragte, ob ich ihm ein Rezept für eine Flasche Ritalin faxen könne. Er habe Buddha versprochen, zwei Wochen ohne Schlaf durchzuhalten. Eine Woche habe er schon hinter sich, und um auch die zweite zu schaffen, brauche er das Ritalin. Er habe einen buddhistischen Tempel in BS., den solle ich mir unbedingt ansehen. Ich empfahl ihm, zu Bett zu gehen.
Rikka mailte, daß ihre Beziehung mit Fermin zerbrochen sei:

Die Gefühle waren von meiner Seite schon ziemlich lange auch nicht mehr, hab mich schon des öfteren gefragt, wieso ich mich überhaupt in ihn verliebt hatte, aber nun gut. Ich hab auch keine Lust mehr, ihn nochmal zu treffen oder von wegen Freundschaft und so.

Mitte August fuhren Constri und ich nach S. Meine Mutter hatte uns ihre A-Klasse ausgeliehen, die eine Klimaanlage hat. Als wir unterwegs auf einem Parkplatz ausstiegen, kam uns die Hitze wie eine Wand entgegen. In S. gingen wir mit Lisa und Ida im Wald spazieren, dort war es schattig und nicht so heiß. Lisa erwartet ebenfalls ein Kind, und so hatten Constri und Lisa viel Gesprächsstoff. Abends fuhren Constri und ich in den Schwarzwald, wo Viviens Hochzeit stattfinden sollte. In einem Hotel war für Constri und mich je ein Zimmer bestellt. Constri und ich stritten uns, wer welches bekam.
"Uns geht's doch wirklich gut", meinte Constri, "und nicht mal über sowas können wir uns einigen."
Am Ende war doch jede zufrieden.
Der nächste Tag war ebenso heiß und sonnig wie der vorherige. Constri und ich schauten uns die kleine Kirche an, wo die Hochzeit stattfinden sollte. Die Kirchentür war grün umkränzt. Rechts neben der Tür war eine Gedenktafel in die Mauer eingelassen, zu Ehren eines Helden aus dem Dorf, der mehr als dreißig Menschen rettete, als der Bach über die Ufer trat, und schließlich selbst in den Fluten umkam.
In einem Schreibwarenhandel kaufte ich historische Schwarzweiß-Postkarten, auf denen das kunstvolle Relief am Dorfbrunnen abgebildet ist. Das Relief zeigt junge Mädchen, die sich von ihren Verlobten verabschieden, die in den Krieg ziehen müssen. Eine Karte klebte ich in Viviens Hochzeits-Gästebuch und schrieb darunter:
"Lost in black forest"
Vivien erählte von der Kosmetikerin, die ihr Gesicht zur Probe für die Hochzeit schminkte:
"Die hat so dick Makeup aufgetragen, daß man mir nur von hinten gegen den Kopf hätte hauen müssen, und es wäre vorne heruntergefallen."
Vivien trug ihr dezentes Makeup selbst auf. Sie hatte ein cremefarbenes Kleid an mit Trägercorsage und Reifrock. Als sie mit Alban zum Altar ging, lag ein Chiffontuch um ihre Schultern. In der Kirche waren weiße Blumen an den Seiten der Bänke befestigt. Nach der Trauung ließen Alban und Vivien vor der Kirchentür herzförmige rote Luftballons in den Himmel steigen; die hatte ein Gast dem Paar geschenkt.
"Mit Alban hast du den großen Wurf gemacht", sagte ich zu Vivien. "Der erste Mann und der beste."
In der Mittagssonne ging das Paar mit einigen Gästen ein Stück bergauf zu einer Wiese, wo Fotos gemacht wurden. Constri und ich kamen auch mit und gingen dann oben im Kiefernwald spazieren. Der Forstweg war steil. Die Sonne schien zwischen den Bäumen hindurch, ließ halbhohe Pflanzen aufleuchten und malte Muster auf den Waldboden. Constri und ich fotografieren viel.
Die Hochzeitsfeier fand im Gemeindehaus statt. Die Tischkärtchen waren kleine hölzerne Klaviere, die Namen der Gäste standen jeweils auf dem Notenblatt. Wilko spielte eine CD vor, auf die er musikalische Kunstwerke gebrannt hatte, die von Constri und Vivien stammten. Darunter war auch das experimentelle Werk, in dem Constri und Vivien den Text einer Reformhaus-Reklamezeitschrift sangen und dazu Klavier spielten. Vivien und Alban lieben noch heute vor allem klassische Musik und bekamen zur Hochzeit Geld für ein Klavier geschenkt.
Am Tag nach Viviens Hochzeit fuhren Constri und ich nach EM. Constri machte mir Vorwürfe, weil ich unbedingt noch dorthin wollte, denn ihr war es wichtig, vor Mitternacht daheim in H. anzukommen. Ich hatte den Besuch bei Shara in EM. schon vor Wochen verabredet und versprach Constri, daß wir vor Mitternacht wieder in H. sein würden. Mit Shara und seiner Freundin Victoire fuhren wir hinaus zu einer mehrere Jahrhunderte alten Gaststätte, die an der Kreuzung zweier Wanderwege liegt. Dieses Weghaus entspricht den heutigen Autobahnraststätten, weil die meisten Menschen früher zu Fuß auf Reisen gingen. Sie konnten nicht innerhalb weniger Stunden vom Breisgau in die norddeutsche Tiefebene fahren.
Im Garten der Gaststätte saßen wir unter einem Sonnenschirm und aßen Schnitzel, die Spezialität des Hauses. Victoire erzählte, daß sie bald ihr Biologiestudium abschließen wird und daß sie danach eine Doktorandenstelle suchen wird. Shara hat schon mehrere Fächer studiert, aber noch kein Studium abgeschlossen. Er ist noch immer nicht sicher, welches Fach er zu seinem Beruf machen möchte. Er ist über dreißig, fast zehn Jahre älter als Victoire.
Nach dem Essen machten wir einen Spaziergang am Waldesrand, hinauf zu einem grünen Hügelkamm, wo es einen weiten Talblick gab. Constri drängte, daß wir aufbrachen.
"Der Ausflug hat dir doch gefallen", sagte ich zu Constri. "Behaupte jetzt nicht, er hätte dir nicht gefallen."
Die Strecke von EM. bis nach H. fuhr ich in fünfeinhalb Stunden, eigentlich nur in fünf, denn wir machten drei zehnminütige Rasten.
"23:15", sagte ich zu Constri, als wir vor ihrer Haustür hielten. "Ich habe mich dran gehalten, wir sind vor Mitternacht da."
"Ja, aber wie du gefahren bist", sagte Constri. "Die Kurven ..."
"Die A-Klasse fällt schon nicht mehr so leicht um. Außerdem hatte ich es versprochen."
Am Mittwoch war ich mit Cyra im "Zone". Zwei Jungs kamen mit, Corin und Terence. Corin erzählte auf der Fahrt, wie schrecklich er es finde, wenn eine Band verkrampft versuche, lustig zu wirken. Besonders schlimm finde er die Band von Rafa.
"Wenn der Mann wenigstens Selbstironie hätte", seufzte Corin.
Ende August legte Cyra im "Verlies" auf; es war wieder eine Future Pop Party. Gesa war mitgekommen ins "Verlies". Sie tat, was sie fast immer tut, wenn es ans Feiern geht - sie setzte sich bewegungslos in eine Ecke und blieb dort sitzen. Wenn man ihr jemanden vorstellte, zeigte sie sich höflich, begann aber keine Gespräche. Sie meinte dennoch, sie amüsiere sich. Sie ging, wie sonst auch, schon recht früh nach Hause.
Sándor hat sich die Haare kurz und stachelig schneiden lassen. Er umhalste mich auf der Tanzfläche und schwenkte mich herum. Er war gerade aus Ungarn zurückgekommen, wo er sich mit seiner Freundin Marena verlobt hatte. Die beiden sind seit sieben Jahren zusammen und wollen im nächsten Jahr heiraten. Sándor hatte befürchtet, über die Entfernung würde die Beziehung nicht halten. Jetzt zeigte er mir seinen Verlobungsring.
Sándor klagte, daß er immerzu ausgegrenzt werde, weil er einen fremdländischen Akzent habe.
"Also, hier jedenfalls nicht", erwiderte ich. "Außerdem redet Hal auch mit Akzent."
"Ja, aber der ist jemand."
"Also, du bist doch wohl auch jemand! Was ist denn das - du hast einen akademischen Beruf, du gehst arbeiten, und du glaubst, du seist niemand? Und selbst wenn das alles nicht wäre, du wärst doch immer noch jemand."
Morgan erzählte von dem Musikprojekt, das er gemeinsam mit Seraf macht. Statt "MS Project" heißt die Band jetzt "Eo ipso". Morgan und Seraf wollen Industrial-Sounds und elektronische Beats verarbeiten; ganz genau sei der Stil aber nicht zu beschreiben. Ein Label haben die beiden noch nicht und wissen auch nicht so recht, wie sie sich bekannt machen wollen.
"Tretet auf", empfahl ich, mit dem Gedanken an Rafa, dem es auch auf diese Weise gelungen ist.
Das wollte Morgan aber nicht:
"Da kann man ja auch mal beim Publikum durchfallen."
Ich dachte an Rafa, dem das viele Male passiert ist und der dennoch nie aufgegeben hat und schon viele Fans hat.
"Und wie wollt ihr es denn machen?" erkundigte ich mich.
"Über Links im Internet", antwortete Morgan vage. "Wir wissen aber auch noch nicht, ob wir wirklich schon so sehr bekannt werden wollen."
Die Internetpräsenz von Morgan und Seraf trägt den Namen eines anderen Betreibers, weil sie über dessen Homepage erreichbar ist. Für eine Internet-Domain ohne Werbebanner, die den Namen seiner Band trägt, will Morgan kein Geld ausgeben. Die jetzige Domain laufe noch über die Universität, und wenn das eines Tages nicht mehr möglich sei, wisse er auch nicht so recht, wie es dann weitergehen solle.
"Wenn ich eine Internetpräsenz bekannt machen und damit ein bestimmtes Produkt verkaufen will, sollten die Namen von Produkt und Präsenz identisch, wiedererkennbar und leicht zu merken sein", meinte ich. "Außerdem sollte sich die Adresse nicht ändern und stets zuverlässig aufrufbar sein, und sie sollte nicht durch fremde Werbebanner verunziert werden. Und sowas kostet Geld."
Morgan erzählte, daß Seraf an der Universität von R. arbeitet und deshalb nach wie vor nur besuchsweise nach Norddeutschland kommt. Als ich erzählte, daß ich Seraf mit Berenice im "Zone" gesehen habe und daß er sie zwar süß findet, mit ihr aber wohl nicht zusammen sein will, meinte Morgan:
"Natürlich nimmt der keine Freundin, die in H. wohnt. So eine Beziehung hält doch nicht über die Entfernung."
"Er hat aber wohl eine Freundin."
"Ja, hat er."
"Chantal hatte er wohl damals verlassen, um seine Junggesellenfreiheit zu genießen."
"Das hat der so erzählt?"
"Ja, so ungefähr."
"Die war wohl mehr so eine Dominante."
"Oh nein, die ist schüchtern und unsicher."
"Ach - ich dachte immer, die ist voll selbstbewußt."
"Oh nein; sie sieht vielleicht selbstbewußt aus, ist aber das Gegenteil davon."
"O.k., dann paßt das ins Bild von den Freundinnen, die Seraf hat."
Morgan war mit seinem Kollegen Jost im "Verlies". Sie sind bei derselben Versicherung beschäftigt. Jost überlegt, seine Freundin zu verlassen, weil er sich in eine andere verliebt hat. Was ihn daran hindert, ist die erst vor Kurzem mit der Freundin bezogene gemeinsame Wohnung.
Jost macht sich Gedanken über das Leben und den Tod. Religionen hält er für Einbildung. Er ist überzeugt, daß nach dem Tod nichts mehr kommt. Als ich ihn fragte, weshalb er so sicher sei, meinte er:
"Weil vor der Geburt auch nichts war. Da ist vorher nichts und nachher nichts."
"Glaubst du denn an etwas?"
"An mich selber, an meine Kraft, an meine Fähigkeiten."
"Und woher hast du deine Kraft und deine Fähigkeiten?"
"Die habe ich mir selber geschaffen."
"Vielleicht denkt er eines Tages anders, wenn er irgendwann erkennt, daß er nicht alles selber in der Hand hat", überlegte ich.
Ich machte Sándor mit Morgan und Jost bekannt, um Sándor zu zeigen, daß ihm keineswegs immer Vorurteile entgegengetragen werden, nur weil er mit Akzent spricht. Sándor möchte Morgans Internetpräsenz mit der seinigen verlinken. Er freute sich, die beiden kennengelernt zu haben.
Tricky war ohne Krücken im "Verlies". Er darf eigentlich noch nicht ohne Krücken herumlaufen, tut es aber trotzdem.
Ein Junge namens Siro begrüßte mich, der mich von Danes Maifeier kennt und vom Sehen auch schon vorher kannte. Siro erzählte, er traue sich immer erst auf die Tanzfläche, wenn er mehrere Bier getrunken habe. Gegen Morgen ging Siro auf die Tanzfläche.
Als Siro und ich hungrig wurden, entschieden wir, im "Nachtbarhaus" zu frühstücken. Ich sagte Cyra bescheid.
"Halt, erst mußt du zu dem neuen Stück von Dive tanzen und dann zu dem Industrial-Stück von VNV Nation, und dann kannst du essen gehen", bestimmte Cyra.
Nachdem ich zu "Lies in your eyes" von Dive und zu "Structure" von VNV Nation getanzt hatte, legte Cyra nach mit "Stukas im Visier" von Feindflug, so daß ich weitertanzen mußte, trotz des Hungers.
"Das hat Xentrix im 'Elizium' mal mit mir gemacht", erzählte ich Siro. "Der hat gesehen, daß ich meinen Mantel angezogen hatte, da hat der ein Stück am anderen gespielt, lauter Sachen, von denen er wußte, daß ich dazu tanzen muß, und ich hatte keine Chance; ich mußte noch eine halbe Stunde dableiben. Und das ging auf sechs Uhr zu."
Mich erinnert das an das Märchen "Die roten Schuhe". Der Unterschied zu dem Märchen ist, daß ich gerne tanze, auch wenn ich schon müde bin.
Cyra erzählte mir, daß Hal ihr zum Geburtstag das Girlie-Shirt von VNV Nation geschenkt hat, das sie sich gewünscht hatte und jetzt auch trug, und dazu eine CD zum Englischlernen.
"Heiratsantrag", warf ich kurz ein.
Cyra sandte mir einen vernichtenden Blick und rügte mich.
"Ja, nur freundschaftlich, nur freundschaftlich", sprach ich ihr artig nach.
Sie gestand, kaum englisch zu können. Mit Hal unterhält sie sich meistens auf deutsch. Er möchte lieber mit ihr englisch reden, um sich ihr mehr mitteilen zu können.
Siro erzählte im "Nachtbarhaus", fürs Tanzen brauche er deshalb so viel Bier, weil er seine Bewegungen als lockerer und unverkrampfter erlebe, wenn er betrunken sei. Als ein Mitarbeiter eines Musikkanals im "Verlies" den DJ gefilmt habe, sei Siro mit aufs Video gekommen und habe sich später im Fernsehen selbst im Hintergrund tanzen sehen, und das habe ihm nicht gefallen. Siro gestand freilich zu, daß man sich selbst mit besonders kritschen Augen sehe. Das konnte ich nur bestätigen.
"Na, du tanzt aber auch so, daß ich damals gedacht habe, wenn ich eine Band wäre und ein Musikvideo drehen wollte, dann ist das die Frau, die ich dafür nehmen würde", meinte Siro.
Gesa hat von mir im Mai die ersten sechs Kapitel des Online-Romans "Im Netz" als gebundenen Computerausdruck zum Geburtstag bekommen, weil sie sich das gewünscht hatte. Sie erzählte mir, daß sie inzwischen beim zehnten Kapitel angelangt ist. Sie macht in HH. eine Umschulung zur Beraterin für Unternehmenssoftware, und in den Pausen liest sie im Internet die Geschichte. Vielleicht ist es das, was die Leute an dieser Geschichte reizt - weil man sie wie ein Klatschmärlein oder eine Seifenoper immer weiterverfolgen kann.
Vor neun Jahren glaubte ich bereits, daß die Geschichte als abgeschlossen gelten könne, weil darin nichts Nennenswertes mehr passieren werde; das erwies sich aber als Trugschluß.
In der ersten Septemberwoche war ich mit Constri auf Wangerooge. Ich filmte Constri im Abendsonnenschein, als sie auf einer hölzernen Dünentreppe stand. Sie trug meinen langen, weiten grauen Trägerrock, der ihr noch paßte. Ich filmte Constri auch auf dem runden Ehrenfriedhof für Kriegsopfer, wo sie die Namen auf den Gedenksteinen vorlas. Constri machte viele Aufnahmen am Strand, wo die Meeresfluten fraktale Muster in den Sand gezeichnet haben. Am östlichen Ende der Insel blühten in dem weißen Dünensand hellila Blumen, die malerische Motive bildeten.
Die Filmaufnahmen werden ein Teil von Constris Diplomarbeit.
Auf der Insel gibt es einen Leuchtturm, der nicht mehr in Betrieb ist und als Museum genutzt wird. In dem Turm befindet sich auch eine Außenstelle des Standesamts. Es handelt sich um ein Trauzimmer, zu dem die Brautpaare und ihre Trauzeugen viele schmale Stufen hinaufsteigen müssen. Während wir auf der Insel waren, sahen wir mehrere Hochzeitsgesellschaften.
In der Nähe unserer Ferienwohnung begegneten wir einer der schönsten Katzen, die ich je gesehen habe. Sie hatte ein buschiges getigertes Fell und schimmerte in einem sattgoldenen Glanz. Eine ebenso schöne Katze ist uns vor über zwanzig Jahren in Österreich begegnet. Sie hatte langes, buschiges Fell in einem silbergrauen Ton, das Unterfell war weiß, die Haarspitzen braunrot. Sowohl von der einen als auch von der anderen Katze habe ich Fotos gemacht. Beide Tiere waren handzahm.
Am Samstagabend nach unserer Rückkehr erhielt ich eine E-Mail, die mir jemand namens "Donar" geschickt hatte:

Hallo Hetty,

mein Kompliment zu deiner Website. Habe dich früher oft bei den "Klangwerk"-Parties gesehen.
Beim Rückblick auf meine zehnjährige Szene-Vergangenheit bleiben wehmütige Anfälle dabei nicht aus ... aber auch selten so gelacht beim Wiedererkennen einiger Charaktere!
Besonders Ivo Fechtner ist treffend karikiert; Geltungssucht und Geiz beschreiben seinen Charakter passend.
Er ist egoistisch und geldgeil. Wenn der Preis stimmt, verkauft er seine Mutter. Er respektiert nichts und niemanden. Sein einziges Talent ist Ausnutzen und Hintergehen seiner Bekannten.
Auch heute erzählt er noch überall herum, du verfolgtest ihn mit der Antifa, wärst mit schuld an früheren Arbeitsplatzverlusten etc.
Ich bin vor zwei Jahren auf Abstand gegangen und habe dieses Jahr endgültig mit ihm gebrochen. Er wollte mich in die rechtsradikale Szene hineinziehen, hat geliehene Dinge verkauft und meine Werke als seine eigenen ausgegeben.
Leute wie er sind schuld an der Zersplitterung und Politisierung der Szene, wodurch jede Art von Uniformierung gleich als rechtsradikal angesehen wird.
Dieses Jahr hat er auf dem Pfingstfestival in L. eine Abreibung von der Antifa bekommen, was mich persönlich sehr gefreut hat!

Gruß
Donar

Donar schien sehr auf Ivo Fechtner gebaut zu haben; so konnte ich mir am ehesten erklären, weshalb er sich so sehr von Ivo Fechtner enttäuscht fühlte und weshalb es ihm so wichtig war, über ihn herzuziehen.
Saara, Danielle und Danielles Bekannter Claudius kamen zu mir, weil wir gemeinsam zum "Read Only Memory" fahren wollten.
"Ich bin völlig depressiv", erzählte ich. "Das hat damit zu tun, daß ich Rafa nie sehe."
Die drei hatten kalten Kaffee in Dosen mitgebracht, den tranken wir gemeinsam, und davon ging es mir schon etwas besser. Danielle und Saara erzählten begeistert von der kleinen Gwyneth, die bereits den Telefonhörer abnimmt, wenn es klingelt, und "Hallo" sagt und dem Anrufer kindliches Kauderwelsch erzählt. Wenn sie in ihrem Bettchen liegt und das Telefon klingeln hört, will sie sofort hingehen.
Saara trug einen figurbetonenden ärmellosen Overall aus einem feinen Stoff in Jeansoptik, mit einer großen Schnalle über dem Schambein.
"Heute werden dich haufenweise Kerle anmachen", war ich sicher. "Wegen der Schnalle."
"Immer ist sie unsicher, was sie anziehen soll", hat Svenson mir einmal erzählt. "Dabei sieht sie immer gut aus, egal was sie trägt."
Im "Read Only Memory" wurde Saara wirklich von einigen Herren umschwärmt.
Kappa erzählte mir, daß Edaín im Internet den Roman "Im Netz" liest und ihn immer fragt, wer wer ist. Einmal kam er ins Schleudern; da ging es um eine verflossene Liebschaft. Ich erinnerte mich, daß nur Lillien gemeint sein konnte.
"Das hängst du ganz schön hoch", war Kappa etwas unwillig, der sich vielleicht schämte, weil er mit Lillien seine damalige Freundin Genna betrügen wollte.
"Das liegt nur daran, daß ich mich mit Lillien damals viel getroffen habe und viel mitbekommen habe", erklärte ich. "Deshalb steht das so ausführlich drin. Inzwischen ist Lillien längst in festen Händen und hat eine Tochter."
Kappa und ich redeten auch über Szenetratsch.
"Ivo Fechtner soll gesagt haben, daß du Koks in Nutella rührst und das ißt", erzählte ich. "Und über mich verbreitet er seit Jahren, ich sei Mitglied der Antifa und beteiligt an einem Komplott gegen ihn."
"Ach, wenn alles stimmen würde, was über mich erzählt wird, wäre ich schon tot!" lachte Kappa.
Saara, Danielle und Claudius gefiel es sehr im "Read Only Memory". Danielle hat mit Mike ausgemacht, daß sie beide umschichtig nachts weggehen, so daß der jeweils andere bei Gwyneth bleibt.
Am Mittwoch war ich mit Laurie, Cyra und Corin im "Zone". Auf der Hinfahrt erzählte Cyra von der Unhöflichkeit eines Mitglieds von In strict confidence. Der Musiker soll ausgesprochen arrogant sein.
"Du siehst ja nun nicht schlecht aus", sagte Corin zu Cyra. "Ich meine, du bist echt eine hübsche Maus. Und er hält sich doch für den Frauenschwarm ..."
"Der?" rief Cyra. "Der sieht doch voll panne aus! Der sieht doch echt nach gar nichts aus!"
"Das ist es", meinte ich. "Er kann bei dir nicht landen, und deshalb verhält er sich so daneben."
Cyra erzählte von einem Benefiz-Festival zugunsten der Flutopfer, das in der kommenden Woche in HH. stattfinden soll. Für Delan sei es schwer gewesen, einen Headliner zu finden. Bekannte deutsche Bands wie Project Pitchfork, And One und Wolfsheim hätten es abgelehnt, auf einem Benefiz-Festival aufzutreten. Sie seien nicht bereit gewesen, ihre Gage zu spenden. Hal jedoch habe auf Nachfrage sogleich zugesagt. Nun werde er als Ire mit VNV Nation der Headliner auf einem Benefiz-Festival für in Not geratene Deutsche sein. Das sei für die bekannten deutschen Bands beschämend. Immerhin seien die anderen Bands im Lineup Deutsche.
Als wir beim "Zone" angekommen waren, fragte mich Cyra, ob sie ein Plakat auf der hinteren Ablage meines Autos plazieren könne. Sie legte ein Ankündigungsplakat für ihre Synthi-Pop-Party Anfang Oktober im "Restricted Area" dorthin, die Veranstaltung, wo sie Rafa auftreten läßt. Ihr eigenes Auto ist auch immer verziert mit Veranstaltungshinweisen und voller Flyer, die sie reichlich verteilt.
"So macht man Werbung", weiß sie.
Ich nickte bestätigend.
Auf der Tanzfläche des "Zone" lag in einer Ecke ein halb luftleerer grauer Ballon mit dem Logo von W.E. Der konnte noch von Rafas Konzert im Mai übriggeblieben sein.
Cyra unterhielt sich mit Zenza und stellte sich dann zu einer Gruppe von Jungs, die Pullis mit VNV Nation-Logo trugen. Sie hatte selbst auch ihr VNV Nation-Girlieshirt an.
Einer der Jungen erzählte, daß er Hal bei einem Auftritt einen Teddy geschenkt hat, und er überlegte:
"Was der wohl damit gemacht haben wird ... wohl weggeschmissen ..."
"Oh nein", widersprach Cyra entschieden. "Sowas macht der nicht! Der nicht! Der hebt sowas auf. Sag' mir mal, wie der Teddy aussieht, dann gucke ich nächstes Mal, ob der bei ihm liegt."
Die seltsamste Gestalt im "Zone" war dieses Mal ein Herr in einer weißen Mönchskutte, an der mit Bindfäden und Sicherheitsnadeln Zuckerbrezeln befestigt waren. Am Rücken hing ein Computerausdruck, auf dem stand ein Text mit der Überschrift:
"Hallo, ihr Wesen der Weiblichkeit, helft mir, Buße zu tun!"
Das sah wie ein Junggesellenabschied aus, zumal der Herr sich in einer frohen Runde befand. Vielleicht handelte es sich auch um eine Wette.
Auf der Rückfahrt erzählte ich von Rafas Band:
"Außer seiner Freundin hat er da noch so eine ..."
"Die Freundin von Vico", wußte Corin.
"Die kann nichts, außer gut auszusehen", meinte ich.
"Gut?" fragte Corin. "Hast du die mal ungeschminkt gesehen?"
"Sieht die so schlimm aus?"
"Also, die hat keine Ringe unter den Augen, die hat Reifen unter den Augen."
"Nimmt die Drogen, oder trinkt die?"
"Trinken tut sie ziemlich viel, ziemlich, ziemlich heftig."
Corin will beobachtet haben, wie sie sich mit Frauen gekratzt und gebissen hat, als eine Form der erotischen Annäherung.
"Hat ihr Freund da nichts gegen?" wunderte ich mich.
"Weiß ich nichts von."
Vico soll schwarzes Haar und einen Pferdeschwanz tragen. Er soll sehr viel Makeup verwenden, so daß sein Gesicht wächsern wirkt. Auch sein Verhalten soll etwas Wächsernes haben.
"Das ist keine Person, das ist ein Produkt", beschrieb ihn Corin. "Einmal habe ich 'Hallo' zu ihm gesagt, da hat er mich angeguckt und gesagt: 'Was.'"
Dieses "Was" betonte Corin ungefähr so wie das Anschlagen einer Schreibmaschinentaste.
Rafa soll auch für Vico Verwendung haben; er hat ihn bei einem Konzert das Licht setzen lassen.
"Oh Gott, mit was für einem Gruselkabinett umgibt sich Rafa", seufzte ich.
Cyra rügte die Lästerei. Ich erklärte ihr, daß ich vor allem deshalb lästere, weil ich mit Rafa Rechnungen offen habe.
"Rafa ist nicht ganz dicht", meinte sie.
"Das stimmt", nickte ich. "Er ist schwer narzißtisch gestört."
"Und was ist Dolf?" fragte Corin.
"Ja, was ist Dolf?" sinnierte ich. "Damit hast du ihn, glaube ich, schon gut charakterisiert."
An Donar mailte ich:

Ivo Fechtner hat wirklich auch schon was verkauft, das ich ihm nur geliehen hatte. Und als seine Ex-Verlobte Malda ihm ihren Selbstmord ankündigte, fragte er sie, ob sie ihm denn dann schon mal ein paar CD's geben könnte (hat er von sich aus meiner Bekannten Siddra erzählt). Auch nach ihrem Tod ist er in ihre Wohnung gegangen und hat noch mehr CD's geholt.
Woher kommt die Saat des Bösen? Das hat noch niemand eindeutig herausgefunden. Vermutet wird eine Kombination aus ungünstigen Genen mit einer Erziehung, in der nicht genügend Grenzen gesetzt werden.
Was ist denn eigentlich auf dem Pfingstfestival mit Ivo Fechtner passiert?

Greetinx
Hetty

Shara mailte mir eine Karikatur über den sich ankündigenden Irak-Krieg. Abgebildet ist ein Notizblock von Bush, auf dem steht:

Invasion Checklist
- missiles
- tanks
- troops
- planes
- bombs
- ships
- guns
- a reason

Alle Posten sind mit einem Häkchen versehen, nur der letzte, "a reason", ist nicht abgehakt.
Am Freitag, dem 13. September heiratete Clarice in OS. ihren Leander. Außer ihnen sollen sich mehrere andere Paare an diesem als "Unglückstag" gefürchteten Datum "getraut" haben.
Passend zum "Unglücksdatum" kam ich zu spät, traf aber die Hochzeitsgesellschaft noch auf dem Platz vor dem Standesamt - der historischen "Stadtwaage" - und konnte in dem strahlenden Sonnenwetter viel fotografieren und mitfotografiert werden.
Das Brautpaar hatte auch schon das dem Datum entsprechende Maß an Unglück hinter sich. Clarice wollte mit einer gemieteten Limousine zur Trauung fahren, die sprang jedoch nicht an. Ihre Trauzeugin war mit dem Auto da und half Clarice, den Blumenschmuck auf dieses Auto umzudrapieren, dann fuhren die beiden zur Trauung und kamen zehn Minuten zu spät. Die Trauung konnte aber wie geplant stattfinden.
Clarice trug das Kleid, das ich bisher nur von Giuliettas Zeichnung kannte, ein ausgeschnittenes schwarzes Rokoko-Kleid mit Reifrock, für das sie ihr Korsett auf eine bestimmte Weite schnüren mußte, weil das Kleid so abgemessen war. Das Kleid hatte über den schmalen Satinärmeln noch Tütenärmel aus Spitze und einen gerafften Spitzenüberwurf für den Rock. Clarices Haar war aufgesteckt und mit echten Rosen und Lilien verziert. Ein schwarzer Satinreif endete über der Stirn in einer Spitze mit einem Schmuckstein daran, und hinten war ein schwarzer Schleier befestigt. Über die ausrasierten Seiten hingen Korkenzieher-Löckchen. Das Bukett war mit den gleichen roten Rosen und weißen Lilien gestaltet, wie Clarice sie im Haar trug. Die Floristin hatte aus Golddraht zwei kleine Spinnen gebogen, von denen eine im Haar und eine im Bukett befestigt war. Leander ging ebenfalls in Schwarz, mit Gehrock, Dreispitz und geflochtenem Pferdeschwanz. Beide waren kunstvoll und zierlich geschminkt, mit feinen Kajalstrichen und -schnörkeln. Ich fotografierte sie auf der Rathaustreppe. In der historischen Kulisse sahen sie aus wie zwei Puppen.
Die Feier fand in einem städtischen Gemeinschaftshaus statt. Der Saal war rot erleuchtet von Grabkerzen. Auf zwei großen Tischen türmten sich liebevoll gestaltete Geschenke, mit viel neckischem Düster-Kitsch im Stil von Halloween-Artikeln. Drei Kistchen in Sargform zählte ich; eines davon enthielt eine Festplatte. Ein Gästebuch lag aus, das mit Feder und Tinte beschrieben werden mußte. Den Gästen machte es Vergnügen, diese ungewohnte Form des Schreibens zu probieren.
Das Buffet war vielseitig; es gab sogar schwarze Bandnudeln. Die Hochzeitstorte wurde abends aus dem Kühlschrank geholt. Sie war gekrönt von Clarices Skelett-Pärchen, das sich innig aneinanderschmiegt. Außerdem trug die Torte schwarze Zuckerrosen und eine Ratte und eine Schlange aus Marzipan.
Xentrix stand am DJ-Pult. Er spielte Klassiker wie "Logic System" von Unit und "With which strokes are given" von Omala und aktuelle Stücke wie "Selig" von Helium Vola.
Xentrix erzählte, daß Gabrielle ihren jetzigen Freund in dem Restaurant kennengelernt hat, wo sie jobbt. Sie soll im Frühjahr 2001, als ich sie auf dem Konzert von Saga getroffen habe, gerade mit ihm zusammengekommen sein. Daraufhin verließ sie Xentrix. Er war deshalb immer noch gekränkt, gibt jedoch an, mit seiner jetzigen Freundin Enya glücklich zu sein. Er will sie im Frühjahr heiraten und mit ihr Kinder haben. Er hatte eigentlich schon mit Gabrielle Kinder gewollt, sie jedoch hatte gemeint, ihr sei das zu früh.
Enya ist Krankenschwester und zahlt ihr Reihenhaus ab. Xentrix steuert in Form einer Mietzahlung etwas dazu bei, ohne auf das Haus Anspruch zu erheben. Bei dem Label, wo er jahrelang beschäftigt war, wurde ihm in diesem Frühjahr gekündigt. Als Grund wurde angegeben, er leiste nicht genug; der wahre Grund jedoch soll darin bestehen, daß ihn eine Dame aus der Chefebene nicht leiden kann.
Xentrix hat der Rauswurf schwer getroffen. Er möchte jedoch das Beste daraus machen und selbständig, unter Nutzung seiner Erfahrung und seiner Kontakte, einen Agenturbetrieb gründen.
Was Xentrix besonders verletzt hat, war Cyrus' Haltung.
"Jahrelang haben wir am selben Schreibtisch gesessen und uns ohne viele Worte verstanden", erzählte Xentrix, "jahrelang haben wir gut zusammengearbeitet, und dann werde ich 'rausgeworfen, und Cyrus sagt - nichts. Nichts. Na, der denkt wohl an seine Familie ... an seine Verantwortung ... aber daß da nichts kommt, kein Wort, gar nichts ..."
"Ist das ein Opportunist? Hängt der sein Mäntelchen nach dem Wind?"
"Eigentlich nicht."
"Der schwimmt also auch mal gegen den Strom."
"Nein."
"Hat der ein Rückgrat?"
"Nein."
"Das nennt man 'Opportunist'. Das ist einer, der immer sein Mäntelchen nach dem Wind hängt."
"Ja, du sprichst meine Gedanken aus."
"Cyrus soll seine Frau früher viel betrogen haben. Ich hoffe mal, daß er ihr jetzt endlich treu ist."
Xentrix verzog das Gesicht und rief:
"Ich habe nichts gesagt!"
"Also hat er eine Geliebte."
"Ich habe nichts gesagt!"
"Wenn er so untreu ist, warum ist Deirdre dann immer bei ihm geblieben?"
"Weil die eh keinen anderen mehr abkriegt."
Cyrus hat Bilder von seiner Hochzeit ins Internet gestellt, die Ende 2000 stattfand. Man sieht die Hochzeitsgesellschaft vor einem Fachwerkhaus stehen. Das Brautpaar ist traditionell gekleidet. Es liegt Schnee, was den Bildern eine romantische, melancholische Atmosphäre verleiht.
Ich fragte Xentrix, ob er glaube, daß Kappa seiner Frau treu sei.
"Ja, bei dem glaube ich das", meinte Xentrix. "Bei dem schon."
Xentrix suchte im Kühlschrank nach Bier.
"Echt, das war das längste Gespräch, das wir jemals hatten", staunte er.
Als ich ihn fragte, ob er Rafa in der letzten Zeit gesehen habe, erzählte er, Rafa habe ihn kürzlich angerufen und gebeten, die Promotion für seine nächste CD zu machen. Er habe Rafa mitgeteilt, daß er nicht mehr bei dem Label arbeitet, das Rafas CD's herausbringt.
Alle Kontakte zwischen Xentrix und Rafa sollen rein geschäftlicher Natur sein.
Xentrix versuchte, mir Rafa auszureden; das sei doch Vergangenheit, von dem hätte ich nichts mehr zu erwarten, und ich solle mir endlich irgendetwas anderes suchen.
An den Sockenschuß erinnerte sich Xentrix mit Schaudern:
"Der war Marilenes Erster. Und ich hatte damals so einen Jungfrauen-Tick - ich wollte nur Mädchen, die vorher noch keiner gehabt hatte. Und der hatte Marilene vor mir gehabt, deshalb hatte ich einen Haß auf den. Und das war auch der Grund, warum er aus dem 'Elizium' geflogen ist. Daß der dich angegriffen hat, das war nicht der Grund, deshalb hätte der kein Hausverbot gekriegt. Der hat wegen Marilene Hausverbot gekriegt. Und der kam an und bettelte, daß wir ihn wieder 'reinlassen; der hat gesagt, ich putze für euch und will auch nichts dafür. Aber war nicht."
Marilene soll Xentrix noch lange nachgetrauert haben. Er trennte sich von ihr, "weil das nur eine Interimsbeziehung für mich war".
Als ich erzählte, Marilene habe auf mich schon immer recht arrogant gewirkt, wehrte er ab, Marilene sei keineswegs arrogant.
"Zu dir wahrscheinlich nicht", hielt ich dagegen. "Aber die verhält sich sonst allgemein arrogant. Eine Freundin von mir geht mit ihr in dieselbe Design-Klasse. Wenn die ihr irgendwo begegnet - Marilene grüßt nie."
Xentrix hatte einige schockierende CD's dabei, mit blutrünstigen Texten. Die spielte er vor, als die Feier gegen ein Uhr zuendeging. Das Makabre schien er zu genießen.
"Andere sind so erwachsen", zeigte er sich nachdenklich, "und ich laufe mit Simpsons-T-Shirt und kurzen Hosen herum ..."
"Ein bißchen Kindsein sollte man sich erhalten, denke ich."
Am Sonntag mailte Donar:

Hallo Hetty,

da tun sich ja wahre Abgründe auf! Je mehr ich den Fall Fechtner untersuche, desto mehr Müll kommt ans Tageslicht. Das haben wohl auch viele seiner NS-Freunde erkannt. Mir vorliegenden Sichtungen zufolge taucht er aktuell nur noch mit seiner Freundin auf, ohne 'Gefolge'. Da hat die Mannschaft wohl gemeutert.
Er sagte mir einmal, sein Lebensziel sei es, 'den Nationalsozialismus wieder einzuführen'. Nur leider passt sein egomanisches Verhalten nicht zu einem Nationalsozialisten, der durch Unterordnung der eigenen Persönlichkeit unter die Masse definiert ist. Auch treibt er keinerlei Sport, säuft Bier in großer Quantität, mit den manifestierten Folgen, sprich sein Bauch wird immer ausladender. Eine 'normale' Frau bekommt er natürlich nicht mehr, seine Holde wiegt locker 120 kg. Rein sachlich gesehen, ohne Werturteil.
Das mit seiner Ex Malda ist hart, aber bei seiner Psyche nicht überraschend.
Seine letzte Ex, Alienne, hat übrigens noch vor dem Pfingstfestival ihren neuen Freund, Fechtners besten (einzigen?) Noch-Kumpel, mit dem Messer angegriffen.
Seine Fähigkeit zum Differenzieren ist schlichtweg nicht vorhanden. Wer die Kultur bis '45 liebt, aber die Politik dieser Epoche eher zeitgeschichtlich betrachtet, ohne den rechten Arm zu heben, passt nicht in sein beschränktes Weltbild.
Es heißt, leichte Schläge auf den Hinterkopf verbessern das Denkvermögen. Nicht bei Adolf Fechtner! Auf dem diesjährigen Pfingstfestival hat er von der Antifa Holz auf den Kopf bekommen, im wahrsten Sinne des Wortes.
Erfolgskontrolle: An den Externsteinen. Alles o.k., bis Ivo Fechtner auftauchte. Erst in Deckung gegangen, später doch noch in ihn hineingelaufen. In voller Uniform, die Zielscheibe des Abends.
Dauerte auch nicht lange, dann hatten wir die persönliche Polizeieskorte. Haben uns ganz schnell verabschiedet.
Der grelle Lichtbogen seiner Selbstzerstörung ist unübersehbar; mit seinen Auftritten bietet er sich für Angriffe geradezu an. Er ergreift keine Vorsichtsmaßnahmen mehr. Seit ihm sein Auto abgefackelt wurde, sollte er es besser wissen. Scheint ihm egal zu sein, ob er Schaden nimmt oder seine 'Kameraden'! Er genießt es eventuell sogar, mit genommenem Schaden prahlen und sich zum Märtyrer aufspielen zu können.
Der hat mich so oft in gefährliche Lagen gebracht, habe aufgehört zu zählen.
Ich rate allen, die ich kenne, sich meilenweit von ihm fernzuhalten.
Man wird benutzt und betrogen. Als Gratisbeigabe hat man automatisch den Verdacht des Neonazis anhaften.

Gruß
Donar

P.S.: Hast du wenigstens mal versucht, dein Eigentum von ihm zurückzubekommen?

Am Mittwoch war ich mit Claudius im "Zone". Claire lief herum wie ein Automat, und mit ihr war kein Gespräch zu beginnen. Sie berichtete, ihr gehe es heute nicht gut. Ihre Mitbewohnerin Ivy bestätigte meine Vermutung, daß es sich um Liebeskummer handelte.
Claires Verhältnis zu Cal hat sich in den letzten Monaten entspannt; es scheint freundschaftlich zu werden, wie Claire es sich gewünscht hat. Claires Liebeskummer lag wahrscheinlich an der Enttäuschung durch einen Schwarm aus jüngster Zeit.
Eine Woche nach der Hochzeit von Clarice und Leander heirateten Chiara und Gart im selben Standesamt, der "Stadtwaage" in OS. Abends feierten sie in der Discothek "Industry". Dort waren auch Clarice, Leander und ich dabei. Gart stand am DJ-Pult und legte einige Klassiker auf, die ich sehr mag, darunter "A day" von Xymox, "Verschwende deine Jugend" von DAF und "Plasticity" von Frontline Assembly. Das "Industry" ist passend zur Geschichte des Gebäudes industriell gestaltet, mit Tischen in der Form von Schraubenmuttern und an Werkzeug erinnernden Dekorationselementen.
Chiara erzählte, daß es kaum möglich war, das Brautkleid zu bekommen, das sie haben wollte. Sie hatte es bei einer weit entfernten Schneiderei in Auftrag gegeben, so daß nur wenige Anproben stattfinden konnten. Das Ergebnis war, daß ihr der Schnitt nicht gefiel. Sie habe ein Kleid bestellt und Rock und Bluse erhalten. Außerdem habe der Rock keinen Gummizug gehabt. Ich meinte, bei einem Brautkleid sei ein Gummizug nicht üblich. Chiara erklärte, daß ihr ein Rock herunterrutsche, wenn sie ihn nicht durch einen Gummizug halte. Sie habe das Kleid gerade noch so hinbekommen, daß es ihr passe. Freilich habe sie ihr Korsett nicht darunterziehen können, da dieses kaputt sei.
Chiara hat, wie ich finde, ein hübsches Gesicht und schöne lange Haare. Sie ist jedoch sehr übergewichtig, und das kann es für die Schneiderei schwierig gemacht haben, ein passendes und gut sitzendes Kleid anzufertigen.
Gart hatte für die Trauung eine Zahnprothese eingesetzt. Da die Prothese ihm unbequem war, hatte er sie abends wieder herausgenommen. Gart hat sehr empfindliche Zähne; die meisten hat er früh verloren.
"Wann wirst du endlich eitel", seufzte ich.
Auf der Rückfahrt von OS. wurde ich wieder einmal schläfrig. Ich glaubte, die weißen Streifen, die die Fahrbahn begrenzen, seien lauter Papierblätter, die an mir vorbeiflogen. Dann glaubte ich, meine Katze würde auf dem Lenkrad liegen; dabei war das nur der Bezug aus Lammfell.
Eine "Autobahn-Halluzination", die ich vor einigen Monaten hatte, zeigte mir mitten auf der Fahrbahn zwei leuchtend grüne Hydranten.
Ich will mir angewöhnen, vor jeder Nachtfahrt zwei Stunden zu schlafen, um Übermüdung zu verhindern.
Am Sonntag kamen Constri und Sándor zum Frühstück. Wir machten einen Ausflug zu einem sehr weitläufigen Fabrikgelände im Nordwesten von H., das schon längere Zeit stillgelegt ist. Neben hohen Backsteinbauten, die etwa hundert Jahre alt sein dürften, gibt es dort triste Hallen und Bürogebäude, die wahrscheinlich in den Sechziger Jahren entstanden sind. Eines der vorderen Bürogebäude hat eine Glastür, die mit Brettern vernagelt ist.
Auf der Rückseite des Geländes gibt es eine niedrige Stelle in der Mauer, über die wir hinwegsteigen konnten. Wir machten viele Fotos. In fast jeder Halle waren die Scheiben eingeschlagen, und einige Türen standen offen, so daß man in die Hallen hineingehen konnte. Mich störten die Graffiti. Es kostete Mühe, Fotos zu machen, auf denen keine Graffiti zu sehen waren.
Am späteren Nachmittag war ich mit Sarolyn auf einem in der Nähe von Bc. gelegenen Stadtfriedhof beim Tag der offenen Tür. Wir nahmen an einer Führung durch das vor wenigen Jahren fertiggestelle neue Krematorium teil. Ein Mitarbeiter des Krematoriums führte uns und erzählte, manche Bestatter würden unter die Toten Versandhauskataloge und Telefonbücher legen, um sie für die Aufbahrung herzurichten. Leider brenne dieses Material nicht richtig, und in der Nachbrennkammer finde man durchaus noch lesbare Katalogseiten mit Sonderangeboten.
Abends fand bei Lana eine "Wahlparty" statt, die war für alle sehr spannend.
Sándor mußte wenige Tage später nach Ungarn zurückkehren, um dort seinen Wehrdienst abzuleisten. Die Fotos, die er mit seiner Digitalkamera auf dem ehemaligen Fabrikgelände gemacht hatte, schickte er mir auf einer CD.
Ende September war ich mit Claudius im "Zone". Claudius erinnerte sich daran, wie er Rafa 1999 ein einziges Mal privat begegnet ist. Auf dem Flohmarkt verkaufte er Rafa einen Stadtplan von L., weil Rafa erzählte, daß er zum Pfingstfestival nach L. fahren wollte. Rafa soll im Gespräch ganz nett gewirkt haben.
Claudius war im Sommer 1993 auch bei der Release-Party für den Sampler "Scanning Vol. 1" in der "Halle". Rafas Bühnenshow zu dem Stück "Ganz in Weiß" gefiel ihm sehr.
"Rafa spielt dieses Lied nie mehr bei seinen Auftritten", erzählte ich. "Es ist, als wenn er etwas wegschieben will, das er damit verbindet. Das Stück, das er damals für mich gemacht hat - 'Schneemann' - spielt er auch nie, und es ist auf keinem Tonträger in ganzer Länge drauf."
Claudius hat sich den Sampler "Scanning Vol. 1" bei der Release-Party gekauft, und Ivco verkaufte ihm gleich noch das Tape "Es ist an der Zeit ...", ebenjenes, welches Ivco mir ein Jahr später auch verkauft hat.
Über die Konzerte, die Rafa heutzutage gibt, meinte Claudius:
"Die Frauen müssen weg. Und mehr Ernsthaftigkeit."
"Wenn er Schaufensterpuppen auf die Bühne stellen würde, wäre es wenigstens originell", urteilte ich.
Als ich Claudius erzählte, wie die Sängerin Tessa und später auch Berenice auf mich losgegangen sind, meinte er:
"Es wundert mich, daß du für Rafa trotz allem so eine wichtige Bedeutung zu haben scheinst."



Anfang Oktober war ich mit Claudius, Danielle und einem Bekannten von Danielle im "Restricted Area". Auf der Hinfahrt holten wir Deon ab. Deon hat in seinem Badezimmer eine Kerze stehen, die eine lange Geschichte hat. Es handelt sich um eine verstaubte Weihnachtskerze, die eigentlich "Stille Nacht" spielen soll, wenn sie angezündet wird. Irgendwann ist sie naß geworden, und seither hat sie ihr Verhalten geändert. Sie spielt nun immer "Stille Nacht", wenn das Licht angeschaltet wird. Manchmal ist sie etwas kaputt. Eine Zeitlang hat sie nur heiser und tonlos gekrächzt, wenn das Licht anging. Dann wieder stimmte sie durchdringend und klar das Weihnachtslied an. Dieses Mal warnte mich Deon:
"Die Kerze spielt jetzt Techno! Oder ... Industrial!"
Die Darbietung der Kerze bewegte sich auf der Kippe zwischen Ansätzen der wohlbekannten Melodie von "Stille Nacht" und dem heiseren, überschlagenden Krächzen. Das Lied war seiner Struktur nach kaum erkennbar, dennoch gab es so etwas wie Verse und Strophen. Hingerissen versuchte ich, diese Klänge nachzuahmen. Ich möchte das unfreiwillige kompositorische Meisterwerk aufnehmen und von Derek versampeln lassen.
Für das "Restricted Area" hatte ich mich in rote und schwarze Spitze gekleidet. Weil es sehr kalt war, hatte ich ein Cocktailjäckchen aus Taft übergezogen, bei dem es sich eher um eine Schärpe mit Ärmeln handelt, ein Kleidungsstück im Stil der Fünfziger Jahre. Es paßte gut zu dem langen weiten Tüllrock mit der Spitzenkante.
Tricky zupfte an meinem Cocktailjäckchen und fand es nicht gut, daß ich so kompliziert angezogen war:
"Da braucht man doch voll lange, um das alles auszuziehen."
Das erinnert mich an einen Brautmoden-Handel, der nur Kleider mit Reißverschluß anbietet, weil dem Bräutigam das Aufknöpfen zu lange dauere.
"Wo ist denn da die Stimmung hin?" frage ich mich. "Eigentlich ist doch das mühselige Auspacken ein Zeichen der Wertschätzung für das, was ausgepackt wird."
Kurz nach unserem Erscheinen im "Restricted Area" begann Rafas Auftritt. Alles wirkte routiniert, auch die Gestik und Mimik von Rafa. Die Herren trugen ihre immergleiche Bühnengarderobe, Sakko und weißes Hemd. Die Damen hatten die gewohnten rosafarbenen Kleider an. Alle trugen ihre Sonnenbrillen, Rafa das Modell in Blau.
Marie-Julia betrachtete Rafa und meinte, er sehe "irgendwie ernst aus".
Am Merchandize-Stand traf ich Ivco und Carole. Carole ist im achten Monat schwanger. Ihr Kind ist ein Mädchen und wird Dina heißen.
Ivcos Bruder Leslie war auch im "Restricted Area". Leslie erzählte, schon vor zwanzig Jahren habe er spitze Schuhe und Garderobe im Stil des New Wave getragen, als einer der Ersten. Heutzutage gehe er nur noch sehr selten aus.
Ivco ist damit beschäftigt, "Im Netz" zu lesen. Ihm gefällt vor allem, daß er keine Rechtschreibfehler findet. Das sei ungewöhnlich.
"Als ich die Geschichte von Jochen Hockerfuß gelesen habe, mußte ich zum ersten Mal lachen, während ich vor einem Computer saß", erzählte Ivco. "Das ist mir noch nie passiert."
Er finde es beeindruckend, wie ich meine Furcht vor dem Sockenschuß beschreibe und mich gleichzeitig über ihn lustig mache.
"Wahrscheinlich mache ich mich deshalb über ihn lustig, weil ich mich vor ihm ernsthaft fürchten mußte", vermutete ich.
Ivco erkundigte sich, ob meine Gespräche mit Rafa wirklich so stattgefunden haben oder nur meine Träume und Gedanken widerspiegeln.
"Das ist alles echt", gab ich Auskunft. "Die Gespräche sind genauso abgelaufen, Wort für Wort."
"Nicht schlecht."
"Nur die Namen habe ich natürlich verändert. Das habe ich mehr nach Gefühl gemacht, wie es mir einigermaßen zu passen schien. Die Namen passen sicher nicht immer ganz zu ihrem Träger. Aber in der Wirklichkeit passen die Namen ja auch nicht immer. Ich finde zum Beispiel, daß mein Name nicht zu mir paßt."
"Also, bei deinem Namen denke ich an etwas Kleines, Leichtes, Niedliches", erwiderte Ivco. "Das paßt schon."
"Mit sich selber ist man eh kritischer. Die Umwelt sieht das meist weniger kritisch."
Ivco ist beim dritten Kapitel angekommen. Er erinnerte sich, daß er damals, als die beschriebenen Ereignisse sich zutrugen, viel in Brasilien war.
"Deshalb komme ich in der Geschichte wahrscheinlich gar nicht vor", vermutete er.
"Ach - doch, du wirst schon vorkommen."
"Bis wann geht die Geschichte denn?"
"Die endet nicht."
"Du mußt doch jetzt schon unglaublich viel Zeit in diese Geschichte investiert haben - wenn man bedenkt, wie lang sie ist."
"Am längsten dauert das Kürzen der Rohtexte", erklärte ich. "Es geht darum, einen roten Faden aufzubauen, damit das wirklich literarisch wird und nicht nur irgendein Gelaber."
"Also, die Gefahr sehe ich nicht, wenn ich an das denke, was ich schon gelesen habe."
"Dann bin ich ja erleichtert."
Als Rafa "Arbeit adelt!" vortrug, hatte er den Stock, mit dem er auf sein Ölfaß eindrosch, endlich so fest umwickelt, daß er sich nicht mehr in seine Bestandteile zerlegte. Rafa forderte das Publikum auf, die Ölfässer zu bearbeiten, die im "Restricted Area" als Tische dienen. Das erinnerte mich an Noisex, bei dessen Konzert ebenfalls auf diese Ölfässer eingeschlagen wurde, allerdings brachialer.
Neu in Rafas Repertoire war das Stück "Ein Mensch aus Glas", das sich mit der Informationsgesellschaft beschäftigt. Rafa beschreibt einen Menschen, der transparent wird. Die Damen hielten Schilder in die Höhe, auf denen abwechselnd Aufforderungen standen wie "Kaufen!" oder "Schlaf weiter!". Zu "Schlaf weiter!" sang Rafa im Flüsterton.
Marie-Julia verfolgte aufmerksam das Konzert und fragte schließlich:
"Wo ist eigentlich die Band, die heute auftreten soll?"
"Das ist die Band, was du hier siehst", erklärte ich.
"Aber ich sehe doch nur Rafa und die beiden Frauen."
"Da hinten ist auch noch Dolf."
"Ach, da ... habe ich eben gar nicht gesehen."
Berenice und Kitty durften nur selten singen. Danielle gefielen die beiden überhaupt nicht. Sie wußte nicht, daß eine von ihnen Rafas Freundin ist. Claudius fand den Gesang der Damen nichtssagend und störend. In den Titeln, die Rafa vortrug, sah er durchaus Hit-Qualitäten und meinte, es fehle an einem fähigeren Promoter.
"NDW ist voll in", meinte Claudius. "Und wenn man bedenkt, was für Schrott sich in den Charts 'rumtreibt ..."
"Britney Spears präsentiert die perfekte Leere", meinte ich. "Ihrer Darbietung fehlt jegliche Aussage, und das Ganze wird professionell verpackt und serviert."
"Eben, professionell. Und die Leute fahren drauf ab. Es kommt eben darauf an, wie man es verpackt."
Gelungen fand Claudius die Interaktion mit dem Publikum, als runde graue Luftballons mit W.E-Bandlogo in die Menge geworfen wurden.
Merlon fiel auf, daß die Gestelle mit je zwei Dreiecken aus Leuchtröhren, unter denen die Damen rechts und links in der Ecke stehen mußten, von diesen selbst gedreht wurden.
"Dann haben sie wenigstens Beschäftigung", deutete Merlon.
Auf Verlangen des Publikums kamen zwei Zugaben, danach verschwand Rafa von der Bühne und tauchte vorerst nicht mehr auf. Berenice sprang nach vorn herunter und Jas in die Arme, der dicht vor der Bühne stand. Sie begrüßte ihn betont stürmisch. Anschließend zogen die beiden Damen sich um und begannen mit dem Abräumen der Bühne. Dolf räumte ebenfalls mit ab und zwei weitere Herren, Rafa jedoch blieb verschwunden und überließ den anderen Bandmitgliedern die gesamte Arbeit. Erst als nur noch schwere Kisten und andere große Teile dastanden, kam er hervor und faßte mit an. Dadurch strafte er Ivcos Vermutung Lügen, er helfe deshalb nicht mit, weil er seinen Rücken schonen müsse.
Ein Absperrband "sicherte" den Korridor zwischen Bühne und Seitenausgang. Draußen wartete ein Kleintransporter. Rafa lief mit eiligen Schritten hin und her. Er trug ein T-Shirt und eine Lederjacke. Einmal kam er so dicht an mir vorbei, daß ich ihn kurz am Ärmel fassen konnte. Ich drehte mich weg und sah, daß er sich im Weitergehen umwandte und nachschaute, wer es gewesen war.
Cyra hatte inzwischen ihren Platz am DJ-Pult eingenommen, das sich zwischen Bühne und Seitenausgang befindet. Rafa kam zu ihr hinters Pult und redete mit freundlichem Lächeln und in einem höflichen Tonfall mit ihr. Cyra hat mir später erzählt, daß Rafa sie fragte, wie es ihr gefallen habe, und daß er sich bei ihr bedankt habe.
"Dieses Mal mochte ich ihn", urteilte sie wohlwollend. "Da war er richtig nett. Letztes Mal fand ich ihn nur fürchterlich."
Nach der Unterhaltung von Rafa und Cyra fiel das Absperrband, und Rafa hatte immer noch hin- und herzulaufen. Ich stand vorm DJ-Pult, und einmal lief Rafa mir beinahe in die Arme, so daß ich ihn wieder flüchtig am Arm streicheln konnte. Gleich darauf gelang mir dies noch ein drittes Mal. Ich glaube, daß Berenice davon nichts bemerkt hat.
Nach dem Aufräumen waren die Bandmitglieder alle verschwunden.
Tricky versuchte, mir Rafa auszureden. Er meinte, es gebe doch so viele andere Männer, für die ich keine Augen hätte. Als ich ihm die Zusammenhänge erläutern wollte, unterbrach er mich und erhitzte sich darüber, daß ich lieber allein bleibe, als mit jemand anderem als Rafa zusammenzusein.
"Das ist immer dasselbe", erzählte ich Claudius später. "Eine bestimmte Sorte von Menschen regt sich grenzenlos darüber auf, daß ich Rafa treu bin. Dabei ist es gar nicht so, daß ich einen großen Leidensdruck an diese Menschen herantrage. Ich bleibe kühl, und die anderen kriegen sich nicht mehr ein. Die glauben sogar, ihre Argumente seien neu für mich, und sie würden mich damit wer weiß wie treffen. Das ist aber immer dieselbe Sorte von Menschen, die sich auf diese Weise aufregen. Häufig sind es Jungen, die im Geheimen für mich schwärmen, oder es sind Mädchen, die mich auf irgendeine Art verehren. Jedenfalls sind es Leute, die immer einen gewissen Abstand zu mir aufrechterhalten und sich nicht in meinen Bekanntenkreis einfügen, obwohl ihnen das angeboten wird. Meine Eltern bilden eine Ausnahme, die kennen mich näher, können meine Ansichten jedoch ebensowenig akzeptieren. All diesen Leuten ist gemeinsam, daß ich ihnen etwas vorzuleben scheine, das sie sich selbst nicht gestatten oder das sie sich nicht zutrauen. Sie ertragen es nicht, zuzusehen, wie ich gegen die ihnen vertrauten Regeln lebe. Ich scheine etwas in ihrem Weltbild durcheinanderzubringen. Es geht ihnen bei ihrer ganzen Aufregung nicht so sehr um mich als Mensch, als vielmehr um die Unordnung in ihrem eigenen Weltbild. Wenn ich irgendwen heiraten würde, den ich nicht liebe, der einfach nur äußerlich eine 'gute Partie' darstellt, fühlten sich alle augenblicklich sorgenfrei und erleichtert. Daß dieses scheinbare Glück nur eine Fassade ist, ein Kartenhaus - das zählt nicht."
Tricky hat berichtet, daß er in ein Mädchen verliebt ist, das lebe jedoch in BS. und er in H., also:
"Vergiß' es."
"Wieso?" fragte ich.
"Mensch, das sind siebzig Kilometer."
"Ja und?"
"Mensch, da können wir uns doch nur am Wochenende sehen."
"Das ist doch hervorragend."
Tricky scheint mit wesentlich anderen Maßstäben zu messen als ich.
"Ich bin alleine durchaus lebensfähig", erzählte ich. "Aber viele Menschen gehen überhaupt nur mit jemandem zusammen, um nicht allein zu sein."
"Wie ich", sagte Tricky.
Ein Mädchen, das kürzlich mit Tricky zusammengewesen ist, meinte:
"Für mich ist nur wichtig, daß ich das, was ich tue, vor mir selber verantworten kann."
Da fühlte ich mich verstanden und bestätigte, ebenso hielte ich es auch.
Als ich Cyra von der Geschichte "Im Netz" erzählte, die Ivco und Kappa inzwischen auch kennen, wehrte sie heftig ab:
"Oh, bloß keine Geschichten! Bloß kein Klatsch und Tratsch! Klatschgeschichten haben mich kürzlich beinahe um einen sehr, sehr guten Freund gebracht. Es ist immer besser, gar nicht erst etwas zu wissen! Je weniger man weiß, desto sicherer ist man."
"Die Geschichte im Internet ist keine Klatschgeschichte in eigentlichen Sinne", hielt ich dagegen. "Sie ist als Kunstwerk konzipiert. Und Kunst enthält immer Privates, sonst wäre es keine. In der Kunst wird immer etwas Privates öffentlich, denn Kunst wendet sich an ein Publikum. Bauhaus haben das in 'Spirit' so eindrucksvoll formuliert: 'We love our audience'."
Dazu nickte Cyra.
"Die Internet-Geschichte kann sogar Mißverständnisse verhindern", fuhr ich fort. "Darin steht die Wahrheit, so wie sie ist. Wenn die Leute nämlich keine Geschichten erfahren, denken sie sich einfach selbst welche aus, und die stimmen meistens nicht."
"Das ist richtig."
"Da halte ich es doch für besser, die Dinge klarzustellen, so wie sie sind."
Cyra wird von vielen Leuten gekannt und von vielen Leuten verehrt, und sie weiß, wie es ist, eine "öffentliche Person" zu sein, auch wenn sie sich selbst nicht als "Promi" betrachtet. Ich frage mich, ob sie wie ich schon von klein auf erlebt hat, wie es ist, immer und überall aufzufallen. Es ist vorstellbar, daß sie in ihren Kinder- und Jugendjahren lange Zeit "mitschwimmen" konnte und erst später, als sie das DJ-Pult eroberte, "Star-Attribute" bekam. Für mich ist das Bekanntsein vertraut von Anfang an, ich bin immer aus der Reihe und zwischen die Stühle gefallen und mußte früh lernen, mir meinen Platz zu sichern und mich zu behaupten. Ich habe das, was man als "Berühmtheit" bezeichnet, zuerst von seiner Schattenseite kennengelernt und erst später entdeckt, daß daraus auch Beliebtheit werden kann.
Im "Restricted Area" begegnete mir ein Mädchen namens Amber, das mich aus dem "Elizium" vom Sehen kennt und später über Cyra persönlich kennenlernte und das Claudius ebenfalls schon lange kennt. Amber war vor zehn Jahren mit Rafa bekannt und erzählte mir, sie habe ihn zwischenzeitlich aus den Augen verloren. Sie bedauerte, daß Rafa nicht mit Sanna zusammengeblieben ist. Daß Rafa mit Sanna nur zweimal für wenige Wochen liiert war, wußte sie nicht.
Cyra spielte Wave-Stücke wie "Are friends electric" von Gary Numan, "TV treated" von Neon Judgement, "Tanzen" von Tragic Error und "Wahre Arbeit, wahrer Lohn" von den Krupps - das Vorbild zu "Arbeit adelt!" von Rafa.
Mir fiel ein, daß Rafas Clubhit "Deine Augen" wahrscheinlich von "Blaue Augen" von Ideal abgeguckt ist.
Während der Heimfahrt erzählte Claudius, wie vor längerer Zeit jemand vor einem von Rafas Konzerten rief, man solle noch den Sockel für Dolf herholen.
"Das war ein Sockel, wie ihn Elefanten im Zirkus haben", vermutete ich, weil Dolf auf einem PR-Foto so "vergrößert" zu sehen ist. "Damit ist das Kasperltheater perfekt. Wenn man jemanden, der klein ist, auf einen Sockel stellt, erniedrigt man ihn, anstatt ihn zu vergrößern! Nik Kershaw oder Steve Naghavi würden sich nie einfallen lassen, sich auf einen Sockel zu stellen."
Ich dachte darüber nach, daß ich Dolf schon sehr lange flüchtig kenne, mir aber nie ein zuverlässiges Bild von ihm machen konnte. Ob und wie man Dolf als Persönlichkeit, als Funktionselement oder als Phänomen beschreiben kann, bleibt für mich unklar.
Chandra hat am Telefon erzählt, daß Lisa am 29. September um die Mittagsstunde ein gesundes Töchterchen zur Welt gebracht hat, das Amaryllis genannt wurde.
"Sie sieht so aus wie ich als Baby", erzählte Ida, als Chandra ihr den Hörer gab.
Darien hat seine Internetseite neu gestaltet, gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin in HST. Er hat erstmalig eine Kurzbiografie mit Foto ins Netz gestellt. Die Texte wirken lebendiger und persönlicher als die auf seiner früheren Internetpräsenz.
Für meine Internet-Domain fand Darien viel Lob. Das läßt mich staunen, ist doch Darien ein Profi auf dem Gebiet und weiß, auf welch komplexe Weise man eine Internetseite gestalten kann. Vielleicht gefällt ihm gerade die minimalistische Gestaltung, wo die Inhalte nach vorne rücken und Design-Elemente in den Hintergrund treten. Die Seite ähnelt mehr einem Buch als einer Internetpräsenz.
An Donar mailte ich:

Was Perversion und Perfidie angeht, so habe ich mich schon mit 11 Jahren ausführlich über KZ-Greueltaten informiert, ebenso über Inquisitions-Praktiken und später auch allgemein über totalitäre Systeme. Den Film 'Gesichter des Todes' habe ich mir dann nicht mehr angesehen; überflüssig; denn ich bin inzwischen längst zu der Erkenntnis gelangt:
"Alles, was denkbar ist, hat sich auch schon irgendwer ausgedacht oder umgesetzt. Jede vorstellbare Form der Perversion hat sich auch schon irgendwann irgendwer vorgestellt; man kann nichts Grausiges mehr erfinden, was nicht schon erfunden wäre."
Heutzutage setze ich mich mehr mit den theoretischen Hintergründen auseinander und mit den Strukturen, die wir im Lebensalltag finden. Ivo Fechtner hat einige Persönlichkeitsmerkmale, die ihm im Nazireich durchaus zu einer Karriere hätten verhelfen können. Er hat Minderwertigkeitsgefühle, und er möchte gerne den großen, wilden Mann spielen. Sowas wurde damals gesucht für alle möglichen Posten und Pöstchen.
In dem Dokumentarfilm "Architektur des Untergangs" wird dargestellt, was Hitler aus Deutschland wahrscheinlich machen wollte: eine Mischung aus Jägerstübchen, antiker Tempellandschaft und heidnischer Kultstätte - Kleinbürgertum, Olymp und Odins Festsaal -, was ungefähr so gut zusammenpaßt wie eine rosa umhäkelte Klorolle auf der Rückablage eines Porsche. Dieses bizarre Gemisch hat auch etwas Faszinierendes, ähnlich wie die DDR-Kultur. Auf Dokus über Propaganda aus der NS-Zeit oder der DDR-Zeit stürze ich mich auch heute noch zu gerne. Auch der schrille 50er-Stil mit den verlogenen Heile-Welt-Heimatfilm-Klischees fasziniert mich. Oder sowas Unbeholfenes, Verunglücktes wie "Raumpatrouille Orion", wo in jeder Folge gesoffen wird, aber bitte Schnaps pur!
Übrigens habe ich nicht versucht, das Video zurückzukriegen, das Ivo Fechtner damals in einer Annonce zum Verkauf angeboten, sich von mir aber nur geliehen hatte. Das liegt daran, daß ich mit Ivo Fechtner nichts mehr zu tun haben will und daß meine Schwester zum Glück das gleiche Video nochmal hat. Es ist also nicht ganz verloren.
Wirklich, Ivo Fechtner sollte man keinen kleinen Finger reichen. Vor Jahren hat er zwei Türschlösser an meinem Auto demoliert (vorm "Zone" in HF., wo er sonst nie ist, nur damals einmal ausnahmsweise da war, und sonst passiert da nie was; kommt wer anders einfach nicht infrage).
Was Alienne betrifft, so soll sie in der Tat ihren - damals frisch getrennten - Freund Roy mit einem Küchenmesser bedroht haben, als sich die beiden auf ihrer Geburtstagsfeier Anfang Februar gestritten haben.

Mitte Oktober trat Dirk I. als Dive in HI. im Veranstaltungszentrum "Lagerhalle" auf. Die Location befindet sich im Obergeschoß eines ehemaligen Firmengebäudes. Dive spielte im Rahmen einer Tanzparty.
Vor der Garderobe war ein Merchandize-Stand. Ich schaute mir die CD's an. Dirk kam dazu, in einer schwarzen, schaumstoffähnlichen "Technojacke" mit roten Streifen auf den Ärmeln. Darunter hatte er ein kurzes T-Shirt an, das die Taille frei läßt. Diese Teenie-Garderobe wirkt wie auf ihn zugeschnitten, so jungenhaft sind sein Aussehen und sein Auftreten. Wenn man es nicht wüßte, käme man nicht darauf, daß er schon vierundvierzig Jahre alt ist, also "auf die Fünfzig zugeht".
"He", lächelte er mir zu, und ich kraulte ihm zur Begrüßung die Flanke.
Ich fragte ihn, ob "Lies in your eyes" sein neuestes Werk ist, und er bestätigte das. Ich kaufte das Mini-Album, was ich ohnehin vorgehabt hatte.
Auf dem Cover schaut Dirk dem Betrachter tief und gefährlich in die Augen, wie er es auf vielen Fotos tut. Diese Mimik erinnert mich an ein Kätzchen, das Drohgebärden übt.
"Süüß!" haben bestimmt schon viele Frauen gedacht, wenn sie Dirk so gesehen haben.
Cyra begrüßte mich und erzählte, daß sie vorhin mit Dirk in einem chinesischen Restaurant zu Abend gegessen hatte. Ihre Laune war sehr gut und blieb sehr gut.
Cyra legte auf und spielte viel rhythmischen Electro. Ich tanzte unter anderem zu "Plasticity" von Frontline Assembly und "Disolución" von Dulce Liquido.
Dirk hatte unterdessen fertig aufgebaut. An seinem Konzert hatte er sichtlich Spaß, nicht zuletzt wegen des begeisterten Publikums. Die "Technojacke" zog er aus, so daß die Damenwelt etwas zu gucken hatte. Es wurde getanzt und getanzt. Dirk brachte auch von den DJ's fast vergessene Klassiker wie "Power of Passion".
Nach dem Auftritt unterhielt sich Cyra mit Dirk an der Theke, und ich kam kurz dazu.
"Das Konzert war schön", sagte ich zu Dirk.
"Danke schön", lächelte er.
"Es war geil", setzte ich hinzu.
"Geil", wiederholte er, als hätte ihm schon jemand dieses Wort beigebracht.
Dirk gehört zu den Musikern der traditionsreichen belgischen Electro-Szene. Sie haben vor allem in Deutschland viele Fans. So ergibt es sich, daß einige dieser Musiker etwas Deutsch lernen.
Cyra legte später noch einmal auf und brachte unter anderem Industrial wie "Nataraja" von MS Gentur. Beim Tanzen wurde ich mehrmals gestört von einem punkig gestylten Mädchen, das augenscheinlich betrunken war. Es versuchte auf hämische Art, mich nachzumachen. Ich beschloß nach einer Weile, nicht mehr auszuweichen, sondern mich zur Wehr zu setzen. Absichtlich tanzte ich in der Nähe des Mädchens, und als es mit dem Spiel wieder anfing, packte ich es von hintem im Genick, schüttelte es und schrie es an:
"Sag' mal, hast du ein Problem oder was? Wenn du nicht sofort damit aufhörst, hole ich die Türsteher! Noch einmal, dann -"
Das Mädchen zog sich zurück und störte mich nicht mehr. Später kam es noch einmal an und erzählte, das vorhin sei "gar nicht so gemeint" gewesen.
"Dann halte Abstand", sagte ich ruhig und trocken.
Es ließ mich fortan in Ruhe.
Nach einer "lauen Phase" wurde die Musik wieder etwas lebendiger. Es lief eine frühe Version von "Wahre Arbeit, wahrer Lohn" von den Krupps. Dirk tanzte nun auch mit, ein wenig unsicher. Er schien sich unter anderem deshalb zu trauen, weil er schon einige Biere hinter sich hatte.
Als es ans Verabschieden ging, umarmte ich Cyra und ging hinters DJ-Pult zu Dirk. Er hatte sich wieder seine "Technojacke" angezogen.
"Tschüß", sagte ich zu ihm und gab ihm die Hand, "bis zum nächsten Mal. Till next time."
"Till next time."
Er drückte mich und gab mir ein Bussi auf die Wange.
"So sind die Jungs richtig", dachte ich. "Nett, charmant und geeignet, die trübe Stimmung ein wenig zu vertreiben."

In einem Traum war ich in einem Bürogebäude, so ähnlich wie die Büroabteilungen in den älteren Gebäuden auf der Arbeit. Saara war auch dort. Rafa begegnete mir in einem Flur und erzählte mehreren Leuten etwas über Zeitungsartikel aus den Fünfziger Jahren. Er suchte einen bestimmten Artikel aus der Zeitung vom Vortag. Ich stand dicht bei Rafa und konnte ihn streicheln. Als er nach draußen ging, folgte ich ihm langsam und zögernd, in einem Abstand von mehreren Metern. Nacheinander hielt Rafa mir zwei Schwingtüren auf, was ihn viel Anstrengung kostete, weil die Türen weit störrischer waren, als Schwingtüren das gewöhnlich sind - sie schnappten ihm immer wieder entgegen. Und weil ich so weit von ihm weg war, mußte er sie mehrmals in kurzen Abständen wieder aufstoßen, um sie mir offenhalten zu können. Es schien ihm aber ein inneres Bedürfnis zu sein, mir die Türen aufzuhalten. Das wirkte zum Teil wie persönlicher Eigensinn, zum Teil wie der Entschluß, die Türen zu beherrschen, zum Teil auch wie sein Anspruch an sich selbst, höflich zu sein, besonders mir gegenüber.
Etwas später begegnete ich Rafa noch einmal in jenem Flur. Saara unterhielt sich allein mit ihm, ganz ins Gespräch vertieft. Ich streichelte Rafa wieder und ging dann weiter, um den Zeitungsartikel zu suchen, den er haben wollte. Das war aber ein Hindernisrennen. Mal hatte ihn eine Kollegin im Büro, wollte ihn aber für sich selbst, und mal bekam ich nur lauter andere Zeitungen und nicht das, was ich suchte. Im Suchen wachte ich auf.

Ich frage mich, ob das Offenhalten der Türen im Traum symbolisch verstanden werden kann.
Constri weiß inzwischen, daß ihr Kind ein Mädchen wird, Denise soll es heißen. Den Namen hat sie ausgesucht. Sie fragt Derek immer wieder, ob ihm auch Namen einfallen. Er redet dann aber nur Unsinn. Vor einiger Zeit schlug er den Namen "Eva Braun" vor.
Giulietta hat ihr Diplom als Mulitmedia-Designerin geschafft. Constri und ich waren im Hörsaal der Fachhochschule dabei, als sie ihre Diplomarbeit präsentierte. Der Hörsaal befindet sich in einem ehemaligen Expo-Gebäude und ist kühl, etwas futuristisch und schlicht gehalten, ein - wie ich finde - passender Rahmen für die Präsentation moderner Kunst. Giulietta hielt mit Hilfe eines Laptops und eines Beams einen Vortrag über ein selbst gestaltetes Kartenspiel, dessen Figuren Fische in verschiedenen Kostümen sind. In der Wartezeit zu Beginn ließ Giulietta fein gezeichnete Fische in einer Reihe über die Leinwand schwimmen. Sie berichtete dann über die Geschichte des Kartenspiels und über die Opern, die sie in dem Kartenspiel verarbeitet, mit Fischen als Darstellern. Die Vielgestaltigkeit ihrer künstlerischen Arbeit, die durch die überall auftretenden Fische eine durchgehende Linie erhält, begeistert mich immer wieder aufs Neue.
Mit Terry war ich im "Zone". Claires Laune hatte sich gebessert. Sie war mit Cal in AC. beim diesjährigen "Maschinenraum"-Festival gewesen, auf das ich wegen der schmutzigen, stickigen Location verzichtet habe. Letzten Berichten zufolge soll es ein Ende haben mit dem Bunker, in dem das Festival nun schon mehrmals stattfand; er soll als Location gesperrt werden, da die Sicherheitsvorkehrungen - etwa im Hinblick auf den Brandschutz - nicht ausreichend sind. Nun steht zu hoffen, daß die Leute, die das Festival veranstalten, auf die Suche nach einer geeigneteren Location gehen.
Donar scheint ein starkes Bedürfnis zu haben, möglichst heftig über Ivo Fechtner zu lästern. Er denkt sich vielseitige Schmähreden aus. Ich frage mich, was einen Menschen dazu bringen kann, einen anderen als "randvolle Abfalltonne" zu bezeichnen.
Donars Bedürfnis, über Ivo Fechtner herzuziehen, könnte einem Groll entspringen, den Donar in sich trägt und den er nicht hinter sich lassen kann. Vielleicht ist Donar unzufrieden mit sich selbst, weil er lange mit Ivo Fechtner befreundet war und nicht damit rechnete, daß Ivo ihn eines Tages hintergehen würde. Vielleicht hielt Donar früher große Stücke auf Ivo Fechtner und fühlt sich nun auch von seiner eigenen Wahrnehmung getäuscht. Ende Oktober mailte Donar:

Ivo Fechtner ist gar nichts. Sein einziges Talent ist Organisieren, sprich die Talente Anderer für seine Zwecke einzuspannen. Seine Worte und Handlungen passen nicht zusammen.
Wer den großen Nationalsozialisten verkörpern möchte, sollte auch die "Tugenden" dieser Lehre leben, sprich sportliches Leben, Unterstützung der Kameraden etc. Politische Arbeit betreibt er nicht; er ist halt ein Wendehals, der sein Segel ständig in die ihm Vorteile bringende Richtung dreht. Seine Leute nutzt er nur aus und bringt sie als Dank noch ständig in Schwierigkeiten.
Aliennes Aggressionen interpretiere ich als Wunsch nach dem "starken Mann", der ihr Grenzen setzt. Bin erst mit ihr klargekommen, nachdem ich sie mal zur Sau gemacht hatte. Ihr Ex Roy ist ein ruhiger, unscheinbarer kleiner Kerl, quasi Fechtner in devot. Habe während der "legendären" NS-Party im "Exil" mit ihr getanzt, 'rumgeknutscht, Hand auf dem Po etc. Roy stand keine fünf Meter entfernt. Keine Ahnung, ob mit Billigung, zumindest ohne Reaktion.
Fechtner bezeichnet Roy als seinen besten Freund. Als ob er die Bedeutung dieses Wortes jemals erfassen könnte.
Fechtner wird inzwischen von allen möglichen Leuten gemieden. Er bekommt nur noch die abgef...testen Typen. Vorzugsweise aus der dunkelbraunen Ecke, Skinheads, vorbestrafte Rechtsradikale etc.
Die haben, genau wie er, nichts mehr zu verlieren und freuen sich über jeden Kontakt. Was kann schlimmer sein, als in diesem Lande vom Staatsschutz durch die Mangel gedreht zu werden?
Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Tätigkeit seinerseits als agent provocateur. Er versucht schon seit Jahren, alle Leute immer wieder in straftatrelevante Situationen zu bringen. Das kann kein Zufall mehr sein.
Habe ihm diesen Monat zwei Tiefschläge versetzt: Habe einen Musikvertrieb informiert, Ivo Fechtner verkauft Lieder meines alten Industrial-Projekts als seine eigenen. Der Vertrieb ist eingestellt, Ivo Fechtner ist bei diesen wichtigen Leuten blamiert. Aus dem gleichen Grunde habe ich einen seiner Ebay-Accounts schließen lassen. Nachdem ich Anfang 2001 auf Distanz gegangen bin, hat er sich die Freundschaftskopie meiner 98er CD genommen, das Ganze in ein braunes Artwork gesteckt und vertreibt es in einer im Werk professionell gepressten 500er (!) Auflage.
Er kann diesen Schrott jetzt nicht mehr unbemerkt verkaufen. Nur Konzerte bleiben ihm noch als Vertriebsweg, aber auch dort habe ich Bekannte, die viel unterwegs sind und mich informieren.
Ich könnte vor Gericht Schadensersatz einklagen, aber allein der Gedanke an seinen Anblick treibt mir das Mittagsmenue wieder hoch. Ich möchte den Kerl einfach aus meinem Gedächtnis streichen.
Mein Gefühl sagt mir aber, in der winzigen Industrial-Szene kann man sich auf Dauer nicht aus dem Wege gehen ...
Sammle in der Zwischenzeit alte Filme, vorzugsweise s/w, Vampir, Werwolf, NS / DEFA. Auch heute noch strahlen die alten Propagandafilme eine Art brutale Faszination aus, die gewisse Schauer erzeugen kann. Die gezeigte Allmacht, die bedingungslose Unterordnung unter einen einzigen Zweck ...
UFA und DEFA nehmen sich hier nicht viel, waren doch großenteils die gleichen Fachleute involviert. Auch die "Orion"-Folgen der Sechziger weisen noch einen starken Kasernenhofton auf. Da wird befohlen, herumgebrüllt, die Hierarchie gelebt und wirklich gesoffen, es gibt einen Gestapo-mäßigen Geheimdienst.
Mich interessiert das Tier im Menschen, das durch "Erziehung" nur mit der dünnen Kruste der "Zivilisation" unter Kontrolle gehaltene Raubtier.
Ich überwache Ivo Fechtner in einer E-Group. Da suchte er per Mitte August 2002 eine Begleiterin fürs "Verlies".

Ich mailte:

Daß man Ivo Fechtner nicht auf Dauer aus dem Weg gehen kann, zeigt das Dive-Konzert in HI. am letzten Samstag, wo Ivo Fechtner auch war. Durch Ivo Fechtner habe ich damals Dirk I. so ein kleines bißchen kennengelernt, und seither scheint Dirk sich zu freuen, wenn er mich irgendwo sieht, und wir labern dann so ein bißchen miteinander. Durch Ivo Fechtner habe ich auch Mal kennengelernt und davon in erheblichem Ausmaß profitiert - meine ganzen Bekannten in HH. habe ich über Mal und die "Klangwerk"-Parties kennengelernt und mit denen schon viele schöne Stunden abgefeiert, tiefgehende Gespräche geführt sowie Erfahrungen und Wissen ausgetauscht. Nur Ivo Fechtner selber spielt im Leben dieser Menschen keine Rolle (mehr).
Tanzveranstaltungen, die unter der Regie von Ivo Fechtner stattfinden, sind kurzlebig. Im "La-Tekk's" hat er es sich verdorben durch den Auftritt von Predominant und Genocide Organ, die extrem geschmacklose Snuff-Filmchen abgespielt haben. Im "Inferno" hat Ivo Fechtner es sich verdorben, als er Blood Axis auftreten ließ, ein Konzert ohne eigentlichen Skandal, aber mit ultrarechter Propagandaumbauung, und das war für Amun Hotap nicht akzeptabel. Das "Exil" ist auch für längere Zeit auf Eis gelegt worden, nachdem Ivo Fechtner dort Ende 2000 seine Naziparty inszeniert hat. Ich hatte Kappas Gemahlin Edaín schon vorgewarnt, aber die meinte, Ivo Fechtner werde da nicht auflegen. Na, von wegen. Ivo Fechtner marschierte zum DJ hinters Pult und betätigte sich da, und andauernd mußte man sich irgendwelche Hitlersamples anhören. Lange bin ich da nicht geblieben, nach einer Stunde hat es mir gereicht.

Am nächsten Abend fuhr ich mit Ray nach HH. zu "Stahlwerk". Dieses Mal gab es im Rahmen der Veranstaltung ein Festival, das in einer anderen Location im "Megamarkt" stattfand, eine Treppe tiefer als die Tanzparty. Die Tanzparty fand wie sonst oben auf dem Dachboden statt. Das weitläufige Foyer, das die Locations verbindet, wird bei solchen Veranstaltungen zu einer Art Marktplatz, wo es etwas zu essen gibt, wo es Stühle und Tische gibt und Merchandize-Stände. Constri, Derek und Rikka waren schon am Nachmittag zum "Megamarkt" gefahren, weil Derek auf dem Festival mit seinem Projekt "Missratener Sohn" auftrat und sich noch vorbereiten mußte. Es war sein erster Auftritt, und er rannte offene Türen ein, weil die Leute, die die "Stahlwerk"-Parties besuchen, immer gern zu seinen Stücken tanzen. Im Hintergrund der Bühne lief ein experimentelles Video, das Constri für ihn gedreht hat, vorwiegend Weißes Rauschen, durchsetzt mit Aufnahmen von Fabrikruinen. Derek lieferte eine One-Man-Show an Keyboards und Mikrophon, und er konnte das Publikum schnell für sich gewinnen. Die Stücke waren abwechslungsreich und so rhythmisch, daß sehr viel und ausdauernd getanzt wurde. Darien und einige andere fotografierten, Constri stand hinten im Saal an ihrer Kamera und filmte. Ich war mit Tanzen beschäftigt.
Derek schien der Auftritt Spaß zu machen, und er überzog die gesetzte Zeit, zur Freude des Publikums. Die CD, die Derek als Konzert-Edition am Merchandize-Stand von Rufus ausgelegt hatte, wurde gleich nach dem Auftritt lebhaft verlangt, und alle Exemplare wurden verkauft sowie einige von Dereks früheren Alben.
MS Gentur und Synapscape folgten mit ebenfalls sehr rhythmischer Musik; es wurde getanzt und getanzt, bis alles müder und müder wurde und es auf zwei Uhr zuging. Als Synapscape "Picklenash" spielten, war Constri auch kurz vorne bei mir vor der Bühne und tanzte mit.
Daß Rikka Derek beim Auf- und Abbauen helfen konnte und als Fahrerin und Trägerin gebraucht wurde, schien ihr gut zu tun. Sie lief mit ihrem lila Backstage-Bändchen am Arm herum, in praktischer Garderobe, und faßte geschäftig mit an. Ich kann mir vorstellen, daß sie sich sehr freuen würde, wenn sie auch einmal bei einem Festival auftreten könnte. Bislang hat sie noch nichts Derartiges geplant und es sich wohl auch nicht recht vorstellen können. Rikka macht vorwiegend Musik im Trance-Stil.
Im Foyer begrüßten mich zwei Jungs in martialischem Schwarz, mit pechschwarzen Sichtschutzbrillen. Ich fragte den größeren der beiden, wer er sei.
"Donar", antwortete er.
Wir umarmten uns lachend zur Begrüßung, und ich begrüßte auch seinen Freund Sasso. Sasso kennt mich, wie Donar, vom Sehen von den "Klangwerk"-Parties. Ich meinte, zuerst hätte ich bei ihrem Anblick an "Men in Black" gedacht, dann an die "Blues Brothers".
"Nicht an Front 242?" fragte Donar.
"Stimmt", erinnerte ich mich. "Richard 23 sieht auch ungefähr so aus."
Die beiden Jungen erzählten, daß Ivo Fechtner ihnen regelrecht auf die Nerven gehe. Er komme immerzu an und fordere sie als Gesprächspartner, und irgendwann bringe er das Gespräch auf das Dritte Reich und unternehme Versuche, sie "zu Nazis zu erziehen".
Donar erzählte, daß Sasso und er seit 1991 mit Ivo Fechtner Kontakt haben. Ihm sei erst nach vielen Jahren klargeworden, wie niederträchtig Ivo Fechtner tatsächlich sei. Er zeigte sich erstaunt, daß ich damals nur wenige Wochen brauchte, um über Ivo Fechtner im Bilde zu sein.
"Das lag daran, daß er so früh gegen mich intrigiert hat", erklärte ich. "Wenn jemand intrigiert, wird er sofort und unwiderruflich aus meinem Bekanntenkreis entfernt. Er hat Malda gegenüber oft geklagt, daß ich mit ihm nicht mehr reden will, aber ich habe zu Malda gesagt, daß ich selbst entscheide, mit wem ich zu tun haben will und daß ich mit Ivo Fechtner nichts zu tun haben will."
"Warum findet der dann immer wieder Dumme, die auf ihn 'reinfallen?" fragte Donar.
"Ich würde es noch nicht einmal als ''reinfallen' bezeichnen", meinte ich. "Wenn jemand höflich zu einem ist, dann ist man auch höflich zu dem, das ist eine Sache der Umgangsformen. Und wenn Ivo Fechtner wirbt und Geschenke macht, kann man nicht wissen, wie niederträchtig er in Wirklichkeit ist."
Donar meinte, Ivo Fechtner sei noch nicht einmal ein richtiger Nazi, weil er saufe und sich nicht sportlich betätige und immer dicker werde. Ich kann mir vorstellen, daß Donar sehr auf sein Äußeres achtet und schon etliche Stunden mit Kraftsport zugebracht hat.
Ein anderer Baum von einem Mann, in martialisches Schwarz gekleidet, war Darien, dessen neu erworbene schwarzrandige Brille dem Erscheinungsbild einen sensibel-intellektuellen Anstrich gibt und gleichzeitig wie ein freches modisches Accessoire wirkt. Darien hatte seine Lebensgefährtin Dera mitgebracht, die wie Darien im Informatikbereich arbeitet. Sie hat sich inzwischen von ihrem Mann getrennt und sich endgültig für Darien entschieden. Dera hat aus ihrer Ehe eine Tochter namens Cicely, die bei ihr und Darien in HST. lebt. Schon zweimal war Dera mit Darien auf Veranstaltungen in HH. und jetzt das erste Mal mit bei "Stahlwerk". Für VNV Nation kann sie sich auf jeden Fall begeistern, abstraktere Klänge findet sie zumindest interessant. Sie sieht gut aus, ist groß, schlank und blond, und sie war schlicht gekleidet in Hose und Pullover. Sie machte auf mich einen recht ausgeglichenen Eindruck. Sie erzählte, daß Darien auf die gemeinsame Internetseite ein Orakel gestellt hat, das durch einen Zufallsgenerator betrieben wird. Vorwiegend sei es Darien, der kreative Impulse einbringe; sie selbst habe eine technisch orientierte Ausbildung und sei nicht so sehr mit kreativer Arbeit befaßt.
Heyro freute sich:
"Sie ist die beste Frau, die Darien jemals hatte."
Darien hat auf seiner Internetseite eine Abteilung über einen "Helden" gestaltet. Dieser "Held" ist dargestellt als schematisiertes Portrait eines Ritters. Es gibt über zweihundert Abbildungen, durch die man sich durchklicken kann; auf jeder sieht man dieses Portrait und darunter einen Satz, der eine Eigenschaft des Helden beschreibt, wie etwa:
"Ein Held ist verletzbar."
Ich fragte Darien, wie er auf diese Idee gekommen ist.
"Das habe ich mir in meinem ganz düsteren, depressiven Phasen ausgedacht", berichtete er. "Das ist eine Sammlung, die über Jahre hinweg entstanden ist."
"Wer ist denn mit dem 'Helden' gemeint?"
"Das ist mein Idealbild, dem ich nacheifern will."
"Du möchtest also so werden wie der Held."
"Ja."
"Das habe ich mal so ähnlich gemacht. Ich habe eine Figur entwickelt, der ich bestimmte Eigenschaften zugeschrieben habe, und dann habe ich mich immer in diese Richtung bewegt, bis ich mit dieser Figur identisch wurde."
"So weit bin ich dem noch nicht nahe gekommen."
"Aber in einigen Punkten doch! Einige dieser Eigenschaften treffen auch auf dich zu."
Ich schilderte, wie ich der Figur eines "Helden" in der Geschichte "Wirklichkeit" eigenes Leben eingehaucht habe und daß ich mehrere Aspekte von mir in mehreren Personen untergebracht habe.
"Und dann habe ich ein Negativ von mir gebraucht", setzte ich hinzu, "ein Schattenbild, ein Gegenstück. Und das ist Rafa. Das habe ich nach und nach festgestellt, als ich ihn kennengelernt habe. Er übernimmt in der Geschichte die Rolle meines Gegenstücks und paßt genau dort hinein."
Als Constri im Foyer saß und sich ausruhte, kniete Darien neben ihrem Stuhl, und sie unterhielten sich. Constri erzählte mir später, sie habe einen erstaunlichen Wertewandel bei Darien feststellen können. Früher habe er stets betont, etwas Wichtigeres als die Arbeit gebe es für ihn nicht. Heutzutage steht für ihn die Familie an erster Stelle.
"So gut gestimmt habe ich Darien noch nie erlebt", meinte sie. "Bisher wirkte er immer depressiv auf mich - und jetzt gar nicht."
Nach dem Festival erzählte Mal mir oben im Tanzraum, daß er an neuen Projekten arbeitet. Er will außerdem seine frühen "Notstandskomitee"-Tapes bald als CD herausbringen. Die Originale sollen inzwischen bei Ebay gehandelt werden. Was die "Kombinat"-Veröffentlichungen angeht, soll es schwierig sein, die rechtliche Grundlage für eine Neuveröffentlichung abzusichern, da an diesen Projekten Mals frühere Sängerinnen mit beteiligt waren, und zu denen hat er den Kontakt verloren.
"Tom Ellard hatte deswegen auch schon Frust", berichtete Mal. "Nach dem Ende von den Severed Heads hätte er die alten Sachen gerne wieder herausgebracht, hatte aber die Rechte nicht. Da hat er das Zeug einfach für lau ins Netz gestellt und mir gesagt, ist alles auf mp3, kannst du dir mal eben das Gesamtwerk von den Severed Heads kostenlos 'runterladen! Und das sind Sachen, wo ich teilweise seit einer Ewigkeit hinterherlaufe ..."
Ich bat Mal, mir das auch zu brennen, weil ich ebenfalls nach einigen dieser Stücke seit Langem suche.
"Eine Textzeile der Severed Heads ist mir besonders im Gedächtnis geblieben", erzählte ich, "'Please don't live in the past.' Das ist für mich so etwas wie die Gesamtaussage der Musik der Severed Heads."
Mal erinnerte sich auch gleich an diese Textzeile, die zu dem Titel des Albums "Clifford darling, please don't live in the past" von 1985 gehört. Ihm bedeutet die Vergangenheit sehr viel. Jemand sagte kürzlich über Mals gut verkaufte aktuelle Vinylsingle "Haushalt und Technik":
"Du bist aber retro."
"Ich bin nicht retro", widersprach Mal, "ich bin original."
Er versteht sich als überdauernder Träger der Kultur der Achtziger Jahre, ähnlich wie Rafa es tut, der die Vergangenheit nicht nur idealisiert, sondern regelrecht mystifiziert.
Mal würde gern mehr Zeit für seine künstlerische Arbeit haben. Sein Job ist für ihn mehr oder weniger lästige Pflicht zum Geldverdienen. Ich meinte, ich könne meinem Job durchaus etwas abgewinnen und würde dadurch viel Wissen ansammeln, hätte aber gern mehr Zeit für Kreativität.
Ytong soll mit seiner Lebensgefährtin aufs Land gezogen sein. Seine künstlerische Arbeit soll er keineswegs aufgegeben haben.
Der Roman "Wirklichkeit", von dem ich Darien erzählt habe, ist inzwischen fertig, nach fünfundzwanzig Jahren. 1977 habe ich mir vorgenommen, eine Geschichte zu schreiben, die genauso ist, wie ich sie lesen will. Das ist mir gelungen, seit ich die Hauptfigur kenne. "Wirklichkeit" habe ich auch online gestellt.
Tarek erzählte am Telefon, daß er nach wie vor mit seiner Dauerfreundin Vanadis zusammen ist, daß sie jedoch einen Internet-Liebhaber hat.
"Wenn sie mich betrügt, verlasse ich sie", kündigte Tarek an.
"Wie ich dich kenne, kommst du doch immer wieder zu ihr zurück", meinte ich.
"Ich habe mich auch schon mal getrennt", gab Tarek zu bedenken.
"Du kennst Vanadis acht, neun Jahre", entgegnete ich. "Da ist viel Vertrautheit, die euch verbindet. Und du neigst zu Abhängigkeitsbeziehungen. Außerdem betrügt sie dich längst. Selbst wenn sie noch nicht die Möglichkeit hatte, mit ihm ins Bett zu gehen - entscheidend ist doch, was im Kopf passiert, und sie flirtet andauernd mit dem Internet-Freund. Du sagst ja selber, daß mit dir und Vanadis im Bett seitdem nichts mehr läuft."
Ich bezweifle, daß Tarek in der Lage ist, Vanadis vor die Wahl zu stellen - er oder der Internet-Freund. Ich bezweifle, daß Tarek zu einer derart konsequenten Haltung in der Lage ist. Ich sagte ihm unumwunden, daß er wieder klagen und jammern, aber nichts wirklich ändern wird. Ich denke, falls eines Tages doch zwischen Tarek und Vanadis Schluß ist, hat entweder sie ihn verlassen, oder er hat sich die nächste launische, hochfahrende, klammerige und zurückweisende Freundin gesucht, mit der er eine neue Abhängigkeitsbeziehung eingeht.
Donar mailte:

Die "wilde Jagd" ist erstmal beendet; Ivo Fechtner verhält sich totenstill im Internet, auf Veranstaltungen ist mir keine Sichtung gemeldet worden / vorgekommen.

Die Freundin, mit der er Ivo Fechtner im Juni dieses Jahres gesehen hat, beschrieb Donar folgendermaßen:

Optisch ein schwerer Schlachtkreuzer mit Runenamuletten, Freya Aswyn mit CO² aufgepumpt. Ich glaube nicht, ich könnte sie hochheben!
Sie ist von einer erschreckenden Naivität, kann oder will nicht erfassen, mit WEM sie da zusammen ist.

Über die "Stahlwerk"-Parties mailte Donar:

Da mache ich mit Freunden immer nur einen Auftritt; "unidentified men", wie Front 242. Da herrscht sowieso "anti-communication", also tanzen und tanken, und dann runter von der Bühne!

Nachts war ich bei der Halloween-Party im "Zone". Überall standen liebevoll geschnitzte, echte Kürbislaternen mit flackernden Kerzen im Inneren. Die hatten am Vortag die "Rausschmeißer" hergestellt, in sechsstündiger Arbeit.
Cyra und Les wechselten sich am DJ-Pult ab. Cyber traf ich mit Sheryl und einer ihrer Freundinnen. Sheryl ist sechsundzwanzig Jahre alt und hat mit Cyber den zweijährigen Sohn Joyce. Cybers ältester Sohn Yves ist sechs Jahre alt, lebt nach wie vor bei Yvette und ist dieses Jahr in die Schule gekommen. Yvette hat noch keine wirklich ernste Beziehung, nur etwas eher Lockeres mit einem langhaarigen Blonden.
"Yvette ist sehr jung, die kann immer noch den Richtigen finden", meinte ich.
"Jung?" fragte Cyber. "Sie ist fünfundzwanzig."
"Sage ich ja!"
"Na gut, wenn man das mit uns vergleicht ..."
Cyber geht nur noch sehr selten aus. Er erinnert sich gern an die Tanznächte in einem Jugendzentrum in Lhg. und im "Read Only Memory" Anfang der Neunziger Jahre, die er organisierte oder - in Lhg. - mitorganisierte. Er ging damals in T-Shirt und wadenlanger Pluderhose, wie Xentrix das heute noch tut. Jetzt wirkt Cyber ein wenig unterfüttert, trägt einen ordentlichen Kurzhaarschnitt und ist gekleidet mit leichtem grauem Anzug und korrektem Hemd, im "Business-Look". Er ist der Ernährer seiner gesamten Familie.
Sheryl hat keine Ausbildung und möchte gern eine machen, wagt sich aber noch nicht so richtig daran. Sie erzählte, ihr Elternhaus sei belastend und schwierig gewesen, sie sei früh auf sich allein gestellt gewesen und habe Geld verdienen müssen.
Cyber wünscht sich manchmal, mit allen Mitgliedern seiner "Patchwork-Familie" in ein großes Bauernhaus zu ziehen.
"Da muß man konfliktfähig sein", meinte ich. "Da gibt es immer Eifersüchteleien und dergleichen."
Das kennt Cyber schon von seinen Söhnen. Yves fühlt sich durch Cyber etwas zurückgesetzt, weil er nicht wie Joyce bei Cyber lebt, sondern bei Yvette.
Als ich mich verabschiedete, fragte Les:
"He, wo ist dein Zopf?"
"Heute habe ich den nicht, weil ich ein Band drin habe, das vom Material her auf mein Oberteil abgestimmt ist."
"Wir sagten gerade, hast wieder schick getanzt", meinte Les, der gerade mit Dismas, den ich aus dem "Radiostern" kenne, im Gespräch war, "auch ohne Zopf. Aber nächstes Mal kommst du wieder mit Zopf!"
In diesem Jahr machten wir zu Allerseelen unseren Friedhofsspaziergang, weil ich am Tag zuvor, Allerheiligen, einen Kurs hatte, der bis in die Abendstunden dauerte. Gesa erzählte von Vivence, die ich durch Merle kenne und die Gesa durch mich kennt. Vivence ist das, was ich als "tragische Figur" betrachte. 1994 wollte sie ihren dreiunddreißigsten Geburtstag groß feiern und verschätzte sich mit der Zahl der Gäste. Sie hatte viel mehr eingekauft, als gegessen werden konnte. Es waren sechs Gäste, einer von ihnen war ich, in Merles Schlepptau; ich hatte Vivence vorher gar nicht gekannt. Vivence schien es schwerzufallen, ihre Mitmenschen einzuschätzen. Sie redete fast ununterbrochen, ohne dabei die Menschen, mit denen sie redete, wirklich anzusprechen. Sie hörte auch ihren Gesprächspartnern nicht zu. Wahrscheinlich wirkte sie deshalb so einsam auf mich.
Gesa meinte, wenn Vivence rede, könne man nichts anderes tun, als still dazusitzen. Ich gab Gesa recht. Obwohl Gesa sehr wenig sagt, ist es doch möglich, sich mit ihr zu unterhalten, wenn man geduldig genug ist. Vivence jedoch fehlt diese Geduld sicher.
An Donar mailte ich:

Nein, als "anti-communication" erlebe ich "Stahlwerk" nicht, im Gegenteil - wenn ich nicht auf der Tanzfläche bin, bin ich nur mich am unterhalten, wie damals bei "Klangwerk". Es geht mir sehr um die Musik und auch sehr um die Leute, die ich da treffe. Für mich lohnt es sich immer, vier Stunden bei "Stahlwerk" zu bleiben. Ihr wart ja wirklich schnell weg, ihr "unidentified men".
Wußtest du übrigens, daß Ivo Fechtner mal einen Leibwächter hatte? Da hat der im "Elizium" aufgelegt, und neben ihm stand der Leibwächter, und als er wegwollte, hat der Leibwächter über Handy nach draußen vor die Tür telefoniert:
"Er kommt jetzt raus."
Weshalb er den Leibwächter hatte, weiß ich nicht - ob wirklich jemand hinter ihm her war oder ob er sich das nur eingebildet hat.

Ich erzählte Donar von einer anderen seltsamen Persönlichkeit, dem Sockenschuß:

Der Sockenschuß ist seit 1993 aus der Szene verschwunden, war vorher aber lange drin, über zehn Jahre. Der heißt eigentlich Jochen Hockerfuß und war mal mit Marilene zusammen (kann 1992 gewesen sein). Ende 1987 habe ich den Sockenschuß flüchtig kennengelernt, im "Base" (wo heute das "RAPsody" drin ist), als Sonderling mit selbstgenähten Klamotten. Er hat damals in LG. Wirtschaftsinformatik studiert und für dieses Studium rein gar nichts getan, ist auch so gut wie nie nach LG. gefahren. Anfang 1988 hat er sich für ein paar Wochen in der Wohnung von Constri und mir eingenistet, mit der Folge, daß ich mich fast nicht mehr zu Hause, sondern fast nur noch in der Hochschule oder bei Freunden aufgehalten habe. Dauernd hat er mich belagert und wollte was von mir, obwohl ich von ihm nichts wollte; er hat auch andauernd sinnlose Streits angefangen, um mir damit Zeit und Aufmerksamkeit zu stehlen, und da habe ich ihn 'rausgeworfen. Dieser Rauswurf hat durch einen Trick funktioniert. Als der Sockenschuß wieder einmal irgendeinen sinnlosen, nichtigen Streit angefangen hat, versuchte er mich unter Druck zu setzen, indem er seine Sachen Tasche für Tasche in seine vermüllte Wohnung zurücktrug. Ich wartete seelenruhig ab, bis er mit der letzten Tasche verschwunden war, und als er dann wiederkam, habe ich ihn nicht mehr 'reingelassen. Er hat dann noch Telefonterror versucht, ich habe in diesen Fällen aber immer gleich den Stecker 'rausgezogen. Dann lief er um den Block und steckte irgendwelche Briefe in den Briefkasten, lungerte nachts vor meiner Haustür herum, lauerte mir an der Bushaltestelle und in der Hochschule auf ... Wenn ich mit meinem Kumpel Carl in BS. im "Puzzle" war, war der Sockenschuß da natürlich auch, und einmal hat er uns nachts auf unserem Weg zum Bahnhof aufgelauert. Hinter uns teilte sich das Gebüsch, der Sockenschuß kam heraus, lief hinter uns her und bewarf mich mit Steinchen und rief:
"Ich krieg' dich! Ich krieg' dich!"
Das ging fünf Jahre lang so, ich konnte nicht mehr abends alleine weg, die Polizei fühlte sich nicht zuständig - dabei sind Irre durchaus gefährlich. Und irre ist der Sockenschuß tatsächlich, psychotisch. Er hat behauptet, ich würde morgens um sechs vor seiner Haustür herumlaufen, und er selbst hat nachts vor meiner Haustür gesessen. So hat er auch vieles andere verdreht, hat etwa einen meiner Gürtel mehr schlecht als recht nachgearbeitet und sich darüber aufgeregt, ich würde ihm alles nachmachen. Zeitgleich fand sein sozialer Abstieg statt. 1988 hat er schon im Supermarkt geklaut und erklärt, in sechs Jahren werde er dank seiner hohen Intelligenz andere für sich arbeiten lassen können. In seiner Wohnung hatte er einen sperrmüllreifen Schrank, der stand offen und war leer, und davor lag ein Haufen Dreckwäsche, über die hatte er ein Tuch gelegt, damit man sie nicht sah. Den Müll hat er einfach gleichmäßig auf den Fußboden geworfen, in Ermangelung eines Mülleimers. In den folgenden Jahren soll es in seiner Wohnung immer schrecklicher ausgesehen haben. Seine Badewanne soll gefüllt gewesen sein mit leeren Spraydosen und schwarz gewesen sein von dem Ruß, mit dem er sich die Haare gefärbt haben soll. (Früher hat er dafür noch Haarfarbe genommen.) Er soll mehrere Wohnungen verloren haben, dann auch seinen Studienplatz, und Kappa hat ihn vorübergehend in der Redaktion der Zeitschrift "Inquisita" beherbergt, wo er auf dem Teppich einen Brandfleck hinterlassen haben soll. Rafa und Kappa mußten seine Dreckwäsche in einen Container werfen, nachdem Kappa den Sockenschuß hinausgeworfen hatte. Etwa 1995 habe ich in einer Obdachlosen-Zeitung ein Foto vom Sockenschuß gesehen, da posierte er als einer von zehn Bewohnern eines Obdachlosenasyls. Tagsüber hat Derek ihn häufig bei "Kaufwelt" gesehen; er schlich da nur so herum und hat den Laden wohl als Wohnzimmer verwendet. Der Sockenschuß soll mehr und mehr getrunken haben. Einmal kam er in eine Apotheke und begrüßte freudig meine Freundin Sarolyn, die dort arbeitete. Ihr war das alles andere als angenehm, zumal der Sockenschuß voll die Fahne hatte und sehr ungepflegt war. Nun hatte er es erreicht, daß andere für ihn arbeiten - als Sozialfall.
Der Sockenschuß hat mich bis 1993 verfolgt, in einem Liebeswahn. Im "Elizium" ist er im März 1993 auf mich losgegangen und hat dort Hausverbot gekriegt. In den folgenden Wochen hat er Rafa am Telefon belagert. Im Sommer 1993 hat Rafa den Sockenschuß in der "Halle" fünfmal gegen eine Säule geschleudert. Daraufhin bekam der Sockenschuß dort ebenfalls Hausverbot und hörte damit auf, mich zu verfolgen. Ich habe seither meine Ruhe vor dem Sockenschuß - etwas, das ich nicht mehr für möglich gehalten hätte. Der Sockenschuß hat sich seither auch nur noch äußerst selten in der Szene gezeigt, seit Jahren schon gar nicht mehr.

Rafa hat auf seiner Homepage ein Forum, in dem er über die Schlechtigkeit der Welt und der Gesellschaft spricht. Immer wieder fordert er dazu auf, endlich etwas zu unternehmen, um die Welt zu verbessern. Er hat mit einigen Fans eine Liste erstellt, bestehend aus 23 Verhaltensmaßregeln für die Generation von morgen. Rafas Schilderungen wirken auf mich pauschal und pathetisch, das Grauen wird als diffus und allumfassend beschrieben. Ebenso nebulös bleiben Rafas Aufforderungen an die Menschheit, wie etwa:
"Benutze dein Gehirn - jetzt!"
Rafa sieht eine Bedrohung, die überall in ihm und um ihn herum am Werke ist, die die Gehirne verändert und die Menschen umprogrammiert. Paranoid wirken diese Schilderungen jedoch nicht auf mich, vielmehr scheint es sich schlichtweg um Angst zu handeln, eine diffuse Angst vor dem Leben, vor den Menschen, vor der Einsamkeit, die dazu geeignet ist, Feindbilder entstehen zu lassen. Und Rafa baut viele Feindbilder auf. Da gibt es die Konzerne, die "Weltmacht Fernsehen", ein "Monster", den "Ballast" und das "Geschmeiß", unscharfe Begriffe von Schattengestalten. Rafa scheint sich in dieser "Monsterwelt" hilflos zu fühlen. Er sucht Bestätigung durch seine Fans und scheint sich mit seinen Predigten selbst Mut machen zu wollen. Immer betont er, daß man durchaus etwas verändern und verbessern könne, doch die Anleitungen dazu bleiben ungenau. Als Ziel wird eine allgemeine "Weltverbesserung" angestrebt, ein Ziel, das Rafa schwerlich erreichen wird, solange er sich keine Nahziele steckt, die etwas an seiner Lebenssituation verändern können.
Ich denke, Rafas Angst entsteht vor allem durch seine privaten Zukunftssorgen, weit weniger durch globale Mißstände. Er scheint die Angst jedoch gern in globale Zusammenhänge zu verlagern und dadurch auch die Verantwortung für seine Lebenssituation zu verschieben auf die gesamtgesellschaftliche Situation.
Ted rief an und erzählte, daß er zur Zeit mit Cyan keinen Kontakt haben will, weil er den Eindruck hat, daß Cyan einen Keil zwischen ihn und Marvin treiben will. Ted sieht Marvin kaum noch; Marvin soll sich auch von seinen Freunden zurückgezogen haben und fast nicht mehr ausgehen.
"Cyan steht auf dich und ist eifersüchtig, weil du Marvin liebst", deutete ich.
"Genau das sagen auch alle anderen", bestätigte Ted. "Cyan kommt mit seinem eigenen Problemen nicht klar und wendet sich deshalb nach außen und schädigt andere. Er ist nicht ehrlich zu sich selbst und wendet sich gegen die, die ehrlich sind. Damals, als wir mal wieder was miteinander hatten, haben wir am Morgen auf dem Sofa gesessen, und ich habe zu Cyan gesagt:
'Jetzt brauchst du nicht mehr zu erzählen, daß du ein reiner Hetero bist, denn das ist widerlegt.'
Da hat er gemeint, er sei nicht homosexuell, weil er nur auf mich fixiert ist und nicht auf andere Männer.
'Dann wärst du ja Ted-sexuell', habe ich gesagt. 'Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich glaube vielmehr, wenn da noch andere Männer für dich greifbar wären, würdest du die auch nehmen!'
Da hat er nur gelacht und gar nichts mehr gesagt."
Carl hat Cyan schon mehrmals in einem Gay-Kino gesehen, wo flüchtige sexuelle Kontakte geknüpft werden. Cyan soll auch schon auf Carl zugegangen sein und geäußert haben, mit ihm etwas anfangen zu wollen. Carl nimmt an, daß Cyan ihn nicht erkannt hat. Carl bremste Cyan, weil er sich nicht in das Beziehungsgefüge um Ted, Marvin und Cyan einmischen wollte.
Ted mochte gar nicht glauben, daß Cyan wirklich in dem Gay-Kino war. Ich meinte, Carl könne sich Gesichter gut merken, daher stimme es wohl. Ted konnte sich kaum vorstellen, daß Cyan ein so ausgeprägtes Doppelleben führt.
Als ich von Rafas pessimistischer Weltsicht erzählte, die er in Interviews und Liedtexten äußert, meinte Ted, das deute darauf hin, daß Rafa depressiv sei. Rafa habe die Neigung, immer nur das Negative zu sehen.
Ted berichtete, er versuche vor allem das Gute in seinem Schicksal und in den Menschen zu sehen:
"Wenn das mit Marvin in diesem Leben nichts wird, dann vielleicht im nächsten?"
Teds Bruder soll es recht gut gehen. Teds Firma soll es auch schon wieder besser gehen. Zwischenzeitlich habe sich eine krisenhafte Stimmung entwickelt.
"Was tun ist wichtig", meinte Ted. "Bloß nicht auf der Stelle stehen."
Er vermutet, Rafas "Beschwörungsformeln" wie "Benutze dein Gehirn - jetzt!", "Handle - jetzt!", "Es ist an der Zeit!" und Stücke wie die Coverversion "Es geht voran" deuten darauf hin, daß Rafa das Gefühl hat, auf der Stelle zu treten. Vielleicht versucht Rafa unbewußt, sich mit solchen Formeln aus einer lähmenden Starre herauszureißen.
Mit Saara und Danielle traf ich mich zu einem abendlichen Kaffeetrinken in der Wohnung, wo Danielle inzwischen mit ihrer Familie lebt. Die eineinhalbjährige Gwyneth ist voller Entdeckerdrang. An allen Türen und Schränken mußten Sicherungen angebracht werden.
Gwyneth sieht ihrer Mutter immer ähnlicher. Wir haben Babyfotos verglichen.
Danielle hat viele Fotos, auf denen man Mike mit seiner Tochter sieht. Er hält sie liebevoll im Arm. Das kontrastiert seltsam mit seiner Underdog-Attitüde, dem Auftritt als "Gezähmter Wilder". Mike ist ein hübscher Bursche mit Wet Gel und Haartolle, wie so ein "Früchtchen", von dem nicht viel Gutes zu erwarten ist. Beruflich hat er sich hochgearbeitet zum Leiter eines Zahntechnik-Labors. Im Grunde möchte er ein bürgerliches, in geregelten Bahnen verlaufendes Leben führen.
Danielle ärgerte Saara und mich, indem sie die CD von Rafa einlegte, die er bei einem Besuch vor Jahren in Danielles Regal versteckt hat. Saara erinnerte sich daran, wie Saara und ich Rafa 1996 an seinem Geburtstag besucht haben und wie er mich zum Klingelstreich anstiften wollte. Er wünschte, daß ich meinen Schal über den Kopf zog, bei fremden Leuten klingelte und wehklagte:
"Ich habe mich verlaufen!"
Natürlich machte ich bei diesem Spiel nicht mit.
Als Gwyneth im Bett war, hörten wir sie durchs Babyphon vor sich hinsingen. Mike kam betrunken heim und zeigte mir das Ergebnis seines "Idiotentests". Er hat vor einiger Zeit zum zweiten Mal seinen Führerschein verloren und darf ihn nach diesem "Idiotentest" wieder neu machen.
Mike hat beim ersten Führerscheinverlust über zwei Promille im Blut gehabt, beim zweiten Führerscheinverlust deutlich weniger, aber dafür hat er einen Motorradfahrer verletzt.
"He, ich bin bestimmt der erste Rockabilly, der eine Techno-Assel durch die Luft geschleudert hat!" prahlte er.
"Kannst du denn auch mit deiner Clique zusammen sein, ohne zu saufen?" erkundigte ich mich.
"Das geht eigentlich eher nicht", erzählte Mike. "Da gehört das Saufen dazu."
Als ich ihn auf seinen problematischen Alkoholkonsum ansprach, wurde er zunehmend gereizt. Danielle rügte Mike wegen seiner Aggressivität, auch um des Kindes willen. Mike behauptete, Gwyneth bekomme von alldem nichts mit. Ich widersprach entschieden:
"Gwyneth bekommt alles mit. Vor der kannst du nichts verbergen. Sie spürt die Atmosphäre."
Mike erzählte von seinem gewalttätigen, trunksüchtigen Vater, der vor Jahren einem Trinkkumpan die Kehle durchgeschnitten haben soll.
Mike wurde als Säugling beinahe von einem Nachbarn des Vaters ermordet, und der Nachbar kam für etliche Jahre ins Gefängnis. Seit seiner Haftentlassung sind Mikes Vater und der Nachbar wieder gut Freund und leeren ihre Flaschen gemeinsam.
"Bei euch waren Zustände wie im KZ", urteilte ich.
"Vergangenheit!" wehrte Mike ab. "Das tangiert mich heute nicht mehr!"
"Das stimmt nicht", widersprach ich. "Man muß dich nur anticken, dann hat man sofort das Trauma. Für dich ist das alles, was du damals erlebt hast, immer gegenwärtig, es steht dir immer vor Augen. Deshalb ist es wichtig, daß du es aufarbeitest."
"Ich bearbeite es, indem ich saufe!" erklärte Mike. "Und ich finde, es macht Spaß, sich zulaufen zu lassen! Ich werde mich immer wieder zulaufen lassen!"
"Du bist depressiv."
"Ich bin nicht depressiv! Mir geht's gut! Wenn ich saufe, geht's mir gut!"
"Und du hast ein Selbstwertproblem."
"Ich habe kein Selbstwertproblem!"
"Solche Menschen sind besonders selbstmordgefährdet."
"Hier!" rief Mike und zeigte uns Mädchen die Narben an seinem linken Unterarm. "Fünfmal habe ich es versucht und nie getroffen!"
"Das habe ich gar nicht gewußt", sagte Saara bestürzt.
"Wann hast du das erste Mal den Wunsch gehabt, dir etwas anzutun?" fragte ich nach.
"Da bin ich mit einem Auto 'rumgefahren und habe mir einen Baum ausgesucht", erzählte Mike. "Da war ich wohl fünfzehn oder sowas ..."
"Das habe ich gar nicht gewußt", sagte Danielle bestürzt.
Im Gutachten zum "Idiotentest" waren meine Vermutungen bestätigt - ein Selbstwertproblerm, ein Reifungsproblem, ein problematischer Umgang mit Alkohol und eine bereits bestehende körperliche Abhängigkeit. Mike lobte den Psychologen, der mit ihm den Test gemacht hatte. Er habe sich sehr gut mit ihm unterhalten, und er habe ihm viel mehr erzählt, als er ihm eigentlich hatte erzählen wollen.
"Es wäre gut, wenn du Therapie machen würdest", empfahl ich.
Mike meinte dazu, er würde lieber trinken, als eine Therapie zu machen. Seit seiner Heimkehr war er schon wieder beim dritten Bier angekommen.
"Wenn der so loslegt, habe ich Angst", wisperte Saara im Treppenhaus, als wir uns von Danielle verabschiedeten.
Derek war mit Rikka im "Verlies". Dort traf Derek seinen Bekannten Elliott. Elliott fragte ihn, wie sein Auftritt in HH. war und ob Ray die Synthesizer bedient habe.
"Was?" staunte Derek.
Elliott setzte hinzu, Ray sei doch der "Missratene Sohn", mache wöchentlich drei bis vier Stücke mit Derek und sei eigentlich für die Musik verantwortlich. Auch sei er mit Derek schon zwölfmal aufgetreten.
"Ich bin froh, daß Rikka dabei war", erzählte mir Derek. "Sonst hätte ich nicht geglaubt, daß Elliott das wirklich gesagt hat."
Offenbar hat Ray das Lügenmärchen in die Welt gesetzt, daß er der wahre "Missratene Sohn" sei.
"Der wollte noch schmarotzen", stöhnte Derek. "Der wollte im Backstage noch mittrinken!"
"Ich habe ihn auch aus egoistischen Motiven mitgenommen", erzählte ich. "Er hat zwar kein Spritgeld bezahlt, aber er hat dafür gesorgt, daß ich auf der Rückfahrt wach bleibe."
"Klar, der quatscht dich doch andauernd zu."
"Ja, und er sieht kräftig aus, ist also gut als eine Art Bodyguard zu verwenden. Auf der Rückfahrt hat er eine Tasse Kaffee von mir gekriegt; ich meine, man muß seinen Bodyguard ja auch ein bißchen versorgen."
"Sein Zimmer bei Onno ist fast leer, die Anlage und die Sofas gehören längst Onno, und gerade habe ich noch seinen DVD-Recorder weggeholt, sonst wäre der auch noch weggewesen."
"Schuldet er dir auch noch Geld?"
"Einhundertsiebenundsechzig Euro."
Ray muß Anfang Dezember aus Onnos Wohnung ausziehen, weil er die Miete nicht mehr bezahlen kann. Ray will zu seiner Oma ziehen.
"Der kriegt nichts geregelt, genau wie dieser komische Typ damals ...", kam Derek auf den Sockenschuß zu sprechen.
Lena wohnt gegenüber von Gilda, der Schwester vom Sockenschuß. Gilda kenne ich auch; sie führt ein geordnetes Leben als Angestellte im Versicherungswesen. Sie hat nicht die seelischen Gebrechen, von denen ihr Bruder befallen ist. Der Sockenschuß besuchte Gilda früher schon vor allem, um sich Geld zu borgen. Kürzlich hat Gilda Lena erzählt, der Sockenschuß habe im Lotto viel Geld gewonnen. Er habe seine Schwester großzügig eingeladen. Ob es ihm gelingt, veranwortungsvoll mit dem vielen Geld umzugehen, bezweifle ich. Vielleicht verwaltet Gilda es für ihn.
Auf der Geburtstagsfeier von Rufus in HB. traf ich Ciril, der durch seine Psychose sehr beeinträchtigt wirkte. Er kam betrunken zu der Feier und trank währenddessen weiter.
Cirils Alkoholsucht scheint einen ähnlichen Hintergrund zu haben wie die Alkoholsucht des Sockenschuß. Beide scheinen den Alkohol als Selbstheilungsversuch zu verwenden, als ungeeigneten Versuch, gegen ihre Wahnwahrnehmungen anzukämpfen. Bei Menschen, die an einer schizophrenen Psychose leiden, kommt das häufig vor. Schizophrenie bedeutet nicht, wie im ursprünglichen Wortsinn, eine Persönlichkeitsspaltung. Die Erkrankung ist eher vorstellbar wie ein Informationsverarbeitungsfehler in einem Computer.
"Rufus hat die Telefonnummern, falls ich durchdrehe", sagte Ciril mit brüchiger Stimme. "Aber ich dreh' nicht durch."
Fragen konnte er nicht beantworten, er war schnell irritiert und hielt sich an seiner Bierdose fest. Schließlich verabschiedete er sich und ging taumelnd davon.
Rufus und Ciril musizieren nicht mehr unter dem früheren Namen "Totale Etah Matrix", sondern unter "Stabat Mors". Mit einem Auftritt wäre Ciril gegenwärtig überfordert, so daß Rufus' Bruder Thies bei einem Live-Act für ihn einspringen müßte. Geneviève singt in einigen Stücken mit.
Rufus hatte auch Kollegen aus der Getreidemühle zu Gast. Sie erzählten, was die Unbedenklichkeit der ausgelieferten Nahrungsmittel angehe, gebe es durchaus Firmengeheimnisse.
"Ach ja, da gab es doch mal diese Getreidelieferung, wo Schimmelpilze drauf waren, und man hat trotzdem ...", erinnerte sich Geneviève und unterbrach sich sogleich:
"Darf ich das jetzt nicht erzählen?"
Am Sonntag betrat ich Rafas Chatroom. Rafa benennt auf seiner Homepage Monat für Monat einen Sonntagabend, an dem er sich in seinem Chatroom aufhält, mit Angabe der Uhrzeit. Dieses Mal nahm auch ich teil an dem Chat, unter dem Nickname "sara-h". Rafa hatte angekündigt, ab 22.23 dabei zu sein. Für mich war klar, daß Rafa sich hinter "funkhaus" verbarg, und das fand ich bestätigt durch die Art seiner Formulierungen, die sich sehr unterscheiden von denen seiner Corona. Außer uns nahmen noch etwa zehn Leute an dem Chat teil, und die sagten fast nichts. Eigentlich war es eine Unterhaltung von Rafa und mir, für ihn wahrscheinlich ebenso unerwartet wie anstrengend. Er schien sich danach zu sehnen, daß jemand mit ihm ein tiefergehendes Gespräch führte und nicht nur "hi" oder "es lebe w.e" oder "ich grüße das funkhaus" sagte.

⟨lydi⟩ guten abend frau sara-h!
⟨funkhaus⟩ psst ; )
⟨sara-h⟩ habe bislang noch nie gechattet, hat mir ein bekannter erklärt, wie diese programme funktionieren. was bedeutet psst?
⟨maeve⟩ lol
⟨funkhaus⟩ ; )
⟨sara-h⟩ ach so.
⟨funkhaus⟩ psst = leise sein, damit diese stille hier nicht gestört wird
⟨sara-h⟩ ok
⟨funkhaus⟩ natürlich alles vollkommener blödsinn
⟨sara-h⟩ ach?
⟨maeve⟩ hehe
⟨funkhaus⟩ lieber viel sprechen, damit überhaupt jemand etwas sagt!
⟨funkhaus⟩ guten abend herr / frau maeve!
⟨sara-h⟩ ok, aber das dauert eine weile, viel zeug zusammenzuschreiben
⟨funkhaus⟩ viel zeug?
⟨sara-h⟩ na ja, was man so schreibt ... man will ja nicht nur unsinn schreiben
⟨funkhaus⟩ tun sie sich keinen zwang an
⟨sara-h⟩ ok, ich lass mir was einfallen
⟨funkhaus⟩ *wart*
⟨sara-h⟩ ja ja ich beeil mich
⟨funkhaus⟩ ; )
⟨sara-h⟩ das kommt immer darauf an, welches thema gewünscht wird. ich kann zu jeden thema was sagen
⟨funkhaus⟩ dann tun sie es, ich bin ganz ohr
⟨sara-h⟩ ok dann such ein thema aus
⟨funkhaus⟩ ja
⟨sara-h⟩ und, welches?
⟨funkhaus⟩ ich dachte sie suchen eines aus
⟨sara-h⟩ ach so ... ich richte mich immer am ehesten nach dem, was die anderen hören wollen
⟨funkhaus⟩ also ich würde gerne ein thema von ihnen hören
⟨sara-h⟩ wie man erkennt, ob jemand die wahrheit sagt - wäre das ein thema?
⟨funkhaus⟩ klar!
⟨funkhaus⟩ erstmal die visuellen dinge ... rotwerden, schweiss auf der stirn, nervös sein, stottern ... etc.
⟨sara-h⟩ ok ... kürzlich hatten wir einen kurs, in dem ging es darum. und das ist verdammt schwierig. fast jede geschichte kann einem jemand erzählen ...
⟨sara-h⟩ sogar ohne rot zu werden ...
⟨funkhaus⟩ dann der vergleich mit einer frage, dessen antwort sie kennen (richtig oder falsch)
⟨funkhaus⟩ und die reaktion dann vergleichen
⟨funkhaus⟩ dann gibts ja immer noch den lügendetektor
⟨sara-h⟩ dieses gerät soll nicht zuverlässig sein
⟨funkhaus⟩ bringt aber mit allen anderen tests schon mal einen gewissen ausgrenzbereich, oder?
⟨sara-h⟩ wird allerdings nach neuesten erkenntnissen nicht mehr verwendet
⟨funkhaus⟩ dann nehmen wir noch die hypnose
⟨sara-h⟩ das gehört auch nicht mehr zum inventar
⟨funkhaus⟩ was gehört denn zum inventar?
⟨sara-h⟩ das gespräch
⟨funkhaus⟩ das meinte ich anfänglich
⟨sara-h⟩ es geht darum, das richtige zu fragen und nichts zu suggerieren
⟨funkhaus⟩ weiter geht es ja auch um das gewicht des themas, welches verschwiegen wird, oder?
⟨scream⟩ guten abend funkhaus :) ! (muss leider weiterlernen)
⟨sara-h⟩ ja, es kommt immer auf das wesentliche an, was man wirklich wissen muss
⟨funkhaus⟩ guten abend herr scream! viel erfolg beim lernen!!!
⟨funkhaus⟩ wann ist es denn von vorteil, wenn ich weiss, ob jemand lügt, wenn ich eh davon ausgehe, dass jeder lügt? ; )
⟨sara-h⟩ nicht jeder lügt. manchmal kann man über etwas nicht lügen, und was das ist, gilt es herauszufinden
⟨funkhaus⟩ ist das die wahrheit?
⟨lydi⟩ ;)
⟨sara-h⟩ wahrheit ist ein konstrukt. es bleibt letztlich die annahme, am ehesten sei dies oder jenes die wahrheit
⟨funkhaus⟩ klar, bei den dingen, die man selbst nicht als wahrheit erkennt
⟨funkhaus⟩ wenn ich ihnen sage, dass morgen ein wundervoller tag wird, ist das die reine wahrheit
⟨sara-h⟩ je mehr etwas vor allem subjektiv wahrgenommen wird, desto weniger kann es objektiv abgesichert werden
⟨funkhaus⟩ das hängt aber ganz von dem subjekt ab
⟨funkhaus⟩ oder?
⟨sara-h⟩ es gibt intuitive einschätzungen und sachbeweise, beides ist wichtig, und beides kann entscheidend sein
⟨funkhaus⟩ man sollte, gerade wenn man über vermeidbare wahrheiten spricht, gar nicht erst versuchen, objektiv zu werden ... ihre wahrheit IST die wahrheit!
*** Funkhaus left the IRC network (:Connection reset by peer).
*** w-e joined the channel.
⟨w-e⟩ klasse pcs! ; )

Es entstand eine Pause, und der nach dem Weggang von "funkhaus" neu hinzugekommene Chatter "w-e" durchbrach sie schließlich:

⟨w-e⟩ psst
⟨sara-h⟩ ist "funkhaus" zu "w-e" mutiert?
⟨w-e⟩ *lach* ja
⟨sara-h⟩ ach so, was vorher "funkhaus" hiess, heisst jetzt "w-e"
⟨w-e⟩ ja
⟨w-e⟩ das ist die wahrheit!
⟨sara-h⟩ das glaube ich dir. hat das mit den rechnern zu tun oder mit den anschlüssen?
⟨w-e⟩ wohl eher mit dem irc chat

Anscheinend war Rafa versehentlich aus dem Chat geraten und hatte sich unter dem Nickname "w-e" wieder eingeloggt.

⟨sara-h⟩ ach so. ich kenn mich, wie gesagt, nicht so aus mit diesen programmen
⟨w-e⟩ pc-technik aus den 60ern halt
⟨w-e⟩ ; )
⟨sara-h⟩ ach so, mein rechner ist ganz banal von 2001, ganz durchschnitt
⟨sara-h⟩ was ist denn gemeint mit "vermeidbare wahrheiten"?
⟨w-e⟩ wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er gleich die wahrheit spricht
⟨sara-h⟩ das ist ein interessanter spruch. ich kenne das mit "wer dreimal lügt". aber ich sage dir - auch wer dreimal lügt, sagt manchmal die wahrheit, und wann er das tut, das war inhalt des kurses
*** Tannit joined the channel.
⟨w-e⟩ guten abend herr / frau tannit
⟨tannit⟩ guten abend :)
⟨w-e⟩ aber man sollte hier die wahrheit wohl etwas mehr anzweifeln
⟨sara-h⟩ das ist richtig! es ging um die aussage eines kindes, das zuvor eine nachweisbar falsche aussage gemacht hatte und nun berichtete, vom stiefvater missbraucht worden zu sein - ob das dem kind geglaubt werden konnte ...? letztlich ja, denn die aussagequalität war deutlich anders
⟨w-e⟩ bei kindern ist die schwelle ja auch leichter zu erkennen
⟨w-e⟩ zwischen wahrheit und lüge ... genau an dieser qualität
⟨w-e⟩ hier bräuchte man wahrscheinlich einfach nur etwas mehr zu hinterfragen
⟨sara-h⟩ einiges geht leichter, anderes schwerer. kindern kann leichter etwas suggeriert werden. was nicht heissen soll, dass erwachsene vor suggestionen sicher sind
⟨w-e⟩ eine suggestion hat natürlich nicht sooooo ein fundament und ist etwas leichter zu "knacken"
⟨sara-h⟩ so ist es, das hat auch damals funktioniert, als haufenweise unschuldige menschen des missbrauchs bezichtigt wurden (ist schon etliche jahre her)
⟨cydat⟩ tach zusammen *G*
⟨w-e⟩ guten abend herr cyd.!!!!
⟨cydat⟩ namd dem funkhaus
⟨w-e⟩ ich sprach bisher eigentlich mehr von der wahrheit im privaten bereich und nicht von der von einem gericht ... obwohl unterschiede wahrscheinlich nur in dem einbezug dritter, einem denunziantismus und der strafe zu finden sind
⟨sara-h⟩ so ist es. für mich hat es auch nicht nur im hinblick auf gutachten eine bedeutung - was im kurs hauptthema war -, sondern weitgehend auch in privater hinsicht
⟨cydat⟩ meine Güte... is ja richtig text ;) *G*
⟨cydat⟩ *ma hochscroll*
⟨w-e⟩ was ist das ziel des kurses ... warum absolvieren sie ihn?
⟨w-e⟩ ; ) @cyd.
⟨sara-h⟩ das kann einem helfen, wenn man eines tages die gelegenheit hat, in nennenswertem umfang gutachterlich tätig zu sein (ist eine schöne, spannende, schwierige aufgabe). ist aber auch noch dazu für mich selbst von interesse; ich richte mich immer nach den themen aus, die mich anziehen.
⟨w-e⟩ welches gutachten wollen sie denn einmal erstellen?
⟨sara-h⟩ das waren bisher strafrechtliche gutachten, ich habe aber auch schon bei familienrechtlichen gutachten mitgemacht. außerdem gibt es kleinere gutachten jeden tag, die sich mit betreuungsrecht befassen, nichts besonderes. aber es hängt jedesmal ein schicksal daran. einmal habe ich mit dafür gesorgt, das ein kind aus einer familie herauskam, wo die mutter schon vor der geburt fürchterlich getrunken hat
⟨w-e⟩ na ja, gibt das balsam für die seele? aber aus anderen gründen macht man sowas wohl eh nicht ... ich glaube kaum, dass sie sich als die ultimative hüterin des aktuelles gesetzes sehen?!
⟨sara-h⟩ nein, es geht mir um die menschen
⟨w-e⟩ verstehe
⟨sara-h⟩ man hat manchmal die möglichkeit, etwas zu bewirken
⟨w-e⟩ ja! und diese sollte man immer nutzen!!!!!
⟨sara-h⟩ genau

Hier ergab sich eine Pause von mehreren Minuten. Rafa durchbrach sie, indem er mich fragte:

⟨w-e⟩ woher kommen sie?
⟨sara-h⟩ aus h
⟨cave⟩ hh? ;)
⟨sara-h⟩ h natürlich, gibt doch nur ein h
⟨w-e⟩ guten abend herr cave!
⟨cave⟩ funkhaus :)
⟨w-e⟩ das ist ja gleich um die ecke ; )
⟨sara-h⟩ h ist um die ecke, stimmt
⟨w-e⟩ ja
⟨sara-h⟩ h kommt mir vor wie der mittelpunkt des weltalls, will ich nie wegziehen
⟨w-e⟩ naja *lach*
⟨sara-h⟩ magst dus nicht?
⟨w-e⟩ sagen wir von niedersachsen
⟨sara-h⟩ ach ja, von nds auch
⟨w-e⟩ hm, ein "I love H."-"t-shirt" würde ich wohl nicht tragen
⟨sara-h⟩ nein, ich auch nicht
⟨w-e⟩ ; )
⟨w-e⟩ so, langsam will ich auch wieder weiter ...
⟨sara-h⟩ schlafen gehen?
⟨w-e⟩ niemals!
⟨sara-h⟩ ach, schläfst du nie?
⟨w-e⟩ doch, aber nicht demnächst
⟨sara-h⟩ ach so, du mußt morgen nicht um fünf raus?
⟨w-e⟩ normal nicht
⟨sara-h⟩ ach so, ich muß meistens so früh aufstehen
⟨w-e⟩ als "künstler" habe ich hier zum glück einige flexibilitäten
⟨sara-h⟩ die habe ich nicht, ich habe immer nur wenig zeit für kreativität, und die muß ich dann intensiv nutzen ...
⟨w-e⟩ jeder nach seiner fasson
⟨sara-h⟩ das liebe geld, und interessante arbeit hat auch was für sich
⟨w-e⟩ natürlich! arbeit adelt!
⟨sara-h⟩ und kann viel spass machen
⟨w-e⟩ das ist wohl das ziel
⟨sara-h⟩ ja
⟨sara-h⟩ aber auch das, was man zu geben hat
⟨w-e⟩ das was?
⟨sara-h⟩ was man zu geben hat, das meint, jeder kann was - hat was zu geben - und braucht gelegenheit dazu
⟨sara-h⟩ als künstler gibt man zb sich selbst
⟨w-e⟩ in dem man anderen gibt, gibt man sich immer selbst
⟨sara-h⟩ ja genau!
⟨w-e⟩ gut, dann wünsche ich ihnen und allen anderen hier eine gute nacht!
⟨w-e⟩ bis bald!
⟨w-e⟩ bis bald! ; )
⟨sara-h⟩ goodnight

Der Chat mit Rafa dauerte fast anderthalb Stunden. Ich hatte den Eindruck, daß Rafa sich gern mit mir unterhielt. Freilich schien er mich nicht erkannt zu haben.
Ein Chat ist ein "Gespräch ohne Gespräch", weil man einander nicht wirklich begegnet. Ich habe Rafa verboten, mit mir zu sprechen, solange er eine Freundin hat. Ein "Gespräch ohne Gespräch" ist die einzige Möglichkeit für mich, mir treu zu bleiben und dennoch meiner Sehnsucht zu folgen, mich mit Rafa zu unterhalten.
Einige Tage später kündigte Rafa schon seine nächste Anwesenheit im Chatroom an. Der Chat soll am 08. Dezember stattfinden, vier Wochen nach dem letzten, dieses Mal früher als gewohnt, um 21:30 Uhr.
Mitte November waren Constri und ich im "Zone". Das lange Schwangerschafts-Trägerkleid aus dunkelgrauem Samt, das Giulietta für Constri genäht hat, damit sie etwas Feines für Viviens Hochzeit hatte, paßt Constri kaum noch. Sie zieht meistens ihr anderes Trägerkleid an, das erste, das Giulietta ihr genäht hat.
Les hatte noch nicht gewußt, daß Constri ein Kind erwartet.
"Dabei erzählst du doch sonst immer alles herum", sagte Constri erstaunt zu mir.
"Ich erzähle eben nicht alles herum", widersprach ich. "Erstens habe ich dazu keine Lust, zweitens keine Zeit, und drittens rede ich auch nicht andauernd, sondern höre auch manchmal einfach nur zu, was die anderen sagen."
Les erzählte von MS Gentur. Der Musiker hinter dem Projekt MS Gentur arbeitete einst ebenso im "Zone" wie der Kollege von Les, der das Projekt "In Coma" hat.
"MS Gentur war früher Kellner hier", sagte Les.
"Und wo ist er jetzt?" erkundigte ich mich.
"In MZ."
Elaine hat sich beim Toben den Arm gebrochen und trägt einen Gips. Merle ist erleichtert, daß nichts Schlimmeres passiert ist. Als ich die beiden besuchte, saß Elaine auf Merles ausgeklapptem Bettsofa und las aus einem Kinderbuch vor.
"Wir haben kein Bett mehr", erzählte Merle. "Jetzt schlafen wir erstmal auf dem Sofa."
Merle hat Elaines abgebrauchte Polsterliege aus zweiter Hand auf den Sperrmüll geworfen, ebenso wie ihre eigene Polsterliege. Und als ich sah, was Merle von ihrer Cousine zum Ersatz in die Wohnung gestellt bekommen hat - Fragmente eines ehemaligen Ehebetts -, ordnete ich an:
"Dieser Schrotthaufen wird hier nicht aufgebaut."
Die Cousine soll auf dem Bett eine Beziehung geführt haben und kürzlich das Bett mitsamt der Beziehung abgestoßen haben. Die Bettstatt war in einem so maroden Zustand, daß mir der Begriff "durchgef...te Lustwiese" einfiel.
Wir machten uns auf den Weg, um für Elaine ein neues Bett zu finden. Ich kaufte ihr ein günstiges Bett aus unbehandeltem Holz, das uns allen gefiel, weil es einen frischen, modernen Stil hat. Elaine kann es verwenden, bis es auseinanderfällt, denn es ist kein Kinderbett. Während der Rückfahrt kam Merle in ihre "Jammer-Phase" und erzählte immer wieder, was sie alles schrecklich findet. Elaine unterbrach sie mit den Worten:
"Mama!! - Mama!! Können wir jetzt bitte das Thema wechseln?"
"Ja, laß' uns das Thema wechseln", bat ich Merle. "Laß' uns Rücksicht nehmen auf Elaine."
Merle kam von ihrem Jammern ab.
Ich versprach Merle, ihr Sarolyns Jugendbett zu bringen, jenes Bett aus schwarzem Stahlrohr, auf dem Rafa schon gelegen hat. Sarolyn hat Rafa vor etwa zehn Jahren auf dem Bett fotografiert, und eine Kopie dieses Fotos hängt bei mir an der Wand. Kürzlich hat Sarolyn mir das Bett für wenig Geld verkauft, weil sie bei sich daheim Platz schaffen wollte. Ich stellte es in den Keller mit dem Gedanken:
"Gut erhalten und hübsch; wer weiß, wem es noch dienen wird."
Merle wird für die Betten beim Sozialamt neue Matratzen beantragen. Zoë kann für Merle eine Tagesdecke aus schwarzem Pannesamt besorgen, dann paßt das schwarze Bett besser in das Wohnzimmer, das zu Merles Zimmer werden soll. Das bisherige Schlafzimmer soll ganz zu Elaines Zimmer werden.
Nach dem Einkauf haben wir bei Merle Tee getrunken. Merle zeigte mir Elaines Zeugnis vom ersten Schuljahr. Elaines soziale Kompetenz wird darin besonders hervorgehoben. In Mathematik sei sie hingegen noch unsicher.
Später am Abend war ich bei einer Orientalischen Nacht. Juttas selbstgenähte Bauchtanz-Kostüme ernten viel Bewunderung, ebenso wie ihre kunstvollen Choreographien. Dieses Mal tanzte Jutta auch Flamenco, in einem echten Flamenco-Kleid, das sie ausnahmsweise nicht genäht, sondern gekauft hatte, in Andalusien.
Mit Odette und Quentin war ich bei Sven zum Geburtstagskaffee. Wir schauten uns ein U2-Konzert von 1994 auf Video an und waren beeindruckt, wie wenig sich Bono trotz seiner überdimensionierten Bühnenshow von seinem Publikum entfernt hat. Er ließ nur einen Sicherheitsgraben von einem Meter ziehen, der im Laufe des Konzerts nach und nach verschwand, und die Bühne lag auf einer Ebene mit den Köpfen der Zuschauer. Bono sprang schließlich mitten in die Menge hinein, und gegen Ende des Konzerts folgte er einem regelmäßig geübten Ritual, indem er sich eines der Mädchen aus der Menge auf die Bühne holte und mit ihr einen Engtanz vollführte. U2-Fan Sven war sicher, daß das wirklich ein ahnungsloses, nicht eigens bestelltes Mädchen war. Bono soll in einem Interview gesagt haben, ihm sei egal, ob er mit einem so imposant ausgestatteten Konzert noch Geld verdient:
"Die Leute sollen ihre Show haben, das ist es, worum es mir geht!"
Authentizität kann ein Maß sein für die Dauer der Beliebtheit eines Musikers. "Lieblinge" des Publikums sind meist diejenigen, die sich dem Publikum nicht entziehen.
Michael Jackson schottet sich gegen sein Publikum ab und verliert mehr und mehr an Beliebtheit. Vor wenigen Jahren noch machte er durch einen Auftritt im Central Park von sich reden, in erster Linie wegen des Eintrittspreises von 7000,- Dollar pro Karte. Inzwischen erzählt man sich, daß Jackson seine Nase mit Klebestreifen zusammenhalten muß, damit sie nicht abbricht.
Sven wußte von Clark zu erzählen, jahrelang habe sich Clark von einem dreißig Jahre älteren Mann aushalten lassen und sich von ihm mit Heroin versorgen lassen. Obwohl Clark heterosexuell sei, habe er als Gegenleistung dem "Gönner" zur Verfügung gestanden und sich auf diese Weise prostituiert. Der ältere Mann habe sich gerechtfertigt, er liebe Clark doch, und er kaufe ihm Heroin, um ihn von der Drogenszene fernzuhalten. Clark hingegen soll weiterhin die Drogenszene besucht und sich noch zusätzlich prostituiert haben, ein Lebenswandel, den er nach seiner Trennung von dem älteren Mann fortsetze.
Donar mailte:

Habe Ivo Fechtner soeben den zweiten Ebay-Account geschlossen, wieder bot er die von mir geklaute CD feil. Hat selbst gerade "Superschnallen-Sandaletten, 11 cm, geeignet für High Heel Novizen, US-Größe 10" ersteigert. Wozu braucht der die?
Der von dir beobachtete Bodyguard war ein Mann fürs Grobe vom Staatsschutz. Üble Gestalt, ehemaliger Fremdenlegionär. Zeitweise wohnte der sogar bei Ivo Fechtner und ging ein und aus, wie es ihm passte. Ivo Fechtner wurde einerseits beschützt, andererseits überwacht. Der Wächter wußte persönlichste Details über Fechtner, die auf eine bereits im Vorfeld längerfristige Überwachung schließen lassen. Der ist sogar bei Fechtners Eltern aufgelaufen ... die waren fertig mit der Welt und ihrem Glauben an den Rechtsstaat.
Es klingt phantastisch ... ich gebe nur wieder, was Ivo Fechtner mir selbst erzählt hat.

Im "Verlies" war ich bei einer Future Pop Party mit Cyra und Spheric als DJ's. Cyra erzählte, Hal arbeite viel, zur Zeit an einem Reklamejingle. Auf Tournee werde er vorerst nicht sein, das Erscheinen des nächsten Albums sei auch noch nicht in Sicht.
Cyra organisiert am 08. Dezember im "Restricted Area" ein Festival mit In strict confidence und Mesh. Als ich ihr erzählte, daß ich zwar gerne zu dem Festival gehen würde, daß mir aber der Chat mit Rafa - der am selben Tag stattfindet - noch wichtiger ist, bemerkte sie:
"Krank."
"Du meinst, es ist krank, daß mir der Chat mit Rafa so viel bedeutet?"
"Ja."
"Daß ich durch den Chat endlich wieder mit ihm Kontakt haben konnte, hat mich unheimlich erleichtert. Ich werde depressiv, wenn ich keinen Kontakt zu Rafa habe. Und wenn ich dann endlich wieder auf irgendeine Art ein richtiges Gespräch mit ihm führen kann, ist das unheimlich befreiend."
Cyra nahm das zur Kenntnis.
Als ich Sasa erzählte, daß ich mit Rafa unter einem Pseudonym gechattet habe, war sie sicher, daß er mich nicht erkannt hat:
"Der merkt sowas nicht. Der nicht."
Sasa berichtete, sie habe ihre "Zehn-Jahres-Freundschafts-Party" mit Keith immer wieder verschoben, weil immer etwas dazwischengekommen sei.
Auf der Tanzfläche gab mir jemand einen Zettel, darauf stand, er heiße Haldor und wolle mich zum Adventskaffee einladen. Wie sich herausstellte, kennt Haldor Cyan, dessen Frau Catherine und Ted. Haldor ist aufgefallen, daß Cyan häufig über Homosexualität und in diesem Zusammenhang über Ted spricht und dabei regelmäßig betont, daß er selber nicht schwul sei.
Ende November war ich mit Claudius im "Zone". Les machte mich darauf aufmerksam, daß Berenice da war, ohne Rafa. Berenice trug ihr langes schmales Kleid aus Silberstoff. Ihre Haare hatte sie noch mehr gebleicht, inzwischen sind sie fast blond. Berenice war in Begleitung eines Mädchens und eines Jungen, die ich nicht kannte. Die drei standen nur zusammen und immer mit gutem Blick auf die Tanzfläche, meist auf der Bühne.
Claudius verzog das Gesicht, als ich ihm sagte, daß es sich bei der Dame im Silberkleid um Berenice handelte.
"Das sieht doch aus wie Alufolie!" fand er. "Echt daneben ..."
Claire hatte Berenice auch entdeckt und meinte, das Kleid gefiele ihr nicht.
Ich fand es seltsam, daß Berenice nicht tanzte, als Les "Monoton & minimal" von Rafa spielte. Ich hatte sie sonst immer tanzen sehen, wenn ein Titel von Rafa lief. Diesmal jedoch tanzte sie zu "Love me to the end" von Deine Lakaien, die wenige Tage zuvor in H. aufgetreten waren.
Claire hat den Mann, von dem sie vor einiger Zeit schwärmte, inzwischen näher kennengelernt, und seither ist die Sache für sie "erledigt". Der Mann sei alles andere als passend für sie.
Constri und ich waren bei Merle und Elaine, um Elaine die Päckchenkette zu bringen, ihren alljährlichen Adventskalender. Merle hat Sarolyns ehemaliges Bett im bisherigen Wohnzimmer aufgebaut, das jetzt Merles Zimmer ist. Elaines neues Bett steht im bisherigen Schlafzimmer, jetzt Elaines Zimmer. Für beide Betten hat Merle neue Matratzen besorgt.
Als Merle ihre Tochter am vergangenen Abend zum Schlafen ins Kinderzimmer geschickt hat, schlug die vor:
"Mama, ich kann doch mein Bett neben deines stellen."
"Du hast aber jetzt ein eigenes Zimmer zum Schlafen."
"Dann will ich in deinem Bett schlafen."
"Gut, dann schlafe ich in deinem Bett."
Und so kam es, daß die beiden in vertauschten Betten schliefen.
Elaine liest schon recht gut und mag Comics besonders gern. Als erstes Türchen im Kalender gab es für sie ein Comic für Mädchen zwischen neun und vierzehn Jahren. Elaine ist in ihrer Entwicklung ein wenig voraus und damenhafter als andere Mädchen ihres Alters. Sie verschlang das Comic regelrecht. Mir gefällt an diesem Comic, daß es das Image des starken, selbständigen und gleichzeitig femininen Mädchens unterstützt. Es handelt von fünf jugendlichen Heldinnen, die einzeln portraitiert werden, jede mit ihren Besonderheiten. Sie tragen den "letzten Schrei", sind dabei aber nicht überheblich, sondern verhalten sich verantwortungsbewußt und engagiert. Sie sind durchaus mal verliebt, im altersgerechten Niveau. Zu fünft träumen sie sich in eine Phantasiewelt, in der sie gemeinsam das Universum retten.
Als Gimmick lagen dem Heft Räucherstäbchen bei, die Elaine mit Begeisterung abbrannte. Sie möchte noch mehr Räucherstäbchen haben. Die können wir ihr unter den Tannenbaum legen.
Ein Jugendcomic wie das, was ich Elaine geschenkt habe, unterscheidet sich auf angenehme Weise von den rosaroten Heften, die für Mädchen zwischen vier und acht Jahren angeboten werden. Diese rosa Heftchen heißen fast alle "Prinzessin", und ich habe den Eindruck, daß die Mädchen damit für dumm verkauft werden sollen. Das Image der "Prinzessin" ist die durch hohe Geburt Privilegierte, die sich ihren Rang nicht selbst erarbeitet hat. Sie bleibt ein passives "Püppchen". Nicht von ungefähr steht der Begriff der "Prinzessin" synonym für das mißbrauchte Kind. Pädophile versuchen ihre Opfer gefügig zu machen, indem sie sie als "Prinzessinnen" bezeichnen und ihnen vermitteln, durch den Mißbrauch "geadelt" zu werden und über anderen Menschen zu stehen.

In einem Traum habe ich mich angeregt mit Rafas Mutter unterhalten. In Wahrheit habe ich sie noch nie gesehen, nur auf alten Fotos, und ich habe sie einige Male kurz am Telefon gehabt.

In einem Traum war Rafas Bruder Toto mit mehreren Verwandten und Bekannten in meiner ehemaligen Wohnung. Toto wollte sich an diesem Tag verheiraten und hatte mich zu der Hochzeit eingeladen. Toto und ich waren einander so vertraut, daß ich mir nicht vorstellen konnte, daß wir uns jahrelang nicht mehr gesehen hatten.

Saara erzählte, Svenson sei ihr gegenüber nicht aufmerksam genug, und sie denke darüber nach, die Beziehung mit ihm zu beenden. Auf meinen Hinweis, man solle in einer Beziehung über Unstimmigkeiten sprechen, um Mißverständnisse zu vermeiden, entgegnete sie, das wolle sie nicht, das bringe doch nichts.
"Ich will mir halt immer alles möglichst einfach machen", gestand Saara schließlich. "Ich weiß, daß es in jeder Beziehung Probleme gibt, aber ich will mich halt gerne davor drücken!"
Beim Einkaufen besuchte ich Henk, der draußen vor dem Frisiersalon, wo er arbeitet, eine Zigarette rauchte. Er berichtete, er freue sich, im Leben seine Ruhe gefunden zu haben. Es gehe ihm zur Zeit gut, obwohl er gerne etwas abnehmen würde und auch wisse, daß er zu viel rauche und trinke. Er sei nach wie vor allein, habe sich damit jedoch arrangiert.
Abends machte ich am Telefon mit Henk unser nächstes Treffen aus. Henk erzählte von einer etwa sechzigjährigen Kundin, die früher langes schwarzes Haar hatte und dann etwa ein Jahr lang nicht im Frisiersalon erschien. Als sie schließlich wieder da war, meinte sie, da gebe es etwas, das könne sie nicht einfach so erzählen. Henk nahm sie mit in den Raum, wo die Waschmaschinen stehen. Da zeigte sie ihm, daß sie eine Perücke trug und darunter nur kurze weiße Haare hatte, Folgen einer Chemotherapie. Und sie fing an, bitterlich zu weinen. Henk nahm sie in den Arm und tröstete sie, so gut er konnte.
"Für das Alter sind weiße Haare in Ordnung", meinte er, "und da kann man doch einen fransigen, hübschen Schnitt daraus machen ..."
Bisher war sie noch nicht da zum Schneiden.
"Aber wer weiß ...", sagte Henk.
Ich lobte ihn für sein Einfühlungsvermögen und sein teilnehmendes Verhalten.
Als ich Henk erzählte, daß ich mit Rafa gechattet habe, fand er das verwerflich, weil Rafa nicht wisse, wer ich sei. Daß Pseudonyme - sogenannte "Nicknames" - im Chat nicht nur anerkannt sind, sondern geradezu erwartet werden, quittierte Henk mit der Bemerkung:
"Dieses ganze Maschinelle in der Kommunikation - Computer, Handies, SMS - die haben die Welt nicht besser gemacht, sondern eher noch verschlimmert!"
Henk meinte, ich könne doch nicht ewig als "graue, verschleierte Jungfrau 'rumlaufen". Er empfahl mir, mich bunt anzuziehen, die Lippen in leuchtenden Farben zu schminken und nach allen möglichen Männern Ausschau zu halten. Ich hielt dagegen, daß ich das gar nicht will und mich in bunten Farben nicht wohlfühle. Das ließ Henk aber nicht gelten. Auch meinen Einwand, daß ich nicht gegen meinen eigenen Willen und gegen meine Gefühle handeln möchte, ließ er nicht gelten. Er findet, mein Verhalten sei "krankhaft".
"Liebe ist für mich etwas Selbstverständliches und nichts Krankhaftes", erwiderte ich.
Auch dies wehrte er ab. Er ließ mich kaum ausreden, und schien auch meine Ansichten nicht bis zum Ende nachvollziehen zu wollen oder zu können.
Nachts war ich im "Read Only Memory". Kappa begrüßte mich mit lebhafter Umarmung und verkündete freudig:
"Ich schreibe ein Buch!"
Darin bestärkte ich ihn und versicherte, das mache viel Spaß.
Kappa sagte, seit seine Frau ihm immer erzähle, was in meiner Geschichte im Internet so drinstehe, werde ihm bewußt, daß es in seinem Leben vieles gebe, was das Aufschreiben lohne. Er wolle es jedoch "etwas intellektueller verpacken, damit die Leute sich nicht langweilen".
"Das finde ich auch heute noch schwer", gestand ich, "von dem belanglosen Diarium-Geplänkel wegzukommen und es in eine literarische Form zu bringen. Den Rohtext schreiben ist immer leicht. Aber das dann literarisch zu fassen, das ist schwer."
Kappa möchte bei einigen Details auch meine Aufzeichnungen zur Hilfe nehmen, weil er selbst nicht mehr den genauen Überblick hat.
"Am besten ist es, man schreibt direkt mit", empfahl ich.
"Dazu habe ich keine Zeit!" erwiderte er.
"1993 habe ich wie von selbst angefangen, alles mitzuschreiben", erzählte ich. "Ich hatte mir das eigentlich gar nicht vorgenommen. Ich hatte nur das Gefühl, daß es wichtig ist, daß ich alles mitschreibe. Und dann hatte ich diese minuziöse Doku, und ich habe mir gesagt, daraus muß man doch etwas machen können!"
"Auf jeden Fall muß man daraus etwas machen!"
Kappa möchte in seinem Werk auch seine Kindheit miteinbeziehen. Die "Kokain-Phase" vor einigen Jahren möchte er nicht verschweigen, aber "blumig umschreiben". Das Kokain will er damals von Ace und seinen Kollegen beim Radiosender bekommen haben, die viel Geld verdienten und sich den Stoff leisten konnten.
"Ich glaube, du hast viel zu erzählen, was die Leute interessiert", vermutete ich.
"Vor allem mache ich es für mich", erklärte Kappa.
Er fand, daß seine "Kokain-Phase" sehr hochgespielt worden sei.
"Wenn die Leute was zum Tratschen finden, dann tratschen die drüber", meinte ich, "und über die Sache mit dem Kokain läßt sich besonders gut tratschen und lästern!"
Kappa merkte an, in meiner Geschichte gebe es einen Fehler. Nach kurzem Nachdenken erinnerte er sich:
"Ich war nie mit Rafa im Bett!"
"Das konnte man sich fast vorstellen, daß der das damals nur so 'rumerzählt hat", sagte ich dazu. "Der hat so viel Unfug erzählt ... gelogen wie gedruckt ..."
"Irgendwie stand ich immer zwischen euch", sagte Kappa nachdenklich.
"Weshalb solltest du zwischen uns gestanden haben?" fragte ich.
"Ich weiß genau, was in deinem Kopf vorgeht, und ich weiß genau, was in seinem Kopf vorgeht", erzählte Kappa. "Und ich will dem einen nicht wehtun, und dem anderen ... dem anderen ... ist sowieso nicht mehr zu helfen. Mensch, du bist hochintelligent, und der Rafa ist fertig ... der ist abgefahren ..."
"Von Rafa kriege ich fast nichts mehr mit. Der isoliert sich. Der ist kaum noch irgendwo. Der reißt seine Konzerte ab, und das war's. Der hat sehr viele oberflächliche Geschäftskontakte, aber sonst hat der kaum noch Kontakte. Der geht kaum noch unter Menschen."
"Ach, der geht schon noch aus ..."
"Und wohin?"
"Vor ein paar Tagen war der wieder zweimal bei uns ... der geht also schon noch unter Menschen ..."
Kappa erkundigte sich, wie es Constri gehe.
"Der geht es gut", antwortete ich. "Die ist im neunten Monat und kriegt im Januar ihre Tochter Denise."
"Grüße sie mal von mir", bat er mich, "und richte ihr aus, ich als Vater einer Einjährigen kann ihr sagen, das ist das Größte, das ist das Beste, das ist der Sinn des Lebens!"
"Das glaube ich. Ich finde es auch so schön, daß Constri und ihr Derek so verliebt sind wie am ersten Tag. Trotz aller Höhen und Tiefen ..."
"Die gibt es immer."
"Genau. Denise ist übrigens mein drittes Patenkind. Ich kriege selbst keine Kinder, und da ist das wenigstens etwas."
"Weshalb kriegst du selbst keine Kinder?"
"Weil ich nicht mit Rafa zusammenkomme."
"Und du willst nur von Rafa Kinder haben?"
"Ja, sicher. Selbstverständlich."
"Weshalb denn nur von Rafa?"
"Warum will denn eine Frau nur von einem bestimmten Mann Kinder haben?"
"Weil sie ihn liebt."
"Genau!"
"Meinst du denn, er ist das wert?"
"Ich würde nie sagen, daß er das verdient hat", meinte ich. "Aber die Liebe existiert unabhängig davon, ob er sie verdient hat."
"Mensch, Rafa ist doch wirklich nicht so toll ..."
"Der hat viele Fehler, ja."
"Glaubst du denn, daß das mit dir und Rafa eine Zukunft haben könnte?"
"Wenn er sich auf die Beziehung einläßt, ja."
"Aber das ist ja nun nicht sehr wahrscheinlich."
"Nein, das ist auch nicht wahrscheinlich."
"Und was willst du machen, wenn das nie etwas wird?"
"Dann bleibe ich allein."
"Mensch ... du bist hochintelligent ... und andere Mütter haben auch schöne Söhne ... wie wär's denn mit mir?" fragte Kappa erwartungsvoll. "Ach - is' Scherz! Is' Scherz!"
"Ich habe viele qualitativ hochwertige Männer kennengelernt", erzählte ich. "Aber ich belüge die nicht, und ich belüge auch mich selbst nicht. Ich bleibe lieber allein, als irgendwen zu belügen und mir Liebe einzureden, wo sie nicht ist."
"Das heißt, wenn du mit Rafa nicht zusammenkommst, ist dir das so lieber."
"Ja. Ich bleibe lieber allein, als mit dem Falschen zusammenzugehen."
"Das respektiere ich."
"Das ist schön."
"Entschuldige die indiskrete Frage ... hattest du Sex mit Rafa?"
"Man könnte sagen - fast. Er wollte es oft. Ich habe ihm aber gesagt, er muß mich erobern. Er muß mich verführen."
"Das ist geschickt ... Vielleicht nervt es ihn noch, daß er dich nicht gekriegt hat. Aber ob er deswegen zurückkommt ...?"
"Das ist nicht sicher, daß er deswegen zurückkommt."
Kappa glaubt, daß es in seinem Leben Ereignisse gibt, die er nicht in sein Buch schreiben kann, ohne es sich mit vielen Leuten zu verderben.
"Meiner Familie dürfte ich dann nicht mehr unter die Augen kommen", vermutete er, "von Angel und Maya mal abgesehen."
"Deine Frau und deine Tochter, ich glaube, die halten zu dir."
"Das denke ich auch."
"Ich erinnere mich gerade an die Geschichte mit diesem höchst zweifelhaften Darryl alias Detlev ..."
"Oh, das allein würde ein Buch füllen!" war Kappa sicher. "Und jetzt fällt mir ein, was der wirkliche Fehler in deinem Buch war ... daß ich mit Rafa nicht im Bett war, das war nicht das Entscheidende, das wollte ich dir eigentlich gar nicht erzählen ... der wirkliche Fehler war, daß Detlev dieses Mädchen tatsächlich vergewaltigt hat, nicht ihr Vater. Den Vater habe ich gesehen, der hat damit nichts zu tun. Detlev hat das auch gestanden, ich war in beiden Gerichtsverhandlungen dabei. Der hat nur zwei Jahre gekriegt, zur Bewährung ausgesetzt für dreieinhalb Jahre ... eine Schweinerei eigentlich. Und ich bin als Zeuge für unglaubwürdig erklärt worden, weil ich angeblich ein Guru bin, der die Leute wie Marionetten tanzen läßt ... der Detlev hat da ein Zeug erzählt ...!"
"Der hat dich doch völlig übertrieben verehrt."
"Der hat Sachen erzählt ... der hat erzählt, Dave Gahan ist in ihm gewesen ... und Revco ist in ihm gewesen, deshalb hat Revco die vergewaltigt ... und deshalb ist Revco in U-Haft gekommen und hat seinen Job verloren. Du kennst Revco?"
"Ja, sicher."
"Also, ich mag den ja nicht leiden. Aber sowas wünscht man doch seinem ärgsten Feind nicht."
Darryl hat es wohl so dargestellt, daß mindestens zwei Personen sich bereits mit seinem Geist vereinigt hätten. Kappa glaubt, daß Darryl an Schizophrenie leidet. Ich halte das für vorstellbar.
Im "Read Only Memory" traf ich auch Bertine und ihren Freund Hakon. Die beiden wollen kurz vor Weihnachten in eine gemeinsame Wohnung ziehen. Kinder sind geplant.
Am Sonntag mailte ich an Donar:

Wie hast du es denn geschafft, Ivo Fechtner einen Ebay-Account zu schließen? (Ich kenne mich bislang mit Ebay noch nicht aus.)
Was alles an den Bodyguard-Geschichten dran ist ...? Inwiefern der Verfassungsschutz da beteiligt war?
Meinst du wirklich, Ivo Fechtner arbeitet als agent provocateur? Ich kann mir schon vorstellen, daß er dem Verfassungsschutz solche Dienste angeboten hat, aber ob diese Dienste auch gefragt waren, da bin ich mir nicht so sicher ...

An Shara mailte ich:

... ich habe mir was Superkitschiges gekauft! Eine Madonnenfigur aus Plastik, unter einem Plastik-Sturz, wo oben drauf ein Kreuz eingeschliffen ist, das Ganze auf einem Sockel aus silbernem Plastik, mit dem Aufkleber "God Is Love". Wenn man die Figur kurz schüttelt, fängt die Madonna an zu blinken, denn sie hat im Inneren eine orangegelbe Glühlampe ...
Ist das nicht schön kitschig??







.

Am Sonntagabend betrat ich als "sara-h" Rafas Chatroom um die von ihm angesetzte Zeit - 21:30 Uhr. Rafa erschien erst später im Chatroom - so spät, wie er sonst erschienen war, nicht so früh, wie er eigentlich angekündigt hatte. Er nannte sich wieder "funkhaus". Der Chat lief folgendermaßen ab:

⟨tron⟩ ich habe nachgedacht, wir brauchen keinen Alkohol, um unsere Probleme zu vergessen, schließlich gibt es den erholsamen Schlaf
⟨tron⟩ das bezahlt deine Krankenkasse ...
⟨bitstream⟩ was ist, wenn deine probleme so groß sind, dass du noch nicht mal mehr schlaf findest?
⟨tron⟩ das wage ich zu bezweifeln
⟨bitstream⟩ ich bin jetzt schon wegen so nem müll 3 tage am stück wach
⟨tron⟩ vieleicht solltest du weniger trinken
⟨tron⟩ alk ist ein schlafkiller, da es den kreislauf anregt
⟨bitstream⟩ ich trinke nicht viel
⟨tron⟩ das würde deinen geistigen zustand erklären
⟨bitstream⟩ gestern ne halbe flasche sekt (dafür auf ex)
⟨tron⟩ früher hat man schlafentzug als folter eingesetzt
⟨bitstream⟩ es ist auch eine folter
⟨bitstream⟩ ganz klar
⟨tron⟩ nach spätestens einer woche geht es einem sehr sehr sehr schlecht
⟨tron⟩ nach ein paar wochen ist man tot
⟨laser⟩ das erklärt ja meinen Zustand der letzten Wochen
⟨tron⟩ der schlaf und der traum ist als wenn man seine festplatte aufräumt
⟨bitstream⟩ deine reserven sind dann ausgebraucht
⟨tron⟩ im schlaf ist dein hirn teilweise sehr aktiv
⟨tron⟩ es werden übrigens drogen die zu einer muskellähmung führen ausgeschüttet im schlaf
⟨tron⟩ was bei schlafwandlern nicht so richtig klappt
⟨gigi⟩ doch doch
⟨gigi⟩ :)
⟨tron⟩ eigentlich geht die wissenschaft heute davon aus, daß dem so ist
⟨tron⟩ immerhin spricht dafür, daß babys 16 h schlafen und alte leute nur noch 4-6 h
⟨tron⟩ babys lernen viel mehr
⟨bitstream⟩ schon richtig
⟨tron⟩ du solltest mehr schlafen
⟨tron⟩ es wird dir gut tun
⟨tron⟩ ich weiß, wovon ich rede, ich hab jahrelang in 4 schicht gearbeitet und weiß, was schlafdefizit anrichtet
⟨bitstream⟩ glaub ich nicht ...
⟨bitstream⟩ jeden abend wenn ich mich schlafen lege ist mein kopfkissen nach 15 minuten total vollgeheult
⟨bitstream⟩ und morgens frag ich mich wieso es mich überhaupt noch gibt
⟨tron⟩ wie alt bist du?
⟨tron⟩ 17?
⟨bitstream⟩ @Tron exakt
⟨tron⟩ vielleicht ist das noch pubertätsbedingt, dein körper macht eine große umstellung durch in dieser zeit
⟨tron⟩ die erste liebe, der erste sex, die erste enttäuschung, leistungsdruck in der schule = keine einfache zeit
⟨bitstream⟩ @Tron nun ja, ob mein körper grade viel durchmacht, weiss ich nicht
⟨laser⟩ O Gott es spricht Mr. Psychologe!
⟨tron⟩ außerdem sind die zeiten scheinbar komplizierter geworden, weil man überall per fernsehen seine nase drin hat
⟨bitstream⟩ würde ich mich nach dem fernsehen richten, würde mir nicht so viel an der person liegen, die ich liebe
*** Icequeen joined the channel.
⟨tron⟩ "liebe" war früher nicht so wichtig wie heute
⟨bitstream⟩ das sehe ich anders
⟨tron⟩ früher wurde man mehr oder weniger verheiratet, es wurde mehr mit dem kopf entschieden, weniger wie die tiere
⟨icequeen⟩ guten abend
⟨tron⟩ hi icequeen! :)
⟨bitstream⟩ @Tron guck dir doch mal diese ganzen 14-25 jährigen leute an
⟨laser⟩ He was soll das denn heißen!
* Tron ist 25 ;)
⟨icequeen⟩ hey vorsicht, ich bin auch erst 19
⟨bitstream⟩ ein großteil von denen ist doch nur auf den schnellen sex aus
⟨bitstream⟩ ich rede ja auch von nem großteil und nicht von allen generell ;P
⟨tron⟩ ich denke, das war in den 60ern / 70ern schlimmer
⟨icequeen⟩ *rechne, ich denk du bist 25??
⟨tron⟩ ín den 80ern waren wir sogar dank aids richtig verkrampft
⟨tron⟩ darum hat man ja auch den newromantik gemacht
⟨icequeen⟩ schreiben hier echt nur 3 1/2 leute? wasn mit dem rest?
⟨icequeen⟩ bin das erste mal hier mit im chat
⟨tron⟩ das sind bots oder schlafmützen ;)
⟨icequeen⟩ warum sollten hier bots drin sein?
⟨laser⟩ Bin auch das 1. Mal hier ...

Die Chatter tauschten sich darüber aus, wo sie wohnten und welche Discotheken sie kannten. Gigi kam auf eine bevorstehende Veranstaltung zu sprechen:

⟨gigi⟩ was ist denn am 14.12. von w.e????

Die anderen Chatter gingen darauf nicht ein, sondern tauschten sich weiter über Discotheken aus, nun vor allem über Parties in H. Tron lobte Rafa als DJ:

⟨tron⟩ rafa kann sehr schön auflegen, er kümmert sich eher darum, was die Gäste hörn wolln
⟨gigi⟩ jo, rafa ist echt cool als dj
⟨icequeen⟩ *g manchmal zu cool
⟨tron⟩ aber richtig geil legt rafa nur ausserhalb auf!
⟨tron⟩ @Gigi kannst Du dich noch an die Party in OL. erinnern, wo er auflegte im kleinen Bereich?
⟨tron⟩ das war sooooooooooooo geilö
⟨icequeen⟩ wegen seiner sonnenbrille hat er immer net gesehen, wem er allet auf die füße gelatscht ist ... nen kumpel von mir war irgendwann recht sauer@tron
⟨gigi⟩ na klar!
⟨gigi⟩ das war genial!
⟨tron⟩ hehe
⟨gigi⟩ aber auch, als er im großen saal aufgelegt hat
⟨tron⟩ dolf sollte mal auflegen, aber er kommt wahrscheinlich nicht an den Plattenteller ran hrhr
⟨icequeen⟩ nix gegen dolf
⟨tron⟩ magst Du ihn? dann musst du dich aber hinter Gigi anstellen ;)
⟨icequeen⟩ muss ich?
⟨tron⟩ Gigi, muss sie?
⟨gigi⟩ klar!
⟨gigi⟩ *böseguck*
⟨gigi⟩ mein dolfi!
⟨icequeen⟩ eher nicht *lächel
⟨gigi⟩ bitte?
⟨icequeen⟩ wie gut kennste ihn denn?
⟨tron⟩ sie ruft da fast täglich an, glaub ich *g*
⟨icequeen⟩ hmm nur so, oder ist da mehr?
⟨tron⟩ das weis nur gigi
⟨icequeen⟩ bzw seit wann ruft sie da oft an?
⟨tron⟩ seit ich ihr ein W.E-Tape gegeben habe und darauf die TelNummer stand oder so ähnlich wars glaub ich
⟨icequeen⟩ gigi, bitte antworte mir, ist mir recht wichtig ...
⟨gigi⟩ warum ist das wichtig? haste was mit dolf? :)
⟨icequeen⟩ naja , war gestern mit ihm eigentlich im "nowhere" verabredet
⟨gigi⟩ eigentlich?
⟨icequeen⟩ er war nicht da
⟨tron⟩ vieleicht hast du ihn übersehen, so wie ich Gigi immer ;)
⟨icequeen⟩ sicherlich nicht
⟨gigi⟩ wie gut kennst du dolf denn?
⟨icequeen⟩ recht gut
⟨tron⟩ dann sag endlich, wie er nun wirklich mit vornamen heisst :)
⟨icequeen⟩ hab ihm versprochen, dass net weiterzusagen ....
⟨sara-h⟩ ich weiss es eh
⟨tron⟩ schadö
⟨tron⟩ aber namen sind eh schall und rauch
⟨icequeen⟩ sara-h wo bist du her?
⟨sara-h⟩ h
⟨icequeen⟩ aha
⟨icequeen⟩ telefonieren
⟨tron⟩ die ruft jetzt bestimmt dolf an hihi
⟨icequeen⟩ genau
⟨gigi⟩ *looooool*
⟨icequeen⟩ ernsthaft *lach
⟨tron⟩ Gigi was haben wir ihm jetzt bloss angetan!
*** Bitstream is now known as BitZzZz.
⟨BitZzZz⟩ n8
⟨tron⟩ Icequeen? Kennst Du diesen Gavin, der auch in H mit Kappa auflegt?
⟨icequeen⟩ ja
⟨tron⟩ und wie findest du den?
⟨icequeen⟩ geht so
⟨gigi⟩ der ist doch voll nett
⟨icequeen⟩ er vergisst immer, wer ich bin
⟨tron⟩ ich hab mal abgelästert mit ner freundin und im suff statt an sie an sein handy getextet ;)
⟨tron⟩ das war peinlich....
⟨icequeen⟩ ohh *g
⟨BitZzZz⟩ ha!
⟨BitZzZz⟩ Tron betrinkt sich also auch manchmal
⟨gigi⟩ *lol*
⟨tron⟩ nicht weitersagen ;)
⟨icequeen⟩ ich kenn gavin nur besoffen
⟨gigi⟩ sehr gut aufgepasst
⟨tron⟩ ich nur nüchtern
⟨gigi⟩ ich beides
⟨tron⟩ der muss doch immer fahren, oder?
⟨tron⟩ jas und kappa
⟨gigi⟩ wann siehst du jas mal wieder?
⟨tron⟩ sehr selten
⟨icequeen⟩ jas kenn ich auch
⟨tron⟩ der ist voll nett der jas
⟨tron⟩ wenn er auch immer böse kuckt
*** Funkhaus joined the channel.
⟨sara-h⟩ hi
⟨funkhaus⟩ guten abend!
⟨icequeen⟩?
⟨laser⟩ Guten @bend Funkhaus
⟨tron⟩ Guten @bend Funkhaus
⟨funkhaus⟩ entschuldigung, leichte verspätung : )
⟨gigi⟩ guten abend
⟨mandy⟩ Guten Abend Funkhaus
⟨sara-h⟩ stimmt
⟨gigi⟩ das kennen wir ja so! :)
⟨icequeen⟩ tach auch
⟨funkhaus⟩ ist ja mehr anwesenheit hier, als wir dachten
⟨sara-h⟩ stimmt
⟨tron⟩ ja ist sehr interessant hier heute!
⟨gigi⟩ *g*
⟨funkhaus⟩ das ist gut @tron
⟨gigi⟩ :)
⟨tron⟩ ich glaube so viel wurde hier seit Wochen nicht geschrieben
⟨gigi⟩ da hast du recht!
⟨gigi⟩ und wir haben uns auch schon ewig nicht mehr "gesehen", gelle?
⟨laser⟩ JA von Drogen, Alkohol bis hin zu DJs haben wir alles durch
⟨funkhaus⟩ DJs?
⟨laser⟩ Na, wer wann wo auflegt...
⟨tron⟩ und über den VIC vs. SID haben wir gestritten *g*
⟨laser⟩ stimmt, habe ich schon fast vergessen :-)
⟨tron⟩ Laser ist voll der VIC Coder!
⟨laser⟩ Ich wars mal, so vor 10 Jahren!!!
⟨tron⟩ ok :)
⟨funkhaus⟩ und jetzt?
⟨tron⟩ hat er Kinder
⟨laser⟩ Familie und berufstätig :(
⟨funkhaus⟩ alle müssen nochmal ran
⟨laser⟩ :-)
⟨gigi⟩ :)
⟨gigi⟩ was gibts neues aus dem funkhaus?
⟨laser⟩ Was ist denn nun am 14.12.???
⟨funkhaus⟩ wir sind mitten im filmdreh
⟨funkhaus⟩ *lach*
⟨funkhaus⟩ am 14. ist ein "kleiner" geheimer auftritt
⟨laser⟩ Lasse nebenbei gerade "Experiment II" laufen. Beachtlich!
⟨laser⟩ (Für BASIC)
⟨gigi⟩ filmdreh? genauer bitte
⟨funkhaus⟩ danke @laser.
⟨funkhaus⟩ kleiner kurzfilm zur neuen sendung
⟨funkhaus⟩ der sich langsam aber sicher zum megaspielfilm entwickelt ; )
⟨funkhaus⟩ gute frage...
⟨gigi⟩ kommt der film mit auf die cd?
⟨funkhaus⟩ komischerweise stellt sich hier das erste mal die plattenfirma wegen des titels etwas krumm
⟨funkhaus⟩ film kommt auf die CD u.a.
⟨laser⟩ Sch... Zensur
⟨gigi⟩ hmmm
⟨mandy⟩ kommen wir noch einmal auf den 14.12. zurück ...
⟨funkhaus⟩ ; )
⟨mandy⟩ was soll das heißen?
⟨laser⟩ Alle Informationen stehen bereit, doch niemand, der sie gerecht verteilt ...
⟨icequeen⟩ <- immernoch telefonieren
⟨funkhaus⟩ der 14. ist für alle, die nicht in der nähe des funkhauses wohnen, recht uninteressant
⟨laser⟩ Eure neue Sendung wird vorgestellt???!
⟨mandy⟩ wir kommen der sache schon näher
* Laser ärgert sich, daß er so weit weg wohnt
⟨funkhaus⟩ also:
⟨laser⟩ ...
⟨mandy⟩ jetzt kommts!
⟨funkhaus⟩ wir spielen ... jetzt festhalten ...
⟨funkhaus⟩ auf einer "STONES meets BEATLES-Party"
⟨laser⟩???
⟨funkhaus⟩ aber das weiss halt niemand
⟨mandy⟩ ehrlich?
⟨funkhaus⟩ also sagen wir als "schockeffekt"
⟨funkhaus⟩ oder kontrastprogramm
⟨mandy⟩ da können wir unsere eltern mitbringen
⟨gigi⟩ :)
⟨funkhaus⟩ oder die Sie
⟨icequeen⟩ und wo
⟨icequeen⟩?
⟨laser⟩ Mit eigenen Interpretationen, die dann hoffentlich auch veröffentlicht werden????
⟨mandy⟩ auch interessant
⟨funkhaus⟩ nein, nein ... wir passen uns da wohl kaum an
⟨funkhaus⟩ aber es reizt halt, mal ein GANZ anderes publikum zu haben
⟨laser⟩ Sicher, daß das Puplikum anders sein wird, wenn das erst mal publik wird???
⟨gigi⟩ das wird es sicher
⟨funkhaus⟩ genau deshalb machen wir ja so einen "hehl" daraus
⟨funkhaus⟩ wir finden es ja gerade klasse, dass uns mehr oder weniger niemand dort kennt
⟨gigi⟩ ja, verständlich!
⟨gigi⟩ aber warum machen Sie dann alle neugierig?
⟨mandy⟩ wir könnten ja "incognito" beiwohnen
⟨laser⟩ :-)
⟨funkhaus⟩ naja
⟨funkhaus⟩ :)
⟨mandy⟩ :)
⟨laser⟩ Wir wollen glücklich sein, wir fühlen minimal
⟨funkhaus⟩ ja
⟨laser⟩ Wo kann ich denn noch Orginal-Feindsender-Sendungen ergattern?????
⟨funkhaus⟩ ab feb. überall : )
⟨mandy⟩ hä?
⟨laser⟩ bitte??
⟨funkhaus⟩ feindsender bringt wahrscheinlich im feb. eine neue maxi an den start
⟨laser⟩ :-)))
⟨funkhaus⟩ die erste, denn es gibt diese formation eigentlich gar nicht
⟨laser⟩ und was ist mit dem alten Zeug?
⟨gigi⟩ welche formation?
⟨funkhaus⟩ das "alte" zeug ist eigentlich schon w.e
⟨laser⟩ Man will sich das Zeug ja auch nicht illegal über das Internetz ergattern!!!
⟨funkhaus⟩ das muss man hier wohl...
⟨laser⟩ "Schneemann", "Kaffeeautomat" etc. ...
⟨funkhaus⟩ sind alles W.E-stücke
⟨funkhaus⟩ wenn auch ganz alte
⟨gigi⟩ und "Fritöse"?
⟨funkhaus⟩ "Fritöse" war nur ein privater scherz
⟨BitZzZz⟩ Funkhaus, tschuldigung wenns jetzt etwas attackierend wirkt, aber genauso scheint mir das lied auch
⟨funkhaus⟩ wie meinen Sie das? @bitzzzz
⟨gigi⟩ ja, scherzhaft auf ein lied von umbra et imago...
⟨funkhaus⟩ genau @gigi.
⟨tron⟩ wie "dixiklo" und "bitterkeit" *g*

Die Chatter spielten hier auf das Stück "Bitterkeit" von L'âme immortelle an, das von "Lahm im Hotel" in dem Scherzlied "Dixiklo" verballhornt wurde, und auf das Stück "Gothic Erotic" von Umbra et Imago, das Rafa in seinem Stück "Fritöse" durch den Kakao gezogen hat. Rafa erzählte:

⟨funkhaus⟩ das haben wir mal in ca. 20 min vor dem "discogang" gemacht
⟨gigi⟩ ja, warum auch nicht!
⟨gigi⟩ :)
⟨funkhaus⟩ wie meinen Sie das? @bitzzzz
⟨BitZzZz⟩ eine musikalische offenbarung
⟨BitZzZz⟩ tschuldigung, ich hab grade mal wieder ne denkblockade
⟨funkhaus⟩?
⟨BitZzZz⟩ schon okay ... vergessen wir was ich gesagt hab
⟨funkhaus⟩?
* BitZzZz sagt jetzt einfach garnix mehr
⟨funkhaus⟩ : )
⟨laser⟩ @bitzzzz: Vielleicht solltest Du es doch mal wieder mit dem Schlafen probieren ;-)
⟨BitZzZz⟩ wieso nicht, 3 tage ohne schlaf gehen an die materie
⟨funkhaus⟩ schlaf? war da nicht mal was?
⟨sara-h⟩ wann man ins bett geht?
⟨laser⟩ Na, wenn leichte Schläge an den Hinterkopf das Denkvermögen nicht mehr zu steigern vermögen, dann sollte man vielleicht doch den Schlaf ausprobieren :-)
⟨tron⟩ hehe
⟨icequeen⟩ soo zuende telefoniert
⟨laser⟩ Na ja, manchmal ist Schlafen auch nicht ganz so gut: "Langsam wirst Du endlich wach, erwartest einen neuen Tag, doch nimm Dein Schicksal jetzt in Kauf und mache Deine Augen auf..."

Laser spielte auf Rafas Stück "Lebendig begraben" an. Rafa meinte:

⟨funkhaus⟩ dann ist eh alles egal ; )
⟨laser⟩ :-)#
⟨icequeen⟩ hmm, warum ist es schon wieder so spät , hätt gern noch weiter telefoniert ....
⟨icequeen⟩ nebenbei, hi nochmal ans funkhaus ... hab ich seit dem 3.10. ja nicht mehr zu gesicht bekommen
⟨funkhaus⟩ guten abend an die icequeen!
⟨funkhaus⟩ 3.10.?
⟨icequeen⟩ ehm, oder wars der 2.10.?
⟨icequeen⟩ zumindest in bs
⟨funkhaus⟩ hm
⟨mandy⟩ da war ich auch
⟨icequeen⟩ tip, mit meinem auftauchen hatteste net gerechnet @ funkhaus
⟨icequeen⟩ klein, blond ... aus bs ...
⟨laser⟩ @all: So wünsche ich allen Anwesenden noch eine interessante Sendung, werde den Rat von Tron befolgen und ein wenig Schlaf tanken ...
⟨cydat⟩ n8 Laser
⟨tron⟩ nacht dir
⟨funkhaus⟩ gute nacht!
⟨laser⟩ Ci@o
⟨cydat⟩ einen guten Abend dem Funkhaus :o)
⟨funkhaus⟩ guten abend herr cydat!
⟨icequeen⟩ @ funkhaus, hier kann man ganz nett mit leuten aus der umgebung chatten, siehe tron, von wegen nächster "Radiostern" etc ...
⟨funkhaus⟩ verstehe
⟨tron⟩ wir sind doch alle eine große familie :)
⟨tron⟩ wann isn das nächste mal "Radiostern"?
⟨sara-h⟩ 14.
⟨icequeen⟩ nächstes wochenende
⟨tron⟩ cool
⟨tron⟩ das passt wunderbar
⟨funkhaus⟩ oh der chatraum steht in den lists auch gar nicht so schlecht im moment
⟨mandy⟩ in der großen familie müssen die kleinen nun zu bett. also gute nacht @ all!
⟨cydat⟩ n8 mandy
⟨funkhaus⟩ gute nacht an mandy, wer immer das ist
⟨gigi⟩ :)
*** Laser left the IRC network (:Quit: Die).
*** Mandy left the IRC network (:Quit: Leaving).

Wieder unterhielten sich die Chatter über Discotheken. Ich erzählte etwas ganz anderes:

⟨sara-h⟩ habe kürzlich voll das superkitschige teil gekauft, blinkende plastikmadonna auf einem silbernen plastiksockel, fällt mir nur grade so ein
⟨funkhaus⟩ klingt doch recht chique ; )
⟨sara-h⟩ isses auch!!!
⟨funkhaus⟩ aber?
⟨tron⟩ chique?
⟨funkhaus⟩ schick
⟨sara-h⟩ ach, erinnert mich an die madonna in der kirche von gwh. ... damals ... eine figur, die sich bewegt, wenn man geld reinsteckt
⟨sara-h⟩ und leuchtendes kirchlein
⟨funkhaus⟩ was bewegte sie denn?
⟨sara-h⟩ sie lief auf einer schiene, war eine mechanik
⟨sara-h⟩ und ein glasstrahl drehte sich, der brunnen
⟨cydat⟩ sehr romantisch ... *G*
⟨sara-h⟩ wars auch!
⟨sara-h⟩ und im kirchtürmchen läutete ein messdiener die glocke
⟨sara-h⟩ 10 pfennig
⟨funkhaus⟩ pfennig, das habe ich lange nicht mehr gelesen
⟨sara-h⟩ ich auch schon so lange nicht mehr
⟨gigi⟩ stimmt! *schnief*
⟨icequeen⟩ ich rechne immer noch um ...
⟨cydat⟩ das werden sie auch nicht mehr, funkhaus
⟨funkhaus⟩ wer den pfennig nicht ehrt ...
⟨tron⟩ ist des Talers nicht wert!
⟨funkhaus⟩ leider gibts weder das eine noch das andere mehr
⟨sara-h⟩ habe ich damals auf 10 pfennig gespart für den kramskramsautomaten, und ich wusste nicht, dass da nur ganze groschen reingehen
⟨icequeen⟩ na ja, aber taler ist schon nen bissle länger her
⟨sara-h⟩ seither weiss ichs
⟨sara-h⟩ und es gab eine schneekugel mit einem bambi, das stand vor 4 tannen
⟨sara-h⟩ oder auch mit rotkäppchen
⟨funkhaus⟩ Sie scheinen ja eine echte herzdame zu sein
⟨sara-h⟩ ja

Die Chatter fachsimpelten über die Kompatibilität verschiedener Rechner, außerdem über CD's und CD-Player. Gigi verabschiedete sich. Auch Icequeen beschloß, schlafen zu gehen:

⟨icequeen⟩ soo, ich wandere dann auch mal richtung bett ...
⟨tron⟩ aber das Problem ist ja eher, dass @ Cydat ... dass meine Geräte, die mir ein digitales Signal liefern würden, die CD nicht mögen ...
⟨cydat⟩ weil kein Studioequipment
⟨icequeen⟩ gute nacht tron, cydat und funkhaus ... schöne grüße an die ganze bande ... @ funkhaus ...
⟨cydat⟩ eine gute nacht icequeen :o)
⟨tron⟩ wird dir wohl auch dabei nix nützen, wenn dein Player sich für zu schlau hällt und meint, dass er mit der cd eh nix anfangen kann
⟨funkhaus⟩ gute nacht kleine icequeen
⟨icequeen⟩ gute nacht
⟨cydat⟩ meiner spielt die immer noch ab... *G*
⟨tron⟩ mein Autoradio nicht
⟨icequeen⟩ ohh @ funkhaus, gratulation an ivco und carole von mir ... fällt mir grad noch ein

So erfuhr ich, daß die kleine Dina zur Welt gekommen ist, die Tochter von Ivco und Carole. Ich begann wieder ein neues Thema:

⟨sara-h⟩ wie heisst es denn richtig, "wir sind glücklich und fühlen minimal" oder "wir sind glücklich und fühlen maximal"?
⟨icequeen⟩ ich seh sie ja wohl eher nicht so bald ...
⟨cydat⟩ dazu muss man glücklich sein *fg*
⟨funkhaus⟩ minimal!!; ) ist wohl besser
⟨sara-h⟩ warum?
⟨funkhaus⟩ werde ich ausrichten @icequeen
⟨icequeen⟩ danke
⟨icequeen⟩ bis irgendwann ;-)
⟨cydat⟩ *winke*
*** Icequeen left the IRC network (:Quit: Leaving).

Es entstand eine Pause von mehreren Minuten. Ich fragte:

⟨sara-h⟩ ... und ... warum ist minimal besser ...?
*** Scream joined the channel.
⟨tron⟩ weil es reduziert auf das wirklich wichtige ist, ist doch klar :)
⟨cydat⟩ tach scream :o)
⟨funkhaus⟩ das würde hier den rahmen sprengen
⟨funkhaus⟩ guten abend herr scream!
⟨scream⟩ guten abend die herren und damen! ;)
⟨scream⟩ hatte ich doch noch ne gute idee heute
⟨cydat⟩ die erste? *fg*
⟨scream⟩ nein nein, hatte genug bei meinen hausaufgaben
⟨scream⟩ und was gibt es neues über w.e zu berichten?!
⟨funkhaus⟩ wenn alles minimalisiert (nicht reduziert) wird, also auf den punkt gebracht und ohne dekoration, ohne werbung, ohne beschiss ist ... ohne kompromiss, einfach und klar ... kein grau! ... minimal ... nur das wesentliche ... nur das wichtige ... dann ... und genau hier müssen Sie weiterdenken : )
⟨sara-h⟩ denken oder fühlen?
⟨funkhaus⟩ das geht eh nur zusammen
⟨sara-h⟩ da ist was dran

Rafa unterhielt sich mit Tron und Cydat über Spiele für den C64. Ich schilderte eine Überlegung:

⟨sara-h⟩ das hiesse, minimal zu empfinden, bedeutet, dass gefühle besonders aufrichtig, intensiv und verlässlich sind
⟨funkhaus⟩ das auf jeden fall, da es kein "zwischengefühl" gibt, welches es zu deuten gilt
⟨sara-h⟩ es gibt nur aufrichtigkeit, ja
⟨cydat⟩ minimal bedeutet aber auch vom Wortsinn her das kleinste ... ich denke, "normal" wäre in unserer Gesellschaft angebrachter
⟨funkhaus⟩ das glaube ich nicht
⟨funkhaus⟩ nicht unbedingt
⟨sara-h⟩ für jeden dessen eigene art, zu empfinden
⟨cydat⟩ wenn man etwas als minimal bezeichnet, könnte man auch reininterpretieren, dass es klein sei
⟨cydat⟩ kleine Dinge haben in unserer Gesellschaft das Problem, übersehen zu werden
⟨funkhaus⟩ klar, sprechen wir doch aber eher vom minmalem lebensgefühl, oder?
⟨cydat⟩ ein minimales Lebensgefühl bedeutet für mich, daß ich mich sehr stark einschränken muss
⟨cydat⟩ wenn ich sowas hören würde
⟨funkhaus⟩ genau! auf eine gewisse art und weise ja
⟨funkhaus⟩ einschränken auf das eigentlich wichtige
⟨sara-h⟩ ... und das ist ...
⟨funkhaus⟩ das müssen Sie für sich entscheiden!
⟨funkhaus⟩ auf jeden fall etwas konkretes
⟨sara-h⟩ ich weiss es
⟨funkhaus⟩ minimal denken, leben, fühlen, arbeiten (mit dem kleinsten das größte vollbringen)
⟨cydat⟩ einschränken hat immer eine Komponente dabei, die man vielen Leuten nicht verkaufen kann
⟨funkhaus⟩ leider
⟨cydat⟩ das ist nur das wirtschaftsprinzip aufs normale Leben übersetzt
⟨cydat⟩ minimal fühlen kann also auch bedeuten: ich mach alles nur für mich
⟨funkhaus⟩ das monster will ja nicht, dass wir uns einschränken
⟨cydat⟩ der rest ist mir egal
⟨sara-h⟩ wer ist denn das monster?
⟨cydat⟩ unser heutiges sich gerade noch weiterentwickelndes System
⟨funkhaus⟩ das monster ist die person, die ihrem feindbild vor 20 jahren einen roten stern und eine a-bombe in die hand gab (mit kyrillischen lettern), heute gibt es dem feindbild einen turban und einen flugschein in die hand
⟨sara-h⟩ osama
⟨funkhaus⟩ wer ist das?
⟨sara-h⟩ du nicht
⟨funkhaus⟩ ; )
⟨funkhaus⟩ normal nicht
⟨cydat⟩ das monster ist eher unser system, finde ich
⟨funkhaus⟩ was ich damit sagen will, ist, dass es sogar die macht hat, über unsere ängste zu entscheiden
⟨sara-h⟩ wer ist das, der über ängste entscheidet?
⟨funkhaus⟩ unsere größte kraft, sehen wir mal von der liebe ab (was immer das sein mag)
⟨sara-h⟩ gibt es
⟨funkhaus⟩ das monster!
⟨sara-h⟩ die liebe
⟨cydat⟩ das monster ist aber, wie gesagt, das system, denke ich
⟨cydat⟩ das system, was uns massenkompatibel zu individualisten erzieht
⟨cydat⟩ die konsumfreudig minimalistisch leben
⟨cydat⟩ wenig denken
⟨cydat⟩ viel an systemtreuen gedanken aufnehmen
⟨cydat⟩ anders wiederum
⟨cydat⟩ viel arbeiten
⟨cydat⟩ wenig kriegen
⟨scream⟩ brot und spiele ;)
⟨funkhaus⟩ das monster macht das system ... ja
⟨scream⟩ das funktioniert schon ewig
⟨sara-h⟩ osama macht das system?
⟨funkhaus⟩ ; )
⟨cydat⟩ es ist vielleicht dann eine Begleiterscheinung
⟨cydat⟩ osama macht kein system
⟨cydat⟩ das macht unsere Art zu leben
⟨cydat⟩ unser nicken
⟨funkhaus⟩ mit minimal meine ich aber eher genau das gegenteil
⟨cydat⟩ unser hörigkeitsprinzip
⟨funkhaus⟩ das monster lässt uns ja in 100000 informationen ersaufen
⟨sara-h⟩ und das monster ist maximal ...?
⟨funkhaus⟩ was interessiert denn noch?
⟨funkhaus⟩ BSE?
⟨cydat⟩ AIDS?
⟨funkhaus⟩ was war das denn nochmal?
⟨funkhaus⟩ genau!
⟨cydat⟩ :)
⟨funkhaus⟩ alles wird opak (untransparent)
⟨funkhaus⟩ und ein sumpf
⟨sara-h⟩ opaque
⟨funkhaus⟩ minimalisieren wir doch mal
⟨funkhaus⟩ nehmen das für uns wichtige und machen dann den laden zu!
⟨sara-h⟩ bin laden zu
⟨sara-h⟩ kann man mit einem wort sagen, was das monster ist?
⟨cydat⟩ bin laden is nur eine Marionette des Kapitals, die verrückt spielt ... oder es wird so dargestellt. Aufgrund mangelnder Informationen nicht klar definierbar
⟨funkhaus⟩ das ist für mich noch eine metapher für das, was cydat schon gesagt hat
⟨funkhaus⟩ die symbiose des systems der banken und der wirtschaft
⟨funkhaus⟩ vielleicht noch einiger geheimbünde
⟨cydat⟩ das Problem unseres Systems ist das Vergessen
⟨funkhaus⟩ das sehe ich genauso!
⟨sara-h⟩ ich merke mir ganz viel
⟨funkhaus⟩ ja merken
⟨funkhaus⟩ anmerken
⟨sara-h⟩ und merken, genau
⟨cydat⟩ das abgespeicherte aber auch verarbeiten
⟨sara-h⟩ ja
⟨cydat⟩ und im richtigen moment einsetzen
⟨sara-h⟩ ja
⟨funkhaus⟩ das geht wohl kaum noch
⟨cydat⟩ das ist das geheimnis
⟨sara-h⟩ ist eine kunst
⟨funkhaus⟩ weil millonen neue dinge auf uns warten (sollen)
⟨sara-h⟩ in anderen menschen
⟨cydat⟩ es sind immer die gleichen Muster *g*
⟨scream⟩ aus alt mach neu, indem man ihm einen neuen namen gibt
⟨sara-h⟩ nicht immer so ganz gleich
⟨cydat⟩ nur in neuen kombinationen
⟨funkhaus⟩ es sind immer die gleichen muster ... leider keine apfelmännchen mehr
⟨sara-h⟩ fraktale, wollte ich grade sagen
⟨funkhaus⟩ aber wir machen genau das verlangte 2. klasse
⟨funkhaus⟩ wir reden über "probleme"
⟨sara-h⟩ wer verlangt was?
⟨funkhaus⟩ nicht über lösungen
⟨funkhaus⟩ sobald wir lösungen finden, wird wohl der chat zusammenbrechen
⟨cydat⟩ wär ja auch langweilig *lach*
⟨sara-h⟩ glaube ich nicht!
⟨funkhaus⟩ oder sonst irgendwas
⟨cydat⟩ der Weg ist das Ziel
⟨sara-h⟩ bricht nicht
⟨cydat⟩ oder wie heißt es so schön?
⟨sara-h⟩ pausen sind der mörtel, der die mauern zusammenhält
⟨cydat⟩ und mauern sind dazu da, eingerissen zu werden
⟨funkhaus⟩ aber auch nur für lethargiker
⟨funkhaus⟩ ; )
⟨funkhaus⟩ genau!
⟨sara-h⟩ na ja, es gibt sone und sone mauern
⟨funkhaus⟩ mauern? wo?
⟨cydat⟩ ich seh keine
⟨funkhaus⟩ taboos? wo?
⟨cydat⟩ zumindestens hier net
⟨sara-h⟩ mauern, die trennen und solche, die halten
⟨funkhaus⟩ was halten?
⟨sara-h⟩ verbinden
⟨cydat⟩ mauern die halten, trennen automatisch somit auch
⟨funkhaus⟩ das system
⟨sara-h⟩ ist eine vielschichtige metapher (mauer)
⟨funkhaus⟩ ja
⟨sara-h⟩ "system" klingt auch wie eine metapher
⟨funkhaus⟩ nur sind wir leider sterblich und unterhalten uns hier auf pubertärer ebene, das monster sitzt da schon seit über 1000 jahren
⟨cydat⟩ es ist nur ein überbegriff
⟨sara-h⟩ wer ist denn so alt?
⟨cydat⟩ die Menschheit
⟨sara-h⟩ die ist älter
⟨cydat⟩ der Egoismus des Einzelnen
⟨sara-h⟩ und altruismus
⟨funkhaus⟩ fuggers und konsorten
⟨tron⟩ geht dann mal wieder ...
⟨cydat⟩ wars bei den Babyloniern anders?
⟨cydat⟩ nacht Tron
⟨cydat⟩ schlaf gut
⟨funkhaus⟩ gute nacht herr tron!
⟨cydat⟩ wars inner Steinzeit anders?
*** Tron left the IRC network (:Quit: its now save to turn off the matrix).
⟨funkhaus⟩ immer das gleiche ... komisch eigentlich
⟨cydat⟩ nö
⟨sara-h⟩ halt die wurzeln
⟨cydat⟩ begründet sich durch den Egoismus des Menschen
⟨cydat⟩ jedem das seine
⟨cydat⟩ mir das meiste
⟨cydat⟩ dasselbe Prinzip, welches in der Wirtschaft genutzt wird
⟨funkhaus⟩ und wenn jemand mal in mein häuschen fliegt, weine ich
⟨cydat⟩ wenig einsatz ---> großer Erfolg
⟨sara-h⟩ also ist das "monster" die metapher für ein selbstsüchtiges prinzip
⟨cydat⟩ denke, das trifft es
⟨funkhaus⟩ hmmm
⟨funkhaus⟩ das klingt so leblos
⟨sara-h⟩ ein verhalten, wo man die anderen nicht miteinbezieht und nicht wahrnimmt
⟨cydat⟩ nuja ...
⟨cydat⟩ muss ja nicht alles "hochtrabend" sein
⟨funkhaus⟩ ich glaube schon, dass das "monster" personell ist
⟨sara-h⟩ eine person?
⟨funkhaus⟩ wenn es sich auch hoffentlich aus mehreren personen zusammensetzt
⟨funkhaus⟩ hoffentlich noch
⟨cydat⟩ ich denke
⟨sara-h⟩ also mehrere personen?
⟨funkhaus⟩ es gab vor 10 jahren über 150 supermarktketten in der BRD
⟨cydat⟩ das system, sprich auch das Monster, ist eigenständig mittlerweile
⟨funkhaus⟩ heute sind es 3
⟨cydat⟩ es leben nur einige sehr gut davon
⟨sara-h⟩ also ein dissoziales verhalten, das sich auf nur wenige menschen beschränkt?
⟨cydat⟩ aber auch sie können jeden Tag geschluckt werden
⟨cydat⟩ Beispiel Kirch
⟨sara-h⟩ und wer sind die?
⟨sara-h⟩ jetzt?
⟨funkhaus⟩ das monster frisst alles, was da so rumfleucht
⟨sara-h⟩ und wer ist das z zt?
⟨cydat⟩ darum sag ich ja, das Monster ist personenunabhängig
⟨cydat⟩ einige wenige profitieren gerade davon
⟨cydat⟩ Großindustrielle
⟨cydat⟩ Politiker
⟨cydat⟩ Waffenhändler
⟨funkhaus⟩ na ja, mr. gates ist dann aber ein guter freund des monsters
⟨cydat⟩ Drogenhändler
⟨cydat⟩ u.a.
⟨sara-h⟩ und wer so einen beruf nicht hat, gehört nicht zum monster?
⟨cydat⟩ er ist entweder Handlanger des Monsters
⟨cydat⟩ oder Opfer
⟨cydat⟩ aber nicht nutzniesser
⟨funkhaus⟩ ich würde sagen, wer ein monatliches einkommen unter 20.000 dollar im monat hat, gehört nicht zum engsten stab
⟨cydat⟩ häng ne null ran
⟨cydat⟩ minimum
⟨funkhaus⟩ ; )
⟨cydat⟩ ansonsten wären sportler mit drin
⟨sara-h⟩ also gehört der nicht zum monster, der weniger verdient
⟨cydat⟩ und das kann nich angehen
⟨sara-h⟩ und wer mehr, der gehört dazu
⟨cydat⟩ das ist derjenige, der ausgebeutet wird
⟨funkhaus⟩ geld ist halt die einzige konstante dieser welt, wenn einer zu viel hat, hat ein anderer zu wenig
⟨cydat⟩ oder dafür arbeitet
⟨sara-h⟩ wenn ich mal doch mehr verdiene, gehöre ich zum monster
⟨cydat⟩ ausgebeutet zu werden
⟨cydat⟩ wir alle gehören somit eigentlich zum Monster ...
⟨sara-h⟩ also ich auch
⟨funkhaus⟩ ja, denn wir füttern es!
⟨cydat⟩ du tust Dinge, die anderen Dinge wegnehmen
⟨cydat⟩ du tust Dinge, die anderen Leuten Profit bringen
⟨cydat⟩ mehr Gewinn, als du als Anreiz bekommst
⟨funkhaus⟩ und wir eliminieren dinge, die andere zum leben brauchen
⟨sara-h⟩ ach so, ich gehe arbeiten und füttere deshalb das monster
⟨funkhaus⟩ arbeiten? *lach*
⟨sara-h⟩ arbeit ich nich?
⟨funkhaus⟩ hier wird nicht mehr gearbeitet
⟨funkhaus⟩ das ist das land der verkäufer
⟨funkhaus⟩ hier wird verkauft!
⟨cydat⟩ hier wird gerad gearbeitet :)
⟨cydat⟩ <-- wir finanzieren die Telekom
⟨funkhaus⟩ ; )
⟨sara-h⟩ also, wenn ich arbeiten gehe, verkaufe ich
⟨cydat⟩ deine Arbeitskraft
⟨sara-h⟩ ja
⟨funkhaus⟩ wenn wir hier einen plan ins leben rufen würden, um morgen 123 telekom-türme zu sprengen ...? was dann?
⟨sara-h⟩ weshalb sollten wir das?
⟨cydat⟩ dann könnten wir nicht mehr kommunizieren
⟨sara-h⟩ schade ...
⟨funkhaus⟩ was "arbeiten" Sie denn?
⟨cydat⟩ würd uns selbst die basis nehmen
⟨funkhaus⟩ @s.
⟨cydat⟩ wäre unklug
⟨sara-h⟩ assistenzärztin
⟨funkhaus⟩ ausnahmen bestätigen die regel *lach*
⟨sara-h⟩ geht mir um menschen
⟨funkhaus⟩ das ist ja keine primärarbeit, denn eine leistung
⟨sara-h⟩ dienstleistung
⟨funkhaus⟩ 0:44 es wird zeit für mich
⟨sara-h⟩ schlafen gehen?
⟨cydat⟩ <-- eigentlich auch schon dran ist
⟨cydat⟩ wir liefern morgen um 7:30 ne Anlage an ne Schule aus
⟨funkhaus⟩ ich wünsche ihnen noch viel spaß, danke für ein gespräch am puls der zeit und wünsch eine gute nacht
⟨sara-h⟩ goodnight
⟨cydat⟩ gute nacht dem Funkhaus
*** Funkhaus left the IRC network (:Quit: ⟨O⟩ "Eine Welt verändert sich!" ²³).
⟨cydat⟩ jo
⟨cydat⟩ da ging der Rafa
⟨cydat⟩ :)
⟨scream⟩ tschö ;) (ich weiss, zu spät)
⟨cydat⟩ ich denke, um das gesamte erfassen zu können, muss man noch viel mehr verstehen
⟨sara-h⟩ ja, ist ein endloses thema
⟨cydat⟩ und dann wird man wohl irre
⟨sara-h⟩ nein
⟨cydat⟩ es müsste ein komplettes umdenken stattfinden
⟨sara-h⟩ geht nicht
⟨cydat⟩ genau
⟨cydat⟩ es ist seit anbeginn drin
⟨cydat⟩ drum sag ich mir:
⟨scream⟩ nunja cydat, du müsstest 'alles'! wissen
⟨cydat⟩ erkenne das system
⟨cydat⟩ und nutze es
⟨cydat⟩ beuge es
⟨cydat⟩ und versuch da wo du kannst leuten zu helfen
⟨cydat⟩ sie für nen moment glücklich machen
⟨sara-h⟩ mir gehts um menschen, ja
⟨cydat⟩ wie z.B. letztens scream, als ich ihm ne andere Version von "The mercy seat" geschickt habe
⟨scream⟩ =)

"The mercy seat" von Nick Cave, eine bitter-satirische, zynische Ballade über den Elektrischen Stuhl, ist meiner Meinung nach ein besonders gelungenes Stück gegen die Todesstrafe. Ich schrieb:

⟨sara-h⟩ mercy seat = sehr gut
⟨cydat⟩ kleinigkeiten, die eigentlich unwichtig sind
⟨cydat⟩ aber das leben lebenswerter machen
⟨sara-h⟩ bin gegner der todesstrafe
⟨cydat⟩ ich glaub, das sind wir irgendwo alle
⟨sara-h⟩ ja
⟨cydat⟩ aber manchmal kommt man auch nicht drumrum, jemanden so was annen hals zu wünschen
⟨scream⟩ nein, denke ich nicht
⟨sara-h⟩ nein
⟨sara-h⟩ ich wünsch das niemandem
⟨cydat⟩ wie z.B. die Nazis am Freitag im Zug, die auf wehrlose Passanten einschlagen wollten
⟨sara-h⟩ schaurig, aber man sollte sie nicht mit ihren eigenen mitteln bekämpfen
⟨cydat⟩ aber zum glück dann den "schwanz" noch eingekniffen haben
⟨sara-h⟩ na gottseidank
⟨cydat⟩ ja
⟨cydat⟩ das problem wäre, dass man sich selbst auf dieselbe Stufe stellen würde mit denen
⟨sara-h⟩ eben
⟨cydat⟩ aber wenns ums konkrete überleben geht ...
⟨sara-h⟩ ist dann notwehr
⟨cydat⟩ er oder ich
⟨sara-h⟩ ist eben notwehr
⟨cydat⟩ auch wenns die Situation wäre: wir stehen mit waffen gegenüber, ich weiss, er würde mich erschiessen, wenn ich nun aber zuerst schiesse ...
⟨sara-h⟩ hat man keine wahl
⟨cydat⟩ handle ich nicht aus notwehr
⟨sara-h⟩ nicht?
⟨sara-h⟩ oder doch?
⟨cydat⟩ nein
⟨cydat⟩ weil er noch nicht geschossen hat
⟨sara-h⟩ und was macht man dann?
⟨cydat⟩ nu ja ... ich würd mein Leben versuchen zu retten
⟨sara-h⟩ eben
⟨cydat⟩ würd dann aber wiederum nicht mehr in Notwehr handeln
⟨sara-h⟩ doch sicher
⟨sara-h⟩ was denn sonst
⟨cydat⟩ in klarer Tötungsabsicht
⟨sara-h⟩ auf die arme oder beine zielen, wenns geht
⟨cydat⟩ nun sind es mehr als einer
⟨sara-h⟩ ist ja wie im actionfilm
⟨cydat⟩ und du weisst, nur wenn du gezielt wen ausser gefecht setzt wäre, dein überleben gesichert
⟨cydat⟩ was dann
⟨cydat⟩ lach
⟨cydat⟩ ist aber nur ein Gedankenspiel
⟨cydat⟩ (gar nicht mal so unreal)
⟨sara-h⟩ dann isses notwehr
⟨cydat⟩ weil die anderen mehr sind?
⟨sara-h⟩ weil man sich nicht anders retten könnte
⟨cydat⟩ das ist notwehr? hm
⟨sara-h⟩ ja
⟨sara-h⟩ so isses definiert
⟨cydat⟩ okay
⟨cydat⟩ dann ist es notwehr
⟨sara-h⟩ ja
⟨sara-h⟩ ohh ein uhr, muss in die heia
⟨cydat⟩ akzeptiert
⟨cydat⟩ nicht nur du ;)
⟨sara-h⟩ bis denne

Rafa schien die Argumente der Chatter ernstzunehmen, die ihn baten, mitzuteilen, wo sein Auftritt am 14. Dezember stattfinden sollte. Bereits am nächsten Tag änderte Rafa die Terminliste auf seiner Homepage und fügte den Auftritt am 14. Dezember in SHG. ein. Bald darauf war auch der rätselhafte blaue Schriftzug auf der Titelseite der Homepage, der ein geheimnisvolles, unbekanntes Event am 14. Dezember ankündigte, ersetzt worden durch diesen genau bezeichneten Termin.

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